EuGH: diskriminierende Kündigung wegen künstlicher Befruchtung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 11.03.2008

Der EuGH (Urteil vom 26.2.2008 - C-506/06, NZA 2008, 345) hat sich in einer kürzlich ergangenen Entscheidung auf Vorlage des österreichischen Obersten Gerichtshofs mit der Frage befaßt, ob eine Kündigung, die einer Arbeitnehmerin im Hinblick darauf ausgesprochen wird, dass sich einer In-vitro-Fertilisation unterzieht, gegen das Verbot der Geschlechtsdiskriminierung verstößt. In konsequenter Fortführung seiner Rechtsprechung zur verbotenen Anknüpfung an eine Schwangerschaft stellt der EuGH fest, dass solche Maßnahmen unmittelbar nur Frauen betreffen. Folglich stelle die Kündigung einer Arbeitnehmerin, die hauptsächlich aus dem Grund erfolgt, dass sie sich einer In-vitro-Fertilisation unterziehe, eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar. Im deutschen Recht ist das Verbot der Geschlechtsdiskriminierung in §§ 1 und 7 AGG verankert. Für Kündigungen gelten nach § 2 Abs. 4 AGG jedoch ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.  Dem Gebot richtlinienkonformer Auslegung Rechnung tragend, müssen das deutsche Kündigungsschutzgesetz und die zivilrechtlichen Generalklauseln nun im Lichte der Entscheidung des EuGH ausgelegt werden. Trotz der Nichtanwendbarkeit des AGG auf Kündigungen muß sichergestellt werden, daß die Durchführung einer künstlichen Befruchtung und die damit verbundenen Ausfallzeiten die Kündigung der betroffenen Arbeitnehmerin nicht rechtfertigen können. 

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