Aus dem beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht: Unfallflucht als Obliegenheitsverletzung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 29.03.2009

Regelmäßig werden auf der beck-aktuell-Seite aus den einzelnen Fachdiensten Entscheidungsbesprechungen eingestellt. Aus dem  beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht findet sich hier eine von Ottheinz Kääb erstellte Besprechung einer Entscheidung des LG Dortmund zum Verhältnis VVG zu § 142 StGB.

 

Der Sachverhalt verkürzt:

Der vollkaskoversicherte Kläger verursachte einen Unfall mit einer Ampel - Eigenschaden: 12000 Euro, Ampelschaden: etwa 100 Euro. Erst 10 Tage später meldete sich der Kläger bei seiner (beklagten) Versicherung wegen des Schadens, die dann aber unter Hinweis auf seine Obliegenheitsverletzung die Zahlung verweigerte.

 

Aus der Bearbeitung von Ottheinz Kääb zur Urteilsbegründung: 

"...Der Kläger hatte vor Gericht keinen Erfolg. Das Gericht führt aus, dass die Aufklärungsobliegenheit des § 7 Abs. 2 Satz 3 AKB verletzt worden sei. Der objektive Tatbestand des § 142 StGB sei erfüllt. An einem erforderlichen Fremdsachschaden fehle es nur dann, wenn wegen der Geringfügigkeit mit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen vernünftigerweise nicht zu rechnen sei....Um Bagatellen aus dem Tatbestand des § 142 StGB auszugrenzen, erscheine es ausreichend, aber auch angemessen, die Wertgrenze bei 50 Euro anzusetzen ...Im Übrigen sei die Beklagte auch deshalb leistungsfrei, weil der Schaden nicht innerhalb einer Woche angezeigt worden sei und die gesetzliche Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG nicht widerlegt sei..."  

Zwar verhält sich die Entscheidung zum alten VVG, doch bietet Ottheinz Kääb einen Ausblick auch auf das neue Recht:

"...Die Entscheidung ist durch das neue VVG keinesfalls «überholt». Das «Alles oder Nichts» wird lediglich ersetzt durch ein «Mehr oder Weniger». Eine Obliegenheitsverletzung liegt wegen der Reflexwirkung des § 142 StGB auf das Privatversicherungsrecht vor. Streiten wird man in Zukunft darüber, ob das Verschulden der Obliegenheitsverletzung ein «Mehr» oder ein «Weniger» an Versicherungsschutz bedeutet. Hier liegt ein doppelter Verstoß vor, nämlich einmal gegen die Aufklärungsobliegenheit und einmal gegen die Anzeigeobliegenheit. Addiert werden dürfen beide Obliegenheitsverletzungen nicht. Die Zukunft wird zeigen, wie Fälle der Verkehrsunfallflucht gewichtet werden sollen."

Zu versicherungsrechtlichen Problemen nach Unfallflucht: Himmelreich/Bücken/Krumm, Verkehrsunfallflucht, 5. Aufl. 2009, Rn. 23 ff.

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