Schnittstelle JGG/OWiG: Zuständigkeit für die Vollstreckung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.07.2012
Rechtsgebiete: BGHStrafrechtVerkehrsrecht|3766 Aufrufe

In der Schnittstelle von JGG und OWiG liest man vom BGH selten etwas. Im nachfolgenden Fall ging es um eine Zuständigkeitsbestimmung: Wer ist für die Vollstreckung eines Bußgeldbescheids zuständig?

 

Nachdem ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid der Stadt Magdeburg nicht beitreibbar war, hat diese bei dem Amtsgericht Magdeburg die Erteilung einer Arbeitsauflage gegen die Betroffene beantragt, das die Sache an das Amtsgericht Halle abgegeben hat. Das Amtsgericht Halle hat das Verfahren weiterhin an das Amtsgericht Wuppertal abgegeben, weil die zur Ausübung der Personensorge berechtigte Mutter der Betroffenen dorthin verzogen ist. Der Aufenthalt der Betroffenen ist derzeit unbekannt. Das Amtsgericht Wuppertal hat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt, worauf das Amtsgericht Halle die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt hat. Der Bundesgerichtshof ist als gemeinsames oberes Gericht zur Bestimmung der Zuständigkeit berufen (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 14 StPO).
Für die zur Vollstreckung des Bußgeldbescheids notwendig werdenden Entscheidungen ist das Amtsgericht Wuppertal - Jugendrichter - zuständig. Gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 JGG ist auch der Jugendrichter zuständig, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben für die Jugendliche obliegen. Dieser Gerichtsstand hat hier ausnahmsweise - anders als im gerichtlichen Bußgeldverfahren, in dem die Gerichtsstände gleichrangig sind (Senat, Beschluss vom 18. Januar 1974 - 2 ARs 369/73, BGHSt 25, 263, 265) - Vorrang vor dem allgemeinen Gerichtsstand (vgl. Eisenberg, JGG 15. Aufl. § 42 Rn. 6), zumal die sonst zur Auswahl befugte Staatsanwaltschaft (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Mai 2008 - 2 ARs 168/08, NStZ 2008, 695) nicht am Verfahren beteiligt ist. Die Zuständigkeit für die familienrechtlichen Erziehungsaufgaben liegt bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Fürsorgebedürfnis besteht. Bestehen keine anderen Anhaltspunkte, so ist dies das Gericht, das über Leistungen nach § 86 SGB VIII zu entscheiden hat. Dies ist das Gericht, in dessen Bezirk die zur Ausübung der Personensorge berechtigte Mutter ihren Wohnsitz hat.

 

BGH, Beschluss  vom 27.3.2012 - 2 ARs 65/12 -

 

Ergebnis also: Wuppertal ist zuständig!

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