Wiederholte Wahllichtbildvorlage im HVT: Klar erkennt der Zeuge da den Angeklagten!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 26.01.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|2436 Aufrufe

Na, das war ja nicht wirklich überraschend. Das Gericht hat eine Wahllichtbildorlage in der Akte...und legt sie dem Zeugen wiederholt im HVT vor. Und als hätte das Gericht es gewusst: Der Zeuge erkennt den Angeklagten in dieser Wahllichtbildvorlage. Sehr gut. "Die Identifizierung kann man aber nicht so einfach darauf stützen", meint der BGH....

Die diesen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung ist unter
mehreren Gesichtspunkten lückenhaft, soweit das Landgericht seine Überzeugung
von der Täterschaft des Angeklagten auf ein Wiedererkennen durch
den Zeugen P. bei einer „in der mündlichen Verhandlung erneut vorgelegten
Lichtbildvorlage“ (UA 10) gestützt hat. Zum einen ergeben die Urteilsgründe
nicht, ob diese Lichtbildvorlage vorschriftsmäßig erfolgt ist (vgl. RiStBV Nr. 18).
Eine entsprechende Darstellung wäre hier aber erforderlich gewesen, da der
Zeuge den Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung nicht sicher zu iden-
tifizieren vermochte und die Lichtbildvorlage für den Beweiswert der Aussage
dieses Zeugen deshalb von entscheidender Bedeutung war (vgl. BGH, Beschluss
vom 27. Februar 1996 – 4 StR 6/96, NStZ 1996, 350, 351; Miebach,
NStZ-RR 2014, 233, 236 mwN). Zum anderen setzt sich die Strafkammer nicht
mit dem eingeschränkten Beweiswert eines wiederholten Wiedererkennens in
der Hauptverhandlung auseinander (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember
2016 – 2 StR 480/16, StraFo 2017, 111; vom 30. März 2016 – 4 StR 102/16,
NStZ-RR 2016, 223 [Ls]; Urteile vom 14. April 2011 – 4 StR 501/10, NStZ 2011,
648, 650; vom 19. November 1997 – 2 StR 470/97, NStZ 1998, 266, 267; vom
28. Juni 1961 – 2 StR 194/61, BGHSt 16, 204, 205 f.). Da sich das Landgericht
die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten aus einer Gesamtschau
des Beweisergebnisses gebildet hat, vermag der Senat ein Beruhen des Urteils
auf diesen Rechtsfehlern nicht auszuschließen.

BGH, Beschluss vom 22.11.2017 - 4 StR 468/17

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