Fehlende Urteilsgründe beim Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 26.07.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1343 Aufrufe

Der Betroffene war mit dem OWi-Urteil nicht einverstanden, sollte er doch 240 Euro zahlen. Das Gericht hatte fälschlicherweise nach Abwesenheitsverhandlung keine Urteilsgründe abgesetzt. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist in einem solchen Fall meist erfolglos. Das OLG Köln hat hier einmal ganz schön dargestellt, warum:

 

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist allerdings nicht allein deshalb geboten, weil das angefochtene Urteil keine Urteilsgründe enthält, obwohl die Voraussetzungen des § 77 b OWiG, unter denen von der Fertigung von Urteilsgründen abgesehen werden kann, nicht gegeben sind.

 Allein das Fehlen der schriftlichen Urteilsgründe führt nämlich – für sich genommen – noch nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 80 OWiG für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sind die Urteilsgründe nicht generell unentbehrlich. Insbesondere bei massenhaft auftretenden Bußgeldverfahren wegen einfacher Verkehrsordnungswidrigkeiten, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine Schwierigkeiten aufweisen, können die Zulassungsvoraussetzungen häufig auch ohne Kenntnis von Urteilsgründen geprüft werden. Fehlen schriftliche Urteilsgründe ist die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen anhand des Bußgeldbescheides, des Zulassungsantrags, der Rechtsbeschwerdebegründung und sonstiger Umstände erforderlich (vgl. BGHSt 42, 187 = NJW 1996, 3157; OLG Köln, Beschluss v. 01.04.1997, Ss 500/96 (Z), NZV 1997, 371; SenE v. 20.08.1999 – Ss 373/99 Z –; SenE v. 01.12.1999 – Ss 563/99 Z –; SenE v. 05.01.2000 – Ss 622/99 Z –; SenE v. 16.06.2003 – Ss 226/03 Z –; SenE v. 13.04.2005 – 8 Ss-OWi 97/05 –; SenE v. 21.06.2013 – III-1 RBs 162/13 –; SenE v. 25.04.2017, III-1 RBs 119/17; SenE v. 23.11.2021, III-1 RBs 309/21; Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 77 b Rdn. 8 u. § 80 Rdn. 13). Nur wenn ohne Kenntnis der Urteilsgründe nicht ohne Weiteres beurteilt werden kann, ob die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen, und etwaige Zweifel weder anhand des abgekürzten Urteils, des Bußgeldbescheides, des Zulassungsantrages noch anhand sonstiger Umstände ausgeräumt werden können, kann das Fehlen von Urteilsgründen zur Begründetheit des Zulassungsantrags führen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss v. 14.08.2002, 2 SsOWi 96/02 (93/02); OLG Hamm, Beschluss v. 30. November 2004, Ss OWi 764/04; OLG Hamm VRS 99, 219; SenE v. 10.01.2014, III-1 RBs 362/13; SenE v. 23.11.2021, III-1 RBs 309/21).

OLG Köln Beschl. v. 24.4.2023 – III-1 ORbs 120/23, BeckRS 2023, 9521 

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