Aussagepsychologisches Gutachten bei Kindern? Nicht immer!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 07.03.2012
Rechtsgebiete: GutachtenBGHStrafrechtVerkehrsrecht1|6418 Aufrufe

Aussagepsychologische Gutachten gehören zum Standardprogramm eines guten Strafprozesses, der Straftaten gegen Kinder/Jugendliche zum Gegenstand hat. Der BGH hatte gerade einen Fall, in dem das Gericht gerade kein solches Gutachten einholen wollte:

 

Soweit die Ablehnung des Antrags auf Einholung aussagepsychologischer Sachverständigengutachten bezüglich der Zeuginnen R. G. , M. und J. O. beanstandet wird, ist die Rüge unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die Revision den Inhalt eines Schriftsatzes der Verteidigung vom 19. Oktober 2010 nicht mitteilt, auf den sowohl im Beweisbegehren als auch im Ablehnungsbeschluss der Strafkammer verwiesen worden ist. Die Verfahrensrüge wäre auch unbegründet. Ein Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 StPO liegt nicht vor. Bei dem Antrag auf Einholung der aussagepsychologischen Gutachten handelte es sich mangels einer konkreten Beweisbehauptung nicht um einen Beweis- sondern um einen Beweisermitt-lungsantrag, über den nach Maßgabe der Aufklärungspflicht des § 244 Abs. 2 StPO zu befinden war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 – 3 StR 365/11, Rn. 6). Eine zulässige Aufklärungsrüge ist nicht erhoben. Im Übrigen musste sich die Strafkammer aus den in ihrem Ablehnungsbeschluss dargelegten Gründen unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht nicht gedrängt sehen, die beantragten Gutachten zur weiteren Sachaufklärung einzuholen.
Die Beweisanträge auf Einholung von Sachverständigengutachten über die Fähigkeit kindlicher Zeugen zur zeitlichen Erfassung und Einordnung be-obachteter Vorgänge sowie zur Wiedererkennung von Gesichtern hat das Landgericht rechtsfehlerfrei wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der jeweiligen Beweisbehauptungen abgelehnt. Die Strafkammer hat in ihren Ablehnungsbeschlüssen vom 9. und 26. Mai 2011 insbesondere hinreichend dargetan, dass sie bei vorläufiger Würdigung des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme nicht davon ausgeht, dass die Nebenklägerin und die Zeugin R. G. den Täter am 25. März 2010 gesehen und Entsprechendes ge-genüber dem Zeugen M. berichtet haben. 

 

BGH, Beschl. vom 7.2.2012 - 4 StR 547/11 

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1 Kommentar

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Das klingt jetzt weniger nach einer Entscheidung dazu, wann grds. Gutachten bei kindlichen Zeugen einzuholen sind. Vielmehr sieht es so aus, als ob der Verteidiger sich noch einmal ansehen sollte, welchen Inhalt ein richtiger Beweisantrag haben sollte.

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