Bundeskabinett beschließt Entwurf zur Änderung des JuSchG

von Prof. Dr. Marc Liesching, veröffentlicht am 12.01.2008

Das Bundeskabinett hat am 19.12.2007 den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Jugendschutzgesetzes beschlossen. Der Entwurf soll den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor medialen Gewaltdarstellungen, insbesondere vor so genannten "gewaltbeherrschten" Computerspielen verbessern. In dem Gesetzentwurf ist insbesondere die Umsetzung folgender Maßnahmen vorgesehen:

  • der Katalog der schwer jugendgefährdenden Trägermedien, die kraft Gesetzes indiziert sind (§ 15 Abs. 2 JuSchG), wird im Hinblick auf Gewaltdarstellungen erweitert. Dies betrifft Trägermedien, die "besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, die das Geschehen beherrschen".
  • die im Gesetz genannten Indizierungskriterien in Bezug auf mediale Gewaltdarstellungen (§ 18 Abs. 1 JuSchG) werden erweitert um Medien, in denen "Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden oder Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahe gelegt wird".
  • die Mindestgröße und Sichtbarkeit der Alterskennzeichen der FSK und der USK soll gesetzlich festgeschrieben werden und "auf der Frontseite der Hülle links unten auf einer Fläche von mindestens 1200 Quadratmillimetern und dem Bildträger auf einer Fläche von mindestens 250 Quadratmillimetern" betragen.
Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

4 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Ich denke, dass v. a. die Regelung zur Kennzeichnungsgröße für eine bessere Wahrnehmung gefährdender Inhalte sinnvoll ist. Bislang wurde das ja eher stiefmütterlich behandelt.
USK/FSK machen sich bei den Einordnungen von Spielen und Filmen sehr viel Mühe und man kann eigentlich nicht behaupten, dies geschehe leichtfertig. Leider wurde das aber allzu oft ignoriert.
Wichtiger als gesetzliche Verschärfungen ist, dass Eltern sich mehr Gedanken darüber machen, was hinter den (in der Regel) geschlossenen Kinderzimmertüren geschieht. Und auch nicht einfach jedes Spiel kaufen. Auf der anderen Seite muss auch der Handel seiner Pflicht zur Kontrolle der oft jungen Käufer stärker nachkommen. Auch das sollte man (wie in anderen Bereichen auch) stärker kontrollieren, um hier ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen.

0

Sehr geehrter Herr Dr. Paul,

für eine bundesgesetzliche Regelung zur Kennzeichnungsgröße besteht überhaupt keine Veranlassung. Denn nach § 12 Abs. 2 S.2 Nr. 1 und 2 JuSchG kann die oberste Landesbehörde "näheres über Inhalt, Größe, Form, Farbe und Anbringung der Kennzeichen anordnen und Ausnahmen für die Anbringung auf dem Bildträger und der Hülle genehmigen". Diese Anordnungen der obersten Landesbehörden bestehen. Sie geben die Möglichkeit, Regelungen für unterschiedliche Trägermedien (je nach Größe, Verpackung etc.) vorzusehen.
Die starre Regelung - "Das Zeichen ist auf der Frontseite der Hülle links unten auf einer Fläche von mindestens 1200 Quadratmillimetern und dem Bildträger auf einer Fläche von mindestens 250 Quadratmillimetern anzubringen." - lässt diese Rücksichtnahme auf unterschiedliche Trägermedien nicht zu. Zudem dürfte der nächste Kompetenzstreit bevorstehen, da durch den bloßen Zusatz dieser neuen Regelung der Gesetzgeber die Anwender (in diesem Fall die Obersten Landesbehörden) im Unklaren lässt, ob Ausnahmen von den Landesbehörden nun überhaupt noch vorgesehen werden können.
Schließlich kann ich zumindest im Filmbereich für die von der FSK freigegebenen Bildträger eine stiefmütterliche Behandlung der Kennzeichnungsgröße nicht erkennen. Sie sollten auch bedenken, dass große Kennzeichen zum Beispiel hinsichtlich des Kennzeichens "Keine Jugendfreigabe" für Kinder und Jugendliche gerade einen Anreiz schaffen können, sich genau diese Bildträger zu besorgen. Eine Einbindung der Altersfreigabe in die Kassensysteme hielte ich dann schon für eine sinnvollere Regelung, um bei den Verkäufern das Bewußtsein für die Abgabeschränkung zu schärfen.

Die Ausweitung der Tatbestände der schweren Jugendgefährung ist allerdings wesentlich bedenklicher, da den Programmanbietern hier Prüfungs- und Beurteilungspflichten auferlegt werden, die sich auf eine weitere Anzahl unbestimmter Rechtsbegriffe beziehen und die nicht einmal von den Fachleuten beurteilt werden können. Die Folge wird sein, dass noch mehr Trägermedien der Vorabkontrolle durch die Freiwilligen Selbstkontrollen entzogen werden und ohne Kennzeichen und unkontrolliert in den Markt gebracht werden.

