BGH-Richter Wolfgang Pfister für höchstrichterliche Klärung der Liechtenstein-Affäre

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 18.11.2008

Nachdem - wie im Blog bereits berichtet - zwischenzeitlich mehrere Verfahren aus der Anfang 2008 aufgeflogenen Steueraffäre inzwischen gegen Zahlung Auflagen eingestellt wurden, sprach sich der Richter am Bundesgerichtshof Wolfgang Pfister anlässlich des 29. Triberger Symposions des baden-württembergischen Justizministeriums über Absprachen im Strafprozess am 14. November 2008 dafür aus, die Steuerhinterziehungsverfahren im Zuge der Liechtenstein-Affäre höchstrichterlich klären zu lassen. Es wäre "ausgesprochen schädlich", wenn alle Prozesse ohne Urteil eingestellt und damit einer Prüfung der juristischen Fragen im Revisionsverfahren entzogen würden.

Kritisch äußerte sich der Richter auch zur Absprache. Der "Deal im Strafprozess" habe negative Auswirkungen auf die Justiz. Die tatsächlichen Hintergründe einer Straftat würden nicht mehr ausreichend aufgeklärt, Richter lieferten "inhaltsleere Urteile" ab. "Die Kollegen verlernen das Handwerkszeug, je mehr sie dealen", kritisierte Pfister. Er erinnerte an ein Grundsatzurteil des BVerfG, wonach die "materielle Wahrheit" die Grundlage einer schuldangemessen Strafe sei.

Prof. Dr. Ulrich Sieber, Direktor am Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und Internationales Strafrecht, äußerte sich anlässlich des Symposions skeptisch zu der Frage, ob die von der deutschen Steuerverwaltung für 4 Millionen Euro gekauften Informationen vor Gericht verwertbar seien. Der Informant habe sich mit dem Datenklau wegen unbefugter Verwertung von Geschäftsgeheimnissen strafbar gemacht. Zwar führten Rechtsverstöße von Privatpersonen bei der Informationsbeschaffung nur ausnahmsweise zu einem Beweisverwertungsverbot, jedoch halte er es für durchaus denkbar, dass deutsche Gerichte den Verstoß als gravierend bezeichnen und damit die Daten-CD als gerichtlich nicht verwertbar einstufen.

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