BGH: Gewalttäter muss Wohnsitz verlegen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 26.06.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht|2927 Aufrufe

Die  Trennung der Eheleute war von heftigen Auseinandersetzungen einschließlich Gewaltschutzverfahren geprägt.

Schließlich verlies die Frau die Ehewohnung und mietete sich in einem Mehrfamilienhaus ein. Unter Verwendung eines falschen Namens gelang es dem Ehemann, eine direkt unter der Wohnung seiner Ehefrau liegenden Wohnung anzumieten.

in einem weiteren Gewaltschutzverfahren beantragte die Ehefrau nunmehr (u.a.), ihrem Ehemann aufzugeben, seinen in dem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnsitz aufzugeben. AG und OLG lehnten diesen Antrag ab (OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 455).

Die zugelassene und eingelegte Rechtsbeschwerde (BGH v. 26.02.2014 - XII ZB 373/11, besprochen von Cirullies in NZFam 2014, 555) führte zur Zurückverweisung an das OLG.

Richtig ist - sagt der BGH -, dass sich das Begehren nicht auf § 2 GewSchG stützen kann, denn dieser betrifft ausschließlich eine gemeinsam genutzte Wohnung.

Dies schließt aber die Heranziehung von § 1 I GewSchG nicht aus. 

Mit § 1 GewSchG habe der Gesetzgeber lediglich eine verfahrensrechtliche Vorschrift geschaffen. Ein eigenständiger materiell-rechtlicher Anspruch ist in § 1 GewSchG nicht normiert, sondern vielmehr vorausgesetzt. Anspruchsgrundlage sind §§ 823, 1004 BGB analog.

Die Aufzählung in § 1 I 3 GewSchG ist lediglich beispielhaft und nicht abschließend. Das Gericht hat die „erforderlichen Maßnahmen“ zu treffen (§ 1 I 1 GewSchG).

Nach Auffassung des BGH ist eine einzelfallbezogene Abwägung kollidierender Grundrechte der Beteiligten durchzuführen. Das Besitzrecht eines Gewalttäters an der von ihm gemieteten Wohnung könne gegenüber dem Schutz des Opfers keine absolute Schranke darstellen, sondern sei der v.g. Abwägung zugänglich.

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