Haftung bei Zahlungseinstellung und Aufrechnung

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 22.03.2011

Die (ungeschützte) Rechtsausübung des Mieters ist risikoreich, sobald sie zur Zahlungseinstellung führt oder eine Aufrechnung mit Gegenforderung erklärt wird. Denn ist der Sachverhalt nicht unstreitig, kann der Mieter sich regelmäßig nicht auf einen Rechtsirrtum berufen, wenn der Vermieter wegen der NIchtzahlung bz.B. wegen Zahlungsverzuges kündigt (vgl. z.B: BGH v. 25.10.2006 - VIII ZR 102/06, GE 2007, 46 = WuM 2007, 24).

So musste nun ein Kollege erfahren, dass er nicht den Bericht seiner Mandanten (Mieter) einfach entgegen nehmen durfte, ohne ihn auf seine Risiken hin zu prüfen. Die Mieter machten Schadensersatzansprüche wegen eines Wasserschadens im Keller mit über 10.000 € geltend. Der Schaden war durch ein defektes Rohr hervorgerufen worden. Als Schadensursache kam ein anfänglicher Mangel oder die Verletzung von Kontrollpflichten in Betracht. Beides schwierige Unterfangen, zumal wenn der Mietvertrag - wie hier - schon 9 Jahre läuft. Deshalb wurde dem Kollegen vorgeworfen, er habe die Mieter auf die (Beweis-) Risken hinweisen müssen, die mit der Geltendmachung dieser Ansprüche verbunden seien, insbesondere aber zusätzlich darüber aufklären müssen, dass ein Kündigungsrisko entsteht, wenn aufgerechnet wird (OLG Düsseldorf v. 14.12.2010 - 24 U 126/10, BeckRS 2011, 01149).

Der Kollege ist im Ergebnis nicht verurteilt worden, weil die Vermieter neben der fristlosen Kündigung auch eine Kündigung wegen Eigenbedarfs erklärt hatten, der Schaden also ohnehin entstanden wäre. Die Ausführungen zur Aufklärungspflicht und Risikoabwägung durch den Rechtsanwalt sind aber bezogen auf das Mietrecht (richtig und) lesenswert.

Die Zahlung unter Vorbehalt sollte sich mehr durchsetzen. Denn wer ein Recht reklamiert und ausübt, trägt das Risiko.

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Der Rat zur Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung, den Sie, Herr Koll. Lützenkirchen, hier erteilen, kann nicht ernst genug genommen werden. Ich verfahre in Mietsachen fast ausschließlich so. Mich wundert allerdings, dass Sie als Kölner das Düsseldorfer Urteil nicht kritischer sehen :-) Denn: Ist es nicht zu milde ausgefallen?

 

In der von Ihnen angeführten Entscheidung heißt es nämlich: "[Es] bestand das überdurchschnittlich große Risiko, [...] den Bestand einer [...] Gegenforderung [...] nicht darlegen, geschweige denn beweisen zu können, andererseits die [...] Gefahr, wegen Zahlungsverzugs einer [...] Kündigung [...] ausgesetzt zu werden."  Mit einem Wort: Ohne Risiko kein Fiasko. Die Düsseldorfer sagen dann aber lediglich: "Über diese Risiken hätte der Beklagte [= Rechtsanwalt] die Kläger aufklären müssen." 

 

Dem halte ich eine Entscheidung Ihres "Heimat-OLGs", des OLG Köln, in: NJW-RR 1994, 955, entgegen, wo man mit ganz ähnlichen Formulierungen zu anderen Schlüssen in puncto Anwaltshaftpflicht kam: "Ist eine Forderung nach dem dem Rechtsanwalt bekannten Sachverhalt verjährt, dann muß dieser den Mandanten belehren, daß sie angesichts der vom Gegner bereits erhobenen Verjährungseinrede nicht durchzusetzen ist, der Hinweis, die Verjährungseinrede werde 'mit hoher Wahrscheinlichkeit' Erfolg haben, reicht nicht aus."

 

Daraus schließe ich als die Haftpflicht vermeiden wollender Anwalt, dass ich in einem solchen Fall von der Durchsetzung derart dubioser Ansprüche oder der Aufrechnung mit ihnen, wenn die Gefahr die Wohnraumkündigung droht,  klipp und klar abrate (d. h. in concreto Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung empfehle) und nicht nur "über die Risiken aufkläre". Nach meiner Auffassung bin ich in der Haftung, wenn ich als Anwalt das überaus Riskante wage, auch dann, wenn ich über eben dieses Risiko aufgeklärt habe.  

 

RA M. Bender, Karlsruhe

 

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