Mit besten Grüßen
Heiko Wiese

0

Sehr geehrter Herr Wiese,

als Freund des Horrorfilms und erklärter Silent Hill-Fan, bin ich ehrlich gesagt schon froh, wenn ich auch in Zukunft noch entscheiden darf, was ich sehen bzw. spielen möchte und was nicht.

Ich wollte die Arbeit der FSK und USK nicht kritisieren. Ich halte beide Einrichtungen für sinnvoll und sie machen ihre Arbeit gut. Leider wird das nicht so wahrgenommen. Dass man im Einzelfall anderer Auffassung sein kann, ist aufgrund der unterschiedlichen Wahrnehmung bestimmter Inhalte verständlich.
Die geegnwärtige Kennzeichnung ist hin und wieder nicht sonderlich auffällig; manchmal wird sie sogar von Preisaufklebern verdeckt. Diskussionen in jüngster Zeit haben mir auch gezeigt, dass nicht jeder weiß, dass es sowas überhaupt gibt.

Ich gebe Ihnen recht, eine gründlichere Kontrolle an der Kasse ist wichtig. Hier liegt so manches im argen.
Allerdings soll der Käufer schon am Regal wissen, was er da in der Hand hat und entsprechend sensibilisert sein. Gerade Eltern und Großeltern scheinen sich bei der Auswahl der Geschenke darüber nicht immer allzu viele Gedanken zu machen. Das geht am ehesten mit einem entsprechenden Hinweis (sei er bundeseinheitlich oder von den Landesbehörden angeordnet). Erfolgt die Prüfung an der Kasse, wird man bei einem deutlich über 18-Jährigen zudem keine entsprechenden Fragen stellen.

Die Anreizthematik durch Hinweise auf den Hüllen halte ich für wenig durchschlagend. Jugendliche wissen in der Regel genau, was sie dürfen und was nicht und wo sie zum Ziel kommen -unabhängig von Warnhinweisen. Konsumiert wird nach Möglichkeit, was interessant ist/erscheint.
Theoretisch sollten sie es spätestens an der Kasse merken -unabhängig von einem wie auch immer gestalteten Aufkleber.

Eine erhöhte Gefahr von vermehrt auf dem Markt verfügbaren ungeprüften Medien sehe ich nur in Grenzen. Indizierte Medien dürfen nicht beworben werden. Damit sind sie faktisch kaum noch zu beziehen. Großmärkte wie Saturn oder Internethändler wie Amazon (die jahrelang keien FSK-18-Produkte hatten) werden derartige Sachen nicht auf Lager halten; gleiches gilt für Kaufhäuser o. ä. Damit fehlt die wesentliche Bezugsquelle für die breite Mehrheit potentieller Käufer. Die Allerwenigsten werden sich die Mühe machen, dann noch nach anderen Wegen zu suchen.

Was mir jetzt im Nachhinein aber wirklich negativ auffällt, ist die unflexible Vorgabe zur Anbringung des Warnhinweises. Das wird so manche DVD-Box ziemlich verunzieren. Allein das muss für jeden Filmfan ein Grund sein, dagegen zu sein.

Beste Grüße aus Heilbronn,

Dr. Andreas Paul

0

Ich teile die Bedenken von Herrn Kollegen Wiese hinsichtlich der neuen "Gewalt"-Tatbestände der schweren Jugendgefährdung. Vor allem ergibt sich hier nunmehr auch das Problem der Abgrenzung zur lediglich "einfachen" Jugendgefährdung des Indizierungstatbestandes.

Einerseits soll lediglich einfach jugendgefährdend sein, wenn "Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden". Andererseits soll es sich um eine "schwere" Jugendgefährdung bei Trägermedien handeln, die “besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, die das Geschehen beherrschen”. Zu der von Herrn Wiese zurecht kritisierten Unbestimmtheit der verwandten Rechtsbegriffe tritt also noch das Problem randscharfer Abgrenzung der jeweiligen Tatbestandsbereiche hinzu.

Darüber hinaus lässt sich fragen: Sollen Spiel- und Filminhalte, die bisher ein USK- / FSK- Kennzeichen "Keine Jugendfreigabe" erhalten haben, nach dem Willen des Gesetzgebers zumindest zum Teil künftig unter die neuen "Gewalttatbestände" fallen? Hätte dies nicht auch eine Änderung der bisherigen Spruchpraxis der Selbstkontrolleinrichtungen der USK und der FSK zur Konsequenz?

0

Kommentar hinzufügen