Retourkutsche nach deutscher Kritik an der Präsidentenwahl? - Nach dem Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini fordert der iranische Präsident UN-Sanktionen gegen Deutschland

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 15.07.2009

Nach der brutalen Ermordung der ägyptischen Zeugin Marwa El-Sherbini im LG Dresden fordert der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad, dessen Wiederwahl vor kurzem wegen angeblicher Wahlfälschung zu schweren Unruhen führte, vom UN-Sicherheitsrat nicht nur Deutschland öffentlich zu verurteilen, sondern zu bestrafen.

Wegen der tödlichen Messerattacke eines vermutlich ausländerfeindlichen Täters haben regierungstreue Studenten vor der deutschen Botschaft in Teheran protestiert. Sie skandierten: "Nieder mit Deutschland" und "Nieder mit den rassistischen Europäern". Die iranische Regierung schickte der Bundesregierung wegen der Bluttat eine Protestnote: Der Mord im Gerichtssaal sei "vorprogrammiert" gewesen. Ahmadinedschad: "Der Westen prahlt mit seinem stets funktionierenden Sicherheitsapparat, aber dann kommt einer in den Gerichtssaal und sticht nicht einmal, sondern 18 mal auf eine unschuldige Frau ein und das vor den Augen des Richters, der Geschworenen und der Polizei".

Im Westen werde beim Thema Menschenrechte mit zweierlei Maß gemessen, bemängelte der iranische Präsident. "Wieso werden sofort Resolution verabschiedet, wenn in einem anderen Land ein Tausendstel solch einer Tat begangen wird? Aber in ihren (westlichen) eigenen Ländern werden die elementaren Rechte der Menschen ignoriert", sagte er weiterhin. Zur umstrittenen Wahl äußerte er: "Da kommen ein paar Leute in Teheran auf die Straße und verbrennen öffentliches Eigentum, und alle (im Westen) reden von Menschenrechtsverletzungen (wenn die Polizei eingreift). Aber wenn eine unschuldige Frage in einem Gerichtssaal zerstückelt wird, regt sich niemand auf." Meine Antwort hierzu: Sehr wohl, aber leider nehmen dies die offiziellen Stellen im Iran nicht zur Kenntnis.

Ahmadinedschad fordert einen Prozess gegen die Richte und die Polizeibeamten des Dresdner Gerichts und weiter: "Die Völker werden diese Tat nicht zu einfach vergessen, wir sind präsent, die anderen Länder auch, und wir werden diesen Fall weiterverfolgen, bis es Gerechtigkeit gibt."

In Deutschland gibt es eine alte Redensart: Wer im Glashaus sitzt, ...

PS Immer noch lesenswert Bruno Schirra "Iran.Sprengstoff für Europa", 2006

 

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

5 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Die FAZ hat vor einigen Monaten zu einer Rüge Irans gegen Deutschland im UN-Menschenrechtsrat einen kurzen Kommentar verfasst, der in diesem Zusammenhang ebenfalls lesenswert ist.

Man muss sich bei den jetzt gerügten Geschehnissen eins klar machen: Der Prozess kam in Berufung, weil die Staatsanwaltschaft eine höhere Strafe (nämlich eine Freiheitsstrafe) für den Russlanddeutschen erreichen wollte, da dieser weiterhin unverblümt seine rassistische Gesinnung zur Schau stellte und keinerlei Einsicht zeigte. Soviel zu Menschenrechtsverletzungen.

0

Man braucht nicht lange zu diskutieren, dass hier natürlich ein ganz wesentlicher Unterschied besteht - während im Iran staatliche Unterdrückung der Opposition die Gewalt auf die Straße brachte, war es in Dresden ein Einzeltäter mit offenbar ausländerfeindlicher, islamophober Gesinnung, der ein Attentat verübte, für das der deutsche Staat nicht verantwortlich gemacht werden kann.

Irritierend war allerdings, dass in den Medien zunächst nur die Tatsache des Attentats im Gerichtssaal, nicht aber der ausländerfeindliche Hintergrund herausgestellt wurde und deshalb auch die nun beginnende offene Diskussion in Deutschland zunächst beinahe unterdrückt schien. Mit dieser offenen Diskussion und auch mit der öffentlichen Anteilnahme mit den Opfern kann Deutschland zeigen, dass die Behauptungen und Forderungen Ahmadinedschads billige Rhetorik sind, um von den eigenen Verbrechen abzulenken.

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

der ausländerfeindliche Hintergrund wäre von den Medien sicher sofort herausgestrichen worden, wenn es sich um einen urdeutschen sächsischen Nazi gehandelt hätte. Da aber der Täter ebenfalls ein Mensch mit Migrationshintergrund war (wenn auch mittlerweile eingebürgert, was wohl bei Russlanddeutschen automatisch geschieht), so war man zu Recht zunächst etwas vorsichtig, um nicht etwa Stimmung gegen Russlanddeutsche zu machen. Denn die Bevölkerung ist nicht nur gegenüber Ausländerkriminalität von Türken oder Arabern sensibilisiert, sondern auch bei Russlanddeutschen hellhörig. Russlanddeutsche werden mancherorts genauso als Ausländer und Fremde wahrgenommen wie Menschen aus anderen Ländern auch ("die Russen machen unsere Siedlung kaputt").

Bei dem Zusammentreffen des Russlanddeutschen mit der Ägypterin handelte es sich somit zunächst um Kriminalität zwischen Menschen, die beide einen Migrationshintergrund hatten, und zudem wohl um Xenophobie (des Russlanddeutschen). Angst vor dem Fremden und Feindlichkeit gegenüber dem Fremden war sicher  ein Motiv dieses Russlanddeutschen. Aber "Ausländerfeindlichkeit" trifft die Sache nicht ganz, da hier nicht die typische Konstellation Inländer - Ausländer vorlag. Eine solche typische Konstellation (hier: brutaler sächsischer Neonazi - dort: junge schwangere Ägypterin) hätten die Medien sicher schneller aufgegriffen und ausgeschlachtet.

Übrigens hat der verrückte Iraner auch noch unterstellt, es sei die Tat von Juden und Zionisten gewesen. Das zeigt, wie fanatisch dieser Iraner (und leider auch ein Teil der dortigen Presse) geworden ist. Leider gelingt es unserer Regierung nicht, hier mit entsprechender Medien- und Öffentlichkeitsarbeit (gegenüber der islamischen Presse!) gegenzusteuern.

 

 

Retourkutsche

Genau das ist es und nicht mehr.

Das dafür, dass Deutschland sich ungewohnt deutlich auf die Seite der Demonstranten gestellt hat.

Man sollte dieses Ereignis nicht überbewerten.Beide Länder unterhalten sehr gute Beziehungen vorallem im wirtschaftlichen Sektor.

Jetzt stehts Unentschieden!

 

0

Kommentar hinzufügen