OLG Bamberg: So (!) geht das mit der Täteridentifizierung anhand des Messfotos!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 30.01.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3029 Aufrufe

Täteridentifizierung anhand des Messfotos und die damit zusammenhängenden Darstellungsanforderungen an das tatrichterliche Urteil sind ein Klassiker des VerkehrsOWiRechts. Hier hat das OLG Bamberg nochmals "die Welt zurechtgerückt":

1. Die Beweiswürdigung ist hinsichtlich der Feststellungen zur Fahrereigenschaft des Betr., von der sich das AG mittels des Messfotos überzeugt hat, lückenhaft. Denn sie ermöglichen dem Senat nicht die Überprüfung, ob die tatrichterliche Überzeugungsbildung insoweit in rechtsfehlerfreier Weise erfolgt ist.

a) Zwar obliegt allein dem Tatrichter die Entscheidung, ob das Lichtbild die Identifizierung des Betr. als Fahrer zulässt (BGHSt 29, 18; BGHSt 41, 376). Allerdings müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht überprüfen kann, ob das Lichtbild überhaupt geeignet ist, die Identifizierung zu ermöglichen (BGHSt 41, 376).

b) Zur Erfüllung dieser Anforderungen hat der Tatrichter grundsätzlich 2 Möglichkeiten.

aa) Das AG kann entweder in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Lichtbild gemäß § 267 I 3 StPO i. V. m. § 71 I OWiG Bezug nehmen, so dass die Abbildung zum Bestandteil der Urteilsgründe wird (zu den Anforderungen vgl. BGH, Urt. v. 28.01.2016 - 3 StR 425/16 = StraFo 2016, 155 = NStZ-RR 2016, 178 = BGHR StPO § 267 I Satz 3 Verweisung 5 und OLG Bamberg, Beschl. v. 14.11.2016 - 3 Ss OWi 1164/16 [bei juris]). Aufgrund dessen ist das Rechtsmittelgericht in die Lage versetzt, aus eigener Anschauung zu beurteilen, ob das Messfoto vom Schärfegrad her und der Erkennbarkeit der einzelnen Körpermerkmale zur Identifizierung tauglich ist (BGHSt 41, 376). In diesem Fall sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des Fahrers entbehrlich, wenn das Foto zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet ist (BGH a. a. O.).

bb) Macht der Tatrichter indes - wie hier - von dieser erleichterten Darstellung der Urteilsgründe keinen Gebrauch, so ist er gehalten, das Foto so genau und ausführlich zu beschreiben, dass das Rechtsmittelgericht die Eignung zur Identifizierung der Abbildung überprüfen kann (BGH a. a. O.). Dabei genügen weder die Mitteilung des Ergebnisses der Überzeugungsbildung noch die Aufzählung der zur Identifizierung herangezogenen Merkmale. Vielmehr müssen in einem derartigen Fall Ausführungen zur Bildqualität, insbesondere zur Bildschärfe, erfolgen und die abgebildete Person ist in ihren charakteristischen Eigenschaften präzise zu beschreiben (BGH a. a. O.).

c) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Eine Bezugnahme nach § 267 I 3 StPO ist nicht erfolgt. Eine genaue Beschreibung des Bildes ist unterblieben und auch die charakteristischen Gesichtsmerkmale der abgebildeten Person wurden nicht dargestellt. Vielmehr hat sich das AG auf die bloße Aufzählung von Gesichtsteilen der abgebildeten Person beschränkt. Es hat damit allein das Ergebnis seiner Bewertung, nicht aber einzelne Fakten genannt, die eine Überprüfung der Eignung des Lichtbilds zur Identifizierung ermöglichen würden.

OLG Bamberg Beschl. v. 17.1.2017 – 3 Ss OWi 1630/16, BeckRS 2017, 100300

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