BGH zu Urteilsberichtigung im Strafverfahren: Kein Austausch des Schuldspruchs!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 18.09.2010

Die Urteilsberichtigung im Strafverfahren ist nirgends gesetzlich geregelt. Sie ist aber möglich, dies ist klar. In einem aktuellen Fall hatte der BGH über einen Berichtigungsbeschluss zu entscheiden, den das LG erlassen hatte. Das LG wollte den Tenor ändern - zwar war die Revision gegen das angefochtene Urteil erfolglos, doch hat der BGH den Schuldspruch wieder richtig gestellt (BGH, Beschluss v. 4.8.2010 - 3 StR 276/10):


"....Der "Berichtigungsbeschluss" des Landgerichts vom 27. April 2010 war nicht zulässig und das angefochtene Urteil damit so zu behandeln, als ob dieser nicht ergangen wäre (BGH, Urteil vom 23. Oktober 1952 - 5 StR 480/52, BGHSt 3, 245, 247 f.; Urteil vom 14. November 1990 - 3 StR 319/90, NJW 1991, 1900, 1901; KK-Schoreit, 6. Aufl., § 260 Rn. 13). Eine Änderung der Ur-teilsformel ist nach Abschluss der Urteilsverkündung nur zulässig, soweit offen-sichtliche Schreibversehen oder Unrichtigkeiten berichtigt werden, die sich ohne Weiteres aus Tatsachen ergeben, die für alle Verfahrensbeteiligte klar zutage treten und auch nur den entferntesten Verdacht einer späteren sachlichen Ab-änderung des verkündeten Urteils ausschließen. Danach war die vom Landge-richt vorgenommene Änderung der Urteilsformel hier unzulässig, da es sich bei der Verwechslung der Tatbestände des Raubes und der räuberischen Erpres-sung nicht um ein solch offensichtliches Versehen handelt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1952 - 5 StR 480/52, BGHSt 3, 245; BGH, Beschluss vom 22. Januar 1981 - 1 StR 642/80, bei Pfeiffer/Miebach, NStZ 1983, 212)...."

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Der Beitrag trifft: Gegenwärtig ist eine Berufung gegen ein erstinanzliches Urteil anhöngig, mit dem der Angeklagte wegen Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB verurteilt wurde. Besonderheit: der Angeklagte hatte nicht einen Tropfen Alkohol getrunken; er hatte Cannabis genommen und damit durchaus die entsprechenden Werte erreicht. Ich meine, dass die Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr falsch und für den Angeklagten auch nicht hinzunehmen und dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist, damit man dort das Urteil richtig fasst. Die Berufung wurde auf die Überprüfung der Fsssung des Urteilsausspruchs beschränkt. Das Landgericht verweist in einer Vefügung auf § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO; es  hält diese Beschränkung im übrigen für unstatthaft und will in der Berufungsverhandlung Zeugen und Sachverständige vernehmen, obwohl der Angeklagte den festgestellten Sachverhalt nicht nur nicht bestreitet, sondern einräumt.  Die genannte Vorschrift rechtfertigt m.E. keinen falschen Urteilsausspruch.

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