Neue Urteile des EuGH zu beruflichen Altersgrenzen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 14.01.2010

Der EuGH hat in zwei Grundsatzurteilen zur Vereinbarkeit von Altersgrenzenregelungen mit dem in der Rahmen-Richtlinie 2000/78/EG enthaltenen Verbot der Altersdiskriminierung Stellung genommen. Beide Urteile sind auf Vorlagen deutscher Gerichte ergangen (zu den Schlussanträgen des Generalanwalts Yves Bot siehe bereits den Blog-Beitrag vom 4.9.2009).  
In der Rechtssache Wolf (Urteil vom 12.1.2010, Az.: C-229/08) geht es um eine Höchstaltersgrenze von 30 Jahren für die Einstellung von Feuerwehrleuten des mittleren technischen Dienstes. Der EuGH sieht in dieser Altergrenze zwar eine Ungleichbehandlung wegen des Alters. Diese sei jedoch unter mehreren Aspekten gerechtfertigt. Die Luxemburger Richter stellen insoweit darauf ab, dass die Höchstaltersgrenze darauf ziele, die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren der Berufsfeuerfehr zu gewährleisten. Das stelle einen rechtmäßigen Zweck dar. Außerdem könne eine besonders ausgeprägte körperliche Eignung - wie sie nur jüngere Beamte aufwiesen - als eine für die Berufsausübung im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst (insbes. Brandbekämpfung und Personenrettung) eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie angesehen werden.
Differenziert fällt hingegen die zweite Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Petersen (Urteil vom 12.1.2010, Az.: 341/08) aus.  In diesem Verfahren geht es um die Klage einer Zahnärztin, Frau Petersen, vor dem SozG Dortmund. Mit ihr wendet sie sich dagegen, dass ihr im Alter von 68 Jahren die Zulassung zur kassenärztlichen Versorgung entzogen wurde (§ 95 Abs. 7 S. 3 SGB V a.F. - die Regelung wurde zwischenzeitlich geändert!). Dieser "Zwangsruhestand" hatte unter den Ärzten massive Kritik hervorgerufen. Der Gerichtshof stellt nun fest, dass die Festlegung einer Altersgrenze durch einen Mitgliedstaat grundsätzlich zulässig sein könne, um die Gesundheit der Patienten zu schützen. Dieses an sich legitime Ziel lasse sich widerspruchsfrei jedoch nur dann verwirklichen, wenn die Altersgrenze auch für Zahnärzte außerhalb des Vertragszahnarztsystems gelte. Da dies nicht der Fall sei, könne die Regelung nicht als für den Gesundheitsschutz erforderlich angesehen werden. Allerdings weist der EuGH auf eine andere Rechtfertigungsmöglichkeit hin. Sollte nämlich die deutsche Regelung darauf gerichtet sein, die Berufschancen zwischen den Generationen innerhalb der Berufsgruppe der Vertragszahnärzte zu verteilen, so könne das grundsätzlich ein legitimes Ziel im Sinne Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie sein. Welchen Zweck der Gesetzgeber mit der Altersgrenze für Vertragszahnärzte verfolgt habe, müsse vom vorlegenden Gericht geklärt werden.

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