Wie muss das Gericht mit dem "Antrag, eine amtliche Auskunft einzuholen" umgehen?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.08.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|4426 Aufrufe

Über derartige Fragen macht man sich meist keine echten Gedanken. Das OLG Hamm musste sich jetzt einmal damit befassen. Antwort: das ist Freibeweis; es bedarf keiner förmlichen Entscheidung; das Gericht muss nur erkennen lassen, dass es die Beweisanregung zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat:

Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen der Antragsschrift der Generalstaats-anwaltschaft vom 31.05.2017, welche dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger bekannt gemacht worden ist und der der Senat sich anschließt, bemerkt der Senat, dass auch in der nicht gesondert durch Beschluss erfolgten Bescheidung des Antrags auf Einholung einer Auskunft der  Straßenmeisterei keine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt. Ein Beweisantrag, welcher einer Bescheidung, die ggf. aber auch noch in den Urteilsgründen erfolgen könnte (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 15.04.1983 – 6 Ss OWi 490/83 – juris LS), liegt schon nicht vor, weil die Einholung einer amtlichen Auskunft kein Strengbeweismittel im Sinne der StPO darstellt. Die Einholung amtlicher Auskünfte ist vielmehr ein Mittel des Freibeweises (OLG Hamm, Beschl. v. 10.11.2005 – 3 Ss 267/05 – juris m.w.N.). Damit handelt es sich bei dem Antrag tatsächlich – wenn auch womöglich (was letztlich hier aber offenbleiben kann) aus anderen Gründen – um eine bloße Beweisanregung, die keiner förmlichen Bescheidung bedarf (OLG Hamm a.a.O.). Dass das Amtsgericht die Beweisanregung zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat, ergibt sich schon aus den umfänglichen Ausführungen in den Urteilsgründen hierzu.

Soweit der Betroffene rügt, dass gerichtskundige Tatsachen verwertet worden seien, auf deren beabsichtigte Verwertung zuvor nicht hingewiesen worden sei, kann dies zwar grds. eine Verletzung des Anspruchs des Betroffenen auf rechtliches Gehör begründen (vgl. OLG Stuttgart Beschl. v. 24.08.1998 – 3 ss 234/98 – juris). Die entsprechende Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs wird als Verfahrensrüge aber nicht den Begründungsanforderungen der §§ 344 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG gerecht. Der Betroffene muss substantiiert darlegen, worin die Verletzung des rechtlichen Gehörs besteht und was er im Falle der ordnungsgemäßen Anhörung geltend gemacht bzw. wie er seine Rechte wahrgenommen hätte (OLG Hamm, Beschl. v. 08.12.2015 – III-4 RBs 291/15 – juris m.w.N.). Letzteres hat der Betroffene nicht getan. Er hat schon keine Ausführungen hinsichtlich seines Vortrages zu den gerichtsbekannten Tatsachen („Messstelle ordnungsgemäß vermessen und markiert“; „seit ihrer Einrichtung im Jahre 2009 unverändert“) selbst gemacht. Darauf, dass er auch keine Ausführungen zu den im angefochtenen Urteil angeführten Sachverständigengutachten (aus anderen Verfahren) gemacht hat, kommt es damit schon nicht mehr entscheidend an. Auch insoweit hätte es allerdings dem Betroffenen oblegen (wenn er hätte hierzu Stellung nehmen wollen), sich bis zum Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist Kenntnis von diesen zu verschaffen, um sodann dazu Stellung zu beziehen. Sollten entsprechenden Bemühungen fruchtlos geblieben sein, so hätte es ihm oblegen, diese in der Rechtsbeschwerdebegründung zu schildern (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 201; BGH, Beschl. v. 03.12.1997 – 3 StR 514/97 – juris). Der bloße Glaube seines Verteidigers, dass er auf eine entsprechende Anfrage auch nur eine Antwort erhalten hätte, reicht nicht. Die Ausführungen zeigen zudem, dass er gerade keinerlei Bemühungen in die o.g. Richtung unternommen hat.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 22.6.2017 - 4 RBs 231/17

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