Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung: OLG Dresden "zieht eine Woche Fahrverbot ab"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.08.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1731 Aufrufe

Eine schon etwas zurückliegende Entscheidung, auf die ich durch eine Meldung im Beck-Fachdienst in den letzten Tagen aufmerksam geworden bin.Das OLG Dresden hatte eine Rechtsbeschwerde zu behandeln, deren Bearbeitung länger als normal dauerte. Dabei stellt das OLG zunächst klar: Wird das Beschleunigungsgebot nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist verletzt, so muss der Betroffene dies natürlich nicht mehr im Rahmen der Verfahrensrüge geltend machen. Da darf das OLG auch so dran. Bemerkenswert finde ich da schon eher die Wortwahl. Während andere Gerichte (etwa das OLG Hamm) an solchen Stellen richtigerweise eine "rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung" benennt, mag das OLG Dresden so etwas lieber nicht schreiben. Da ist nur von Verletzung des Beschleunigungsgebotes die Rede. Klingt netter:

Da vorliegend im Anschluss an die tatrichterliche Entscheidung eine erhebliche, vom Betroffenen nicht zu vertretende und zur Kompensation nötigende Verfahrensverzögerung eingetreten ist, hat die Rechtsbeschwerde in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

                    Zwar ist eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes im Rechtsbeschwerdeverfahren ebenso wie im Revisionsverfahren grundsätzlich nur aufgrund einer entsprechenden - hier nicht erhobenen - Verfahrensrüge zu prüfen (vgl. BGH, NStZ 2001, 52; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., Anhang 4 MRK, Art. 6 Rdnr. 9 g). Für Verzögerungen nach Urteilserlass kann ein Eingreifen des Rechtsbeschwerdegerichts auf die zulässig erhobene Rechtsbeschwerde allerdings von Amts wegen geboten sein, wenn der Betroffene diese Gesetzesverletzung nicht form- und fristgerecht rügen konnte, weil die Verzögerung erst nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist eingetreten ist (vgl. OLG Hamm, DAR 2011, 409). So verhält es sich vorliegend. Denn eine relevante Verzögerung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren erst nach Ablauf der Frist gemäß § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG und damit nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist eingetreten.

                    Der Senat hat zur Kompensation der eingetretenen Verfahrensverzögerung die Geldbuße und das Fahrverbot in der Weise reduziert, dass von der festgesetzten Geldbuße der aus der Beschlussformel ersichtliche Betrag und von dem angeordneten einmonatigen Fahrverbot eine Woche als vollstreckt gelten. Eine darüber hinausgehende Kompensation hat der Senat im Hinblick auf die geringere Eingriffsintensität des Bußgeldverfahrens nicht für erforderlich gehalten.

OLG Dresden Beschl. v. 5.3.2018 – 25 Ss 136/18, BeckRS 2018, 15327

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