BGH zum gezielten Anfahren durch ein Kraftfahrzeug

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.06.2012
Rechtsgebiete: BGHStrafrechtVerkehrsrecht|14703 Aufrufe

Mal wieder etwas vom BGH zum Straßenverkehrsstrafrecht:

 

Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat das Folgende:
Sollte der neue Tatrichter wieder zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte die Nebenklägerin entsprechend den Feststellungen unter III. 3. der Urteilsgründe mit ihrem Pkw angefahren und dadurch zu Fall gebracht hat, stünde es der Annahme einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht grundsätzlich entgegen, dass die erlittenen Verletzungen (multiple Prellungen) erst durch den Sturz verursacht worden sind.
Eine gefährliche Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 - 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 12. Januar 2010 - 4 StR 589/09, NStZ-RR 2010, 205, 206; Beschluss vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405; Urteil vom 22. Dezember 2005 - 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572). Ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ist in der Regel als ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 - 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405). Wird eine Person durch ein gezieltes Anfahren zu Fall gebracht, kann darin eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegen, wenn bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist. Erst infolge des anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmit-telbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen, sodass eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB allein darauf nicht gestützt wer-den kann (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 - 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405).

 

Dessen ungeachtet wird der neue Tatrichter in diesem Fall auch zu prüfen haben, ob sich der Angeklagte eines vorsätzlichen Eingriffs in den Straßen-verkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 315 Abs. 3 StGB schuldig gemacht hat.

 

BGH, Beschluss vom 25.4.2012 - 4 StR 30/12

 

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