EuGH: Wann sind Mobilfunkstandortdaten zugänglich?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 29.07.2011

Hier ein neues EuGH Urteil vom 28.07.2011 (Rs. C-71/10), in dem es um die Offenlegung der genauen Standortdaten von Mobilfunk-Basisstationen geht: Die Entscheidung steht im Zusammenhang mit der Auslegung der Umweltinformations-RiLi 2003/4/EG. Die RiLi  sieht ein grundsätzliches Recht auf Zugang zu Umweltinformationen vor, - aber es gibt Ausnahmen: wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen auf internationale Beziehungen, die öffentliche Sicherheit, Landesverteidigung (Art 4 Abs 2 lit b) oder auf Rechte an geistigem Eigentum (Art 4 Abs. 2 lit e) hätte.

Hintergrund:
Ausgelöst hat das Verfahren ein britisches Gericht: Die im Wesentlichen aus Betreiberdaten gespeisten Datenbanken (im UK sitefinder: http://www.sitefinder.ofcom.org.uk/) für Mobilfunkstationen geben nur ungefähre Standortdaten an und lassen auch keinen Datenbankzugriff auf alle Standorte zu, da dies im UK von den Betreibern, die die Daten "freiwillig" zur Verfügung stellen, abgelehnt wird. Der schottische Gesundheitsdienst hatte sodann - gestützt auf den Freedom of Information Act - die Herausgabe des Datenbankbestandes zur Durchführung epidemiologischer Studien verlangt. Der britische Regulierer Ofcom verweigerte die Herausgabe.  Die dem EuGH vorgelegte Frage war: Müssen die in der RiLi  angesprochenen Interessen, die einer Offenlegung entgegenstehen können, jeweils für sich allein ausreichen  oder müssen alle angeführten Interessen auch zusammengefasst in die Abwägung eingebracht werden können?

EuGH-Entscheidung:

Der EuGH hat die Frage so beantwortet, dass "kumulierte Interessen" berücksichtigt werden können. Ein Gericht kann damit neben dem Schutz der öffentlichen Sicherheit auch noch das Interesse des betroffenen Unternehmens am Schutz des geistigen Eigentums in die Abwägung einstellen. Das Ergebnis kann somit sein, dass die beiden gegen die Bekanntgabe sprechenden Interessen das für die Offenlegung sprechende Interessen der Öffentlichkeit überwiegen.

Auswirkungen auf Deutschland:

In Deutschland sind die Standortdaten bei der BNetzA abrufbar: Die Entscheidung ist wichtig für die Beantwortung der Frage,  wie die Unternehmensinteressen im Hinblick auf den Schutz der Standortdaten gewährleistet wird. Denn der EuGH hat betont, dass "bei der Abwägung der in Rede stehenden Interessen mehrere unterschiedliche Interessen kumuliert für die Bekanntgabe sprechen können." In der RiLi anerkannte Rechtfertigungsgründe für die Bekanntgabe sind unter anderem "das Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und den Umweltschutz zu verbessern". Damit ist nicht nur gegen die Bekanntgabe, sondern auch für die Bekanntgabe eine kumulierte Würdigung der in der RiLi anerkannten Interessen möglich.  

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