Gastbeitrag: AGB-Kontrolle in der Rechtsprechung des BAG

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 06.10.2011
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtAGB-Kontrolle|4584 Aufrufe

Gastbeitrag von Martin Bender, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Schwetzingen (www.rechtsanwalt-schlesinger.de):

Die Anwendung des AGB-Rechts auf arbeitsrechtliche Sachverhalte bleibt auch im 10. Jahr, in dem man das darf und muss, schwierig, und die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, die sich mit den §§ 305 ff. BGB befassen, geben so manche Rätselnuss zum Knacken auf. Jedenfalls mir geht das so.

Da wird etwa im Urteil des BAG vom 21.06.2011 (9 AZR 236/10) eine AGB-Regelung über die Arbeitszeit gem. § 307 BGB für intransparent und damit unwirksam erkannt.  Dem lässt das Gericht aber (wenngleich im Ergebnis verneinend) breite Ausführungen folgen, ob die Klausel eventuell der ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich sei. Dass Willenserklärungen AGB sind, schließt zwar die ergänzende Vertragsauslegung nicht grundsätzlich aus (BGH, Beschl. v. 30.10.1984 - VIII ARZ 1/84, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480). Aber welches Ergebnis einer solchen Auslegung wäre denn bei der vom BAG ohnehin schon für intransparent gehaltenen Klausel angesichts der Unklarheitenregel des § 305c  Abs. 2 BGB zu erwarten? Die Vorschrift kommt im Urteil vom 21.06.2011 übrigens nicht vor.

Dafür wird fünf Wochen vorher, am 17.05.2011, vom selben Senat (9 AZR 189/10) ein Rechtsstreit über Urlaubsabgeltung im bloß äußeren Gewande einer Anwendung der §§ 133, 157 BGB bis ins Detail der Formulierungen hinein nach der im AGB-Recht geltenden Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zum Nachteil des Verwenders entschieden, obwohl im konkreten Fall die Freistellungserklärung des Arbeitgebers - was auch das BAG nicht annahm - gar keine AGB  enthielt!

Im Sachverhalt schließlich, der dem Urteil vom 29.06.2011 (7 AZR 774/09, BeckRS 2011, 76303) zugrunde liegt, verwendete der Arbeitgeber im Rahmen einer Befristung des Arbeitsverhältnisses AGB. Diese trennt nun das BAG nicht etwa nach den Blue-Pencil-Grundsätzen auf, sondern danach, welche Passagen „Vertragsbestandteil“ geworden seien und welche nicht. Letztere spaltet es ab, wiewohl ausdrücklich als „missverständlich“ erkannt, beschränkt die gem. § 307 BGB gebotene Überprüfung nach dem Transparenzgebot auf den unmissverständlichen Rest der AGB und lässt die Regelung insgesamt passieren.

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