Entbindungsantrag....zu früh!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 20.07.2016
|1948 Aufrufe

Das OLG Bamberg hatte sich mit der Frage zu befassen, ob es eigentlich schon im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde möglich ist, für das spätere gerichtliche Verfahren einen Entbindungsantrag zu stellen. Antwort: Geht nicht! Also für Verteidiger wichtig: Nicht bei Einspruchseinlegung gleich schon vorsorglich Entbindung beantragen!

Der Betr. hatte zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens einen wirksamen Entbindungsantrag gestellt mit der Folge, dass das Gericht ihn auch nicht nach § OWIG § 73 OWIG § 73 Absatz II OWiG von seiner Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbinden durfte. Die im Verwaltungsverfahren am 20.03.2015 vor der Verwaltungsbehörde abgegebene und später nicht mehr wiederholte Erklärung des Betr. war unwirksam, soweit mit ihr ein Entbindungsantrag gestellt werden sollte.

aa) Auch wenn das Gesetz einen Zeitpunkt für die Antragstellung nicht ausdrücklich bestimmt, folgt aus dem Zweck der Regelung des § 73 Absatz II OWiG und der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung im Ordnungswidrigkeitenverfahren, dass ein Entbindungsantrag frühestens mit der Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid wirksam gestellt werden kann (vgl. Göhler/Seitz OWiG 16. Aufl. § 73 Rn. 4; BeckOK-Hettenbach OWiG [Edit. 11] § 73 Rn. 4; Bohnert/Krenberger/Krumm OWiG 4. Aufl. § 73 Rn. 13; im Ergebnis ebenso für das Strafverfahren: Müko/Arnoldi StPO [2016] § 233 Rn. 4; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 59. Aufl. § 233 Rn. 4; LR/Becker StPO 26. Aufl. § 233 Rn. 9 [frühestens mit Eröffnung des Hauptverfahrens]; SK/Deiters StPO 5. Aufl. § 233 Rn. 7 [ab Rechtshängigkeit]).

bb) Für die Zentrale Bußgeldstelle, an die der Entbindungsantrag noch im Vorverfahren adressiert war, bestand keine Zuständigkeit zur Verbescheidung des Antrags. Dieser war auch nicht auf die Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gerichtet. Eine Weiterleitung des Antrags kam ebenfalls nicht in Betracht, da es auch anderen öffentlichen Stellen an einer Zuständigkeit zur Verbescheidung des Antrags fehlte und - anders als bei Antragstellung zeitgleich mit Einspruchseinlegung - nicht absehbar war, ob eine Hauptverhandlung überhaupt stattfinden und eine solche Zuständigkeit jemals eintreten würde. Es liegt auf der Hand, dass ein Antrag, der aus Rechtsgründen nicht verbeschieden werden kann, auch keine Wirksamkeit entfalten kann. Da die schwebende Unwirksamkeit eines gestellten Antrags dem Gesetz fremd ist, lebte dieser auch mit Übersendung der Akten an das Gericht nach Erlass des Bußgeldbescheids und Einspruchseinlegung nicht etwa automatisch wieder auf.

OLG Bamberg, Beschluss vom 10.03.2016 - 3 Ss OWi 88/16

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen