LAG Köln zur Sozialauswahl: Alter vor Kinderzahl

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 29.05.2011

 

Zur Gewichtung der Kriterien für die Sozialauswahl hat sich der Gesetzgeber nicht näher geäußert. In § 1 Abs. 3 KSchG heißt es lediglich, dass der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung die betroffenen Arbeitnehmer unter Berücksichtigung von Betriebszugehörigkeitszeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und einer eventuellen Schwerbehinderung auswählen muss. Dies muß zudem diskriminierungsfrei erfolgen. Das LAG Köln (18.2.2011 - 4 Sa 1122/10) hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem sich im Rahmen der Sozialauswahl zwei etwa gleich lang beschäftigte verheiratete Führungskräfte in der Metallverarbeitung gegenüberstanden. Einer von ihnen war 35 Jahre alt und hatte zwei Kinder hatte, der andere war 53 Jahre alt und kinderlos. Das Gericht entschied, dass die Kündigung des älteren Arbeitnehmers unwirksam war, weil der jüngere Arbeitnehmer im Gegensatz zum älteren viel bessere Chancen hatte, alsbald eine neue Arbeit zu finden, sodass mit hoher Wahrscheinlichkeit seine Unterhaltpflichten für die Kinder gar nicht beeinträchtigt gewesen wären. Zwar seien alle Kriterien des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG prinzipiell gleichrangig. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass nach neuer Rechtsprechung des BAG (6.11.2008, NZA 2009, 361) die Berücksichtigung des Lebensalters als Sozialdatum gerade und nur deshalb nicht gegen das aus dem nationalen und europäischen Recht folgende Verbot der Altersdiskriminierung verstoße, weil es zur Einbeziehung individueller Arbeitsmarktchancen geeignet und erforderlich sei. 

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