Verbindlichkeit unbilliger Weisungen?

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 15.06.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|4257 Aufrufe

Vor fünf Jahren hatte der Fünfte Senat des BAG entschieden, dass ein Arbeitnehmer an eine Weisung des Arbeitgebers vorläufig gebunden ist, bis durch ein rechtskräftiges Urteil gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung festgestellt wird, wenn die Weisung nicht schon aus anderen Gründen unwirksam ist (BAG, Urt. vom 22.2.2012 - 5 AZR 249/11, NZA 2012, 858). Das war zwar dogmatisch überzeugend begründet, führt für die betroffenen Arbeitnehmer aber angesichts der Dauer arbeitsgerichtlicher Verfahren zu praktisch kaum annehmbaren Konsequenzen. Mehrere Landesarbeitsgerichte hatten dem BAG daher die Gefolgschaft verweigert und die Revision zugelassen. So auch das LAG Hamm, das über die Versetzung eines Arbeitnehmers von Dortmund nach Berlin zu entscheiden hatte. Der Arbeitnehmer hielt die aufgrund des Direktionsrechts (§ 106 GewO) erfolgte Zuweisung des rund 500 km entfernten Arbeitsortes für unbillig und nahm seine Arbeit dort nicht auf. Er begehrt die Feststellung, dass die Versetzung unwirksam ist. In einem weiteren Verfahren (2 AZR 329/16) wehrt er sich gegen die anschließend von der Arbeitgeberin ausgesprochene Kündigung.

Der Zehnte Senat, bei dem der Streit um die Versetzung anhängig ist, will dem Fünften Senat ebenfalls nicht folgen. Er fragt daher mit Beschluss vom 14.6.2017 dort an, ob der Senat (dessen seinerzeitiger Vorsitzender mittlerweile im Ruhestand ist) an seiner Rechtsauffassung festhält (§ 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG). Bejahendenfalls müsste der Große Senat entscheiden.

BAG, Beschluss vom 14.6.2017 - 10 AZR 330/16; Pressemitteilung hier

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