Terrorverdächtige wieder freigelassen - Ermittlungen dauern an

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 09.10.2008

Die beiden am Flughafen Köln/Bonn gefassten Terrorverdächtigen sind nach 11 Tagen wieder auf freiem Fuß. Wie die Staatsanwaltschaft Bonn am 7.10.2008 mitteilte, sei "der dringende Tatverdacht gegen diese Personen nicht mehr aufrecht zu erhalten." Die Ermittlungen gegen den in Somalia geborenen 24-jährigen Deutschen und den 23-jährigen Somalier dauern an.

«Abschiedsbrief» eines der Angeklagten war der Auslöser

Der Anti-Terror-Einsatz auf dem Rollfeld hatte Fragen nach dem Vorgehen der Sicherheitsbehörden aufgeworfen. Die Ermittler hatten sich vor allem auf einen vermeintlichen Abschiedsbrief gestützt, der im Gepäck des 24-Jährigen gefunden worden war. Rechtsanwalt Mutlu Günal dazu: «Das war kein Abschiedsbrief, sondern nur ein Liebesbrief seiner Verlobten.» Er sähe sich nun in seiner Auffassung bestätigt: «Die Indizien waren zu schwach.» Er und sein Kollege hatten Haftbeschwerde eingelegt.

Verdacht der Anschlagsplanung

Die Landespolizei hatte die beiden Verdächtigten am Morgen des 26.09.2008 in einem abflugbereiten Flugzeug festgenommen. Wenig später hatte der Sprecher der Staatsanwaltschaft erklärt, dass sie «in naher Zukunft einen Anschlag geplant» hätten. Aufgrund mehrerer verdächtiger SMS, Telefonate und konspirativer Verhaltensweisen rechneten die Verfassungsschützer das Duo der Islamistenszene zu.

Tatverdacht nach wie vor gegeben

Die Staatsanwaltschaft geht auch nach der Freilassung davon aus, dass «die Beschuldigten weiter im Verdacht stehen, eine erhebliche Straftat - und zwar einen Anschlag - verabredet zu haben».  Nach einer ausführlichen Bewertung sei die «Anfangsbewertung» allerdings zurückgestuft worden, weil es auch «entlastende Faktoren» gebe. Günal wies darauf hin, dass sein Mandant noch kürzlich seinen neuen Semesterbeitrag für das Studium bezahlt habe. Dies deute nicht darauf hin, dass er ein Selbstmordattentat geplant habe.

Nordrhein-westfälischer Landtag will sich mit Zugriff beschäftigen

Der Anti-Terror-Einsatz soll auf Wunsch der Opposition auch den nordrhein-westfälischen Landtag beschäftigen. Landesinnenminister Ingo Wolf  (FDP) soll den umstrittenen Einsatz des LKA vor dem parlamentarischen Kontrollgremium und vor dem Innenausschuss des Landtags erläutern. Auch der Innenausschuss des Bundestags wird sich voraussichtlich mit dem Zugriff befassen. Ein Sprecher des Innenministeriums in Düsseldorf sagte, der Zugriff durch das LKA sei «gerechtfertigt und notwendig» gewesen. «Es ist Aufgabe der Polizei, Gefahren abzuwenden.»

Wichtige geheime Operation verpatzt?

Nach einem Bericht des SPIEGEL vom 04.10.2008 wirft das Bundesinnenministerium dem nordrhein-westfälischen Innenministerium vor, mit der Festnahme eine der wichtigsten geheimen Operationen des Verfassungsschutzes verhindert zu haben. Nun lasse sich nicht mehr herausfinden, ob die beiden tatsächlich in ein Terrorlager nach Pakistan wollten und wie der Zugang dorthin für Westeuropäer organisiert sei. Dazu sagte der Ministeriumssprecher: «Es hat keinerlei Kritik seitens des Bundesinnenministeriums gegeben.» Die beiden Ressorts in Bund und Land arbeiteten nach wie vor gut zusammen.

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