Mal wieder erstaunlich: Strafkammer schreibt nichts zur Begründung der "isolierten" Sperre nach Fahren ohne Fahrerlaubnis

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.08.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3812 Aufrufe

Da hat der BGH sicher mal wieder gestaunt. Da liegt ihm eine Revision u.a. nach Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vor. Im Urteilstenor: Eins so genannte "isolierte Sperre" nach § 69a StGB. Aber in den Gründen schreibt die Kammer nichts dazu. Dabei ist klar: Nur in den Regelfällen des § 69 Abs. 2 StGB kommt man als Tatrichter mit bloßen Floskeln ("Der Angeklagte hat sich durch seine Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen") über die Runden. Sonst bedarf es schon näherer Erörterungen:

Die Anordnung der Sperrfrist kann nicht bestehen bleiben.
a) Die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung ist im
Urteil gemäß § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO zu begründen (Meyer-Goßner/Appl, Die
Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 553; MüKoStPO/Wenske, StPO,
§ 267 Rn. 440). Soll gegen den Angeklagten wegen einer nicht im Katalog des
§ 69 Abs. 2 StGB enthaltenen Straftat eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung
einer Fahrerlaubnis angeordnet werden, so ist die Vornahme einer Gesamtwürdigung
der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit durch den Tatrichter zum
Beleg der fehlenden Eignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen
erforderlich. Der erforderliche Umfang der Darlegung ist hierbei einzelfallabhängig
(vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 487/14, juris
Rn. 3). Zwar liegt es bei typischen Verkehrsdelikten, zu denen Fahren ohne
Fahrerlaubnis zählt, nicht fern, dass der Täter zum Führen eines Kraftfahrzeugs
ungeeignet und daher eine isolierte Sperrfrist anzuordnen ist (BGH, Beschluss
vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 487/14, aaO; Urteil vom 5. September 2006
1 StR 107/06, NStZ-RR 2007, 40). Eine auf den Einzelfall bezogene Begründung
macht dies indes nicht entbehrlich. Zudem bedarf es bei der Bemessung
der Sperrfrist der Darlegung der Prognoseentscheidung zur Dauer der voraussichtlichen
Ungeeignetheit des Täters (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober
2002 – 4 StR 339/02, NZV 2003, 46).

b) Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Die
Strafkammer hat ihre Überlegungen zur Anordnung der Maßregel sowie zur
Dauer der isolierten Sperrfrist nicht dargelegt. Mangels jeglicher Ausführung zur
Begründung des Maßregelausspruchs ist nicht nachvollziehbar, welche Kriterien
für die Strafkammer bei der Anordnung der isolierten Sperrfrist und der Bestimmung
ihrer Länge leitend gewesen sind. Dies erschließt sich auch aus dem
Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht, auch wenn die vielfachen Verurteilungen
des Angeklagten wegen straßenverkehrsrechtlicher Vergehen für
dessen charakterlichen Eignungsmangel sprechen. 

BGH, Beschl. v. 19.6.2018 - 2 StR 211/18

Ach so: Findet man schön aufgedröselt in "Hentschel/Krumm, Fahrerlaubnis - Alkohol - Drogen, 6. Aufl. 2018"

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen