Fall Mollath – wie geht es weiter?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 29.11.2012

ACHTUNG: Wegen der aktuellen Entwicklung ist der ursprüngliche Text nicht mehr ganz aktuell. Am Ende dieses Beitrags (nach unten scrollen!)  finden Sie aber Updates vom 30.11., vom 01.12., vom 06.12., vom 13.12.,  vom 14.12., vom 19.12.2012, vom 07.01.2013, vom 4.2.2013 und vom 20.02.2013

DIE KOMMENTARFUNKTION IST HIER GESCHLOSSEN - Neuer Beitrag mit Kommentarmöglichkeit hier.

 

Nachdem Ministerpräsident Horst Seehofer der bayerischen Justiz eine Prüfung der Unterbringungsvoraussetzungen empfohlen hat und die Staatsanwaltschaft eine entsprechende Anregung (im Rahmen des § 67 e StGB) an das zuständige Gericht angekündigt hat, meinen manche Beobachter und Unterstützer Herrn Mollaths, die Freilassung Herrn Mollaths stehe unmittelbar bevor. Andere meinen, es handele sich dabei nur um "vorgetäuschte Aufklärung". Beides trifft meines Erachtens nicht zu. Die Überprüfung bietet derzeit zumindest eine Chance, dass Herr Mollath freikommt. Eine Wiederaufnahme wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Ich möchte im Folgenden die juristischen Konsequenzen in diesem Stadium versuchen darzustellen. Vorauszuschicken ist, dass ich kein Wahrsager bin und deshalb auch nicht in der Lage, gerichtliche Entscheidungen vorherzusagen. Es geht mir nur darum, die möglichen Entscheidungsoptionen und ihre Voraussetzungen darzustellen.

Die Überprüfung nach § 67e StGB ist keine Wiederaufnahme des Verfahrens (dazu unten), sondern ein Vorgang, der im Gesetz vorgesehen ist – „jederzeit“ kann das Gericht, aus welchem Anlass auch immer, eine Überprüfung der Unterbringungsvoraussetzungen vornehmen und nach § 67d Abs. 6 StGB entscheiden.

Die Überprüfung beinhaltet einerseits psychiatrische Fragen

a) das (weitere) Vorhandensein einer der in § 20 StGB aufgeführten Störungen bzw. Krankheiten,

sowie

b) die (weitere) Gefährlichkeit für die Allgemeinheit durch Wahrscheinlichkeit erheblicher Straftaten, wenn der Patient aus dem Vollzug entlassen wird

andererseits eine juristische Frage:

c) die Verhältnismäßigkeit der (weiteren) Unterbringung in Relation zu den begangenen und zu erwartenden Taten und zum angenommenen Risiko des Rückfalls.

Alle drei Fragen a), b) und c) müssen kumulativ positiv erfüllt sein, also mit JA beantwortet werden. Wenn nur einer der Punkte fehlt, wird man Herrn Mollath freilassen müssen.

Die Beurteilung von a) erfordert ein psychiatrisches Gutachten. Selbst wenn man Diagnose-Fehler der bisherigen Gutachten feststellt - was die Diagnose einer wahnhaften Störung betrifft - resultiert daraus noch nicht, dass gar keine Störung i.S. des § 20 StGB vorliegt. Eine Beurteilung wird prinzipiell eine Exploration des Herrn Mollath notwendig machen, also seine Mitwirkung. Natürlich kann man verstehen, wenn sich jemand, der sich zu Unrecht als psychiatrischer Fall eingestuft sieht, nunmehr einer weiteren Untersuchung misstrauisch gegenüber steht (siehe jetzt hier). Aber um Punkt a) zu beurteilen, wird man Herrn Mollath nicht guten Gewissens raten können, sich nicht untersuchen zu lassen.

Auch die Beurteilung von b) erfordert grds. ein psychiatrisches Gutachten. Nach den Informationen, die mir vorliegen, steht zwar die Gefährlichkeitsprognose im Gutachten aus dem letzten Jahr auf schwachen Füßen. Schon die wahrscheinliche Begehung weiterer Straftaten wird eher mit Vermutungen begründet. Und der Gutachter hat dann in der Verhandlung ohne weitere Gründe anzuführen aus der Wahrscheinlichkeit eine „hohe“ Wahrscheinlichkeit gemacht – angeblich habe er sich in der Formulierung geirrt. Für eine solch hohe Wahrscheinlichkeit hat er aber im schriftlichen Gutachten keine schlüssigen Argumente genannt. Allerdings ist für die Freilassung positiv eine Wahrscheinlichkeit dafür erforderlich, dass der Untergebrachte keine (erheblichen) rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Praktisch wird in der jetzigen Situation die Unterbringung des Herrn Mollath wohl nur beendet, wenn ein psychiatrisches Gutachten die Wahrscheinlichkeit weiterer erheblicher Straftaten verneint.

Schließlich Punkt c): Die Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung (§ 62 StGB) ist eine juristische Frage, die auch ohne Gutachten beantwortet werden kann. Die Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Proportionalität hängt stark mit der Unterbringungsdauer zusammen. Das Gericht kann durchaus zu dem Ergebnis kommen, was noch im letzten Jahr verhältnismäßig gewesen sei, sei es nach einem weiteren Jahr der Unterbringung nicht mehr. Aber auch dies ist eher eine theoretische Option. Praktisch wird das Gericht wohl nur dann zu diesem Ergebnis kommen, wenn das psychiatrische Gutachten signalisiert, dass auch die gegenüberliegende Seite der Proportion, nämlich die angenommene Gefährdung der Allgemeinheit nach neuerer Einschätzung nicht mehr gegeben ist oder nicht mehr so stark ins Gewicht fällt. Zu berücksichtigen ist auch, dass Herr Mollath bei einer Freilassung unter Führungsaufsicht stehen wird.

Weder das Ergebnis eines neuen Gutachtens noch die gerichtliche Entscheidung lässt sich derzeit  vorhersagen, auch nicht, wie schnell eine solche Überprüfung zum Abschluss kommen wird. Allerdings hat die öffentliche Aufmerksamkeit meiner Einschätzung nach immerhin bewirkt, dass man nicht mehr befürchten muss, dass routinemäßig bisherige Entscheidungen bestätigt werden.

 

Herrn Mollaths Interesse, das wird aus seinen Stellungnahmen deutlich, geht wesentlich weiter: Er möchte die Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung, also die Beseitigung des Urteils, aufgrund dessen er untergebracht wurde, erreichen. Das wird auch in aktuellen Kommentaren als Ziel geäußert. Da die Unterbringung auf einem rechtskräftigen Urteil beruht, ist dies nur durch eine Wiederaufnahme gem. §§ 359 ff. StPO möglich. Dazu muss ein Antrag gestellt werden, der formal die Voraussetzungen des § 366 StPO (!) erfüllt und insbesondere ein Wiederaufnahmegrund nach § 359 StPO genannt sein. Ein Wiederaufnahmeverfahren ist alles andere als einfach zu führen. Ob die bisherigen „Zweifel“ am Urteil Wiederaufnahmegründe i. S. des § 359 Nr.1 oder Nr. 5 StPO darstellen, kann ich derzeit nicht abschließend beurteilen.

Eine Überprüfung nach § 67 e StGB und eine Wiederaufnahme nach § 359 StPO sind völlig unabhängig voneinander. Das eine schließt das andere weder ein noch aus.

Der frühere Beitrag zum Fall Mollath inkl. sehr umfangreicher Diskussion in den Kommentaren  findet sich hier.

Ein lesenswerter Blog-Beitrag von Oliver Garcia  im de legibus-blog sei verlinkt. 

Bericht von Conny Neumann  in SPON

 

UPDATE 30.11.2012:

Das kommt wirklich überraschend (SZ). Offenbar soll jetzt sogar auf Anregung von Frau Merk (Justizministerin Bayern) von der Staatsanwaltschaft ein Wiederaufnahmeverfahren beantragt werden. Damit vollzieht die Ministerin eine 180-Grad-Kehre und setzt sich, könnte man fast sagen, an die Spitze der Bewegung zur Freilassung von Herrn Mollath. Das bedeutet für das oben Gesagte: Das Wiederaufnahmeverfahren, das möglicherweise mit jetzt bekannt gewordenen Tatsachen begründet wird, wird wesentlich schneller in die Gänge kommen als ich noch gestern vermutet habe. Wenn das Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich ist, wird (im zweiten Schritt) eine neue Tatsacheninstanz klären müssen, ob Mollath überhaupt die Straftaten begangen hat, die man ihm vorgeworfen hat.  Ohne (erhebliche) Straftat(en) kommt eine Unterbringung ohnehin nicht in Betracht, so dass dafür eine psychiatrische Untersuchung nicht erforderlich wäre.

Weiter zu bedenken: In der Sache Mollath ist derzeit noch ein Beschwerdeverfahren vor dem OLG Bamberg anhängig und eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG. In beiden Verfahren könnte die (einstweilige) Freilassung recht schnell verfügt werden, wenn sich Anhaltspunkte dafür verdichten, dass die Unterbringungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen (bzw. nie vorgelegen haben). Was man nicht vergessen sollte: Herr Mollath hat eine engagierte Verteidigerin, die zwar kaum einmal in der Presse erwähnt wird, aber sicher viel zu dieser Entwicklung beigetragen hat, ohne sich persönlich in den Vordergrund zu spielen (ich weiß nicht, ob ich ihren Namen nennen darf).

 

UPDATE 01.12.2012:

In einer neuen Stellungnahme wendet sich der Bayrische Richterverein gegen Angriffe auf die Justiz, betont deren Unabhängigkeit und fordert eine Rückkehr zur Sachlichkeit. Etwas nachdenklich macht mich eine Passage, wonach "keine Rede davon sein" könne, dass das Verfahren erst durch mediale oder politische Aufmerksamkeit in Bewegung gebracht worden sei. Das ist wohl eine komplett andere Realitätswahrnehmung als die meisten Menschen in Bayern haben. Nach meiner Einschätzung wären die jährlichen Überprüfungen der Unterbringungsvoraussetzungen bei Herrn Mollath noch einige Jahre routinemäßig behandelt worden, wenn der Fall nicht in der Öffentlichkeit diskutiert worden wäre. Die Augen vor der Realität  zu verschließen, zugleich aber eine Rückkehr zur Sachlichkeit zu fordern, erscheint mir - diplomatisch ausgedrückt -  ein etwas ungeschickter Versuch, Vertrauen in die Justiz zurückzugewinnen.

 

Eine äußerst lesenswerte, gehaltvolle und sehr plausible Analyse des Falls Mollath hat Gabriele Wolff verfasst - hier verlinkt

 

UPDATE 06.12.2012:

Ein neuer Beitrag, den ich auf LTO veröffentlicht habe, befasst sich mit den Chancen der Wiederaufnahme und mit der Revisisonsentscheidung des BGH. Allgemeiner zur Kritik der BGH-Revisionsentscheidungspraxis v.a. des 1. Senats vgl. Gisela Friedrichsen auf LTO und den Beitrag des Kollegen  v. Heintschel-Heinegg hier im Beck-Blog.

 

UPDATE 13.12.2012:

Beate Lakotta hat auf Spiegel Online "Zweifel an der Opferrolle" Mollaths zusammengestellt. Nach ihren Recherchen ist jedenfalls an der von einigen nach der Stern-Reportage aufgestellten These, das ärztliche Attest sei inhaltlich falsch oder gefälscht, nichts dran. Auch die Angaben Mollaths zur Schwarzgeldaffäre seien nicht belastbar - die angekündigten Belege habe er nie vorgelegt. Die psychiatrischen Gutachten seien zudem nachvollziehbar, da Mollath  merkwürdiges Verhalten gezeigt habe und insbesondere seine schriftlichen Äußerungen für eine wahnhafte Störung sprächen.

In der Wirklichkeit gibt es in der Regel nicht nur schwarz/weiß, sondern viel grau. Die Rechercheergebnisse von Lakotta im Spiegel und im Artikel in der heutigen "Zeit" (noch nicht online) überraschen mich daher nicht. Sie zeigen auf, dass Herr Mollath durchaus auch Symptome der ihm attestierten wahnhaften Störung aufgewiesen hat. Wer kein Psychiater ist und Herrn Mollath nicht kennt (wie ich z.B.) muss sehr vorsichtig sein mit eigenen Diagnosen (egal in welcher Richtung). Ich meine auch, diese Vorsicht gewahrt zu haben: Nur weil ein Gutachten in einigen Punkten nicht überzeugt, muss das Ergebnis nicht falsch sein. Und ein Komplott der Psychiatrie gegen Herrn Mollath gibt es sicher nicht. Aber selbst wenn eine wahnhafte Störung richtig diagnostiziert wurde, ist noch zu beachten:. § 63 StGB  setzt (anders als § 20 StGB, dort gilt in dubio pro reo) den Nachweis voraus, dass die diagnostizierte Störung auch schon bei der Tat vorhanden war und diese mitbestimmt hat. Die dafür gegebene Begründung im ersten Gutachten (immerhin musste der Gutachter fast vier Jahre zurückblicken)  ist äußerst dünn. Das Gutachten Pfäfflin baut darauf auf, da er die rechtskräftige Entscheidung als Grundlage annimmt, also die Körperverletzung als gegeben und eben als "wahnhaft" unterstellt. Das ist dann Basis für die Gefährlichkeitsprognose, die fast immer (so auch hier) im Kern auf der vergangenen festgestellten Tat beruht.

Wenn sich nun herausstellt, das Attest stamme eigentlich vom Sohn der Ärztin (ebenfalls Arzt), nicht von ihr, dann spricht das gegen ein inhaltlich falsches Attest, aber ist ein weiteres  Symptom für die Schlampigkeit der Aufklärung im Gerichtssaal, denn im Urteil heißt es: "Attest von Dr. Madeleine Reichel..." Die Verlesung erfolgte nach § 256 Abs.1 Nr.2 StPO. Hier hat möglicherweise auch die Verteidigung "geschlafen", wenn sie nicht beantragt hat, die (angebliche) Ausstellerin der Urkunde persönlich zu laden, oder wenigstens für die Revision wie Lakotta zu recherchieren, welcher Arzt eigentlich das Attest in Person unterschrieben/ausgestellt hat.

Auch wenn die Schwarzgeldvorwürfe sich im Kern als richtig herausstellen, bedeutet das nicht, dass Herr Mollath keinen Wahn hat - das habe ich in meinen Beiträgen verschiedentlich betont. Dennoch hätte man den Wahrheitsgehalt dieser Vorwürfe prüfen müssen, allein schon, um die Glaubhaftigkeit der Aussage der Ehefrau beurteilen zu können. Wären die Vorwürfe Mollaths damals bestätigt worden, hätte sicher auch nicht im Urteil gestanden, die Schwarzgeldaffäre sei "fixe Idee" und per se wahnhaft. Man hätte also das wahnhafte Erleben Herrn Mollaths genauer einordnen können, wenn sich der Kernvorwurf gegen seine Frau als zutreffend herausgestellt hätte.

 

UPDATE 14.12.2012

Drei Journalistinnen zeichnen verantwortlich für den längeren Artikel in der ZEIT, der diese Woche erschien. Insgesamt bemüht sich der Artikel darum, eine andere Perspektive der Geschichte in den Fokus zu rücken. Das wirkt gut im Gegensatz zu vielen anderen Presseberichten, die bisher etwas einseitig die Perspektive Mollaths betont haben. Und es ist grundsätzlich  richtig, sich eine Angelegneheit von verschiedenen Seiten anzuschauen, um die ganze Wahrheit zu erfahren. Die letzte Passage dieses Artikels ist allerdings so gehässig, dass ich geradezu abgestoßen bin von der Unmenschlichkeit, die aus diesem Absatz spricht:

"Florian Streibl von den Freien Wählern hat den Hamburger Rechstanwalt Strate akquiriert. Der hat Gustl Mollath in der Psychiatrie besucht, drei Vollmachten hatte er dabei - Mollath hat nicht unterschrieben. Dabei hätte Strate nicht einmal Geld verlangt. Will Mollath etwa gar keine Wiederaufnahme? hat er sich in der Rolle des Märtyrers eingerichtet?"

Herr Mollath, der eine Verteidigerin hat, hat also nicht sofort unterschrieben, als sich ihm ein Rechtsanwalt vorstellt und anbietet, seine Verteidigung im Wiederaufnahmeverfahren zu übernehmen. Sich dies gut zu überlegen ist genau das Richtige. Jeder Mensch in der Situation Mollaths sollte sich einen solchen Schritt - einen weiteren Verteidiger zu beauftragen -  gut überlegen. Herr Mollath kennt Herrn Strate ja bis dahin nicht persönlich und daher kennt er ihn auch nicht als Kapazität auf dem Gebiet der Wiederaufnahmeverfahren. Herr Mollath hat auch nicht wie wir hier draußen die Möglichkeit, Informationen über RA Strate im Internet  einzuholen. Er weiß aber, dass Herr Strate von den Freien Wählern, einer politischen Partei, beauftragt (und bezahlt?) wird, die in Opposition zur CSU steht und deren - jedenfalls medial verbreitetes - Hauptziel es ist, die CSU-Regierung bei der nächsten Wahl abzulösen.  Er muss also auch überlegen, ob die Interessen der Freien Wähler 100% mit seinen übereinstimmen. Andererseits ist es ein generöses Angebot, von einem der besten Strafverteidiger vertreten zu werden. Ich kann mir nicht vorstellen, das RA Strate, der als integer und seriös bekannt ist, seinem (beabsichtigt) künftigen Mandanten nicht schon von sich aus eine Bedenkzeit eingeräumt hat.

Wenn nun die drei Journalistinnen Herrn Mollath  zum Vorwurf machen, er habe die Vollmachten nicht sofort unterschrieben, dann scheint es mir, als habe  ihr Artikel am Ende doch das Ziel, Mollath auf eine perfide Art in ein schlechtes Licht zu rücken. Das schadet aus meiner Sicht der Reputation dieser drei Journalistinnen mehr als derjenigen Mollaths - und es wirft in der Rückschau auch ein schlechtes Licht auf den ganzen Artikel.
Ergänzung: Nach der Stellungnahme von Mollath und RA Strate in der SZ ist der letzte Absatz des ZEIT-Artikels "Unsinn".

Weitere Ergänzung (26.12.): Ursula Prem hat RA Strate zu dieser Passage des ZEIT-Artikels befragt. Hier seine Antwort:

»Der Hinweis von Frau Rückert [Anm.: Sabine Rückert, Journalistin und Mitglied der ZEIT-Chefredaktion] auf die nicht unterschriebenen Vollmachten ist besonders deshalb anstößig, weil sie mir in dem mit ihr fünf Tage vor der Veröffentlichung in der ZEIT geführten persönlichen Gespräch zugesagt hatte, alle Zitate durch mich autorisieren zu lassen. Indem sie mich nicht als Quelle zitierte, schien sie sich offenbar der Verpflichtung zur Autorisierung enthoben zu fühlen. Ich hatte ihr lediglich deshalb von den Vollmachten erzählt, weil die Reaktion von Mollath, vor Unterzeichnung der Vollmachten zunächst noch mit der für ihn bisher tätigen Rechtsanwältin Rücksprache nehmen zu wollen, gerade ein Ausweis überlegten und auch moralisch gebundenen Handelns war. Ich bekomme im Jahr mindesten fünfzig/sechzig Briefe von tatsächlich oder angeblich Unschuldigen aus Deutschlands Knästen und geschlossenen Anstalten, von denen in vergleichbarer Situation bestimmt jeder sofort unterschrieben hätte. Gerade dass Mollath dies nicht sofort getan hat, zeichnete ihn für mich aus.« (Quelle: newsandbuy.de)

Meine Kritik an dem ZEIT-Artikel und der journalistischen Tätigeit von Frau Rückert erscheint mir vor diesem Hintergrund noch als milde.

 

UPDATE 19.12.2012

In noch einem weiteren Artikel in den Nürnberger Nachrichten (das ist dieselbe Zeitung, in der die Recherchen von  Michael Kasperowitsch  veröffentlicht wurden, die den Fall Mollath "ins Rollen" brachten) wird ein Gegenstandpunkt zum Fall eingenommen. Ausgangspunkt ist die Frage, inwieweit Psychiater durch die Öffentlichkeit in Anspruch genommen werden, wenn sie (vermeintliche) Fehler machen. Dabei wird der Fall Mollath in eine Vergleichsbeziehung zu einem nach psychiatrischen Gutachten entlassenen und dann rückfällig gewordenen Sexualstraftäter gebracht. Die Öffentlichkeit, so der Tenor des Artikels,  habe damals die Psychiater beschimpft, als der Entlassene rückfällig geworden sei. Nun aber würde die Öffentlichkeit im Fall Mollath quasi das Gegenteil beanspruchen, nämlich die Freilassung eines psychiatrisch als "gefährlich" eingeschätzten Untergebrachten.

Im Fall Bernhard S. wurden, etwa in der Überwachung, Fehler gemacht, Gustl Mollath wird derzeit als mutmaßliches Justizopfer gehandelt. Beide Fälle zeigen, dass wir, die sogenannte Gesellschaft, Prognosen verlangen, die an Hokospokus grenzen. Denn Hand aufs Herz: Wer von uns weiß, ob die eigenen Kinder die laufende Schulklasse bewältigen, zu Ladendieben werden oder wie lange es noch den Euro gibt? Und natürlich gehört die Kristallkugel nicht zum Handwerkszeug des Wissenschaftlers.

Richtig ist daran, dass psychiatrische Gutachten mit Gefährlichkeitsprognosen, selbst wenn sie fachlich und sachlich korrekt sind, immer nur eine Wahrscheinlichkeit für künftiges Verhalten prognostizieren können. Dass die Zukunft tatsächlich wie die unwahrscheinlichere Variante verlaufen kann, liegt in der Natur einer Vorhersage menschlichen Verhaltens. Aber der Vergleich des Falls Mollath mit dem genannten "Serienvergewaltiger Bernhard S." hinkt an anderen Stellen gewaltig, namentlich nicht nur hinsichtlich der Schwere der Taten, die Mollath vorgeworfen wurden, sondern auch hinsichtlich der konkreten Kritik, die an einzelnen psychiatrischen Gutachten im Fall Mollath geübt wird.

Noch ein anderer Aspekt aus dem Artikel stößt unangenehm auf. Unterstellt die Darstellung der Journalisten trifft zu, dann hat der damalige Pflichtverteidiger Mollaths gegenüber Journalisten Auskunft gegeben über Interna der Mandatsbeziehung und hat damit bewusst zum Nachteil seines damaligen Mandanten Mollath Stellung genommen. Das ist das Gegenteil dessen, wofür "Verteidigung" steht und dies kann einen schweren Pflichtverstoß als Strafverteidiger darstellen. Dass er von den Nürnberger Nachrichten falsch zitiert wurde, liegt nicht nahe, denn es sind bereits ausführlichere Angaben von ihm in der Nürnberger Zeitung publiziert, die bislang nicht dementiert wurden.

 

UPDATE 07.01.2013

Die Strafanzeige von RA Strate vom heutigen Tage hat möglicherweise zweierlei Bedeutung.

Zum einen erscheint sie insofern wichtig, als die Öffentlichkeit sich mit einem weiteren Aspekt der Mollath-Sache befasst, aus dem sich ergibt, dass man - seitens Justiz und Psychiatrie - damals (wie heute) offenbar keine Skrupel kannte bzw. kennt, Herrn Mollath entgegen anerkannten rechtlichen Maßstäben zu inhaftieren. Zu den Tatsachen, die Strate jetzt noch einmal in einem 50seitigen Schriftsatz aufbereitet zur Anzeige gebracht hat,  lag schon letztes Jahr seitens der Verteidigerin Mollaths eine Strafanzeige vor - nur damals hatte der Fall noch nicht eine solche Aufmerksamkeit erlangt, dass sich Öffentlichkeit und insbesondere die Staatsanwälte hinreichend dafür interessierten. Deshalb ist es gut, dass die Sache nun mit Verve noch einmal präsentiert wird, denn sie hat nun wesentlich mehr Chancen auf Beachtung. Die Akte Mollath hält im Übrigen noch einige "Knaller" von ähnlichem Gewicht vor. Die Strafanzeige selbst ist jedoch weder ein Wiederaufnahmegrund, noch bringt sie die Freilassung Mollaths aus der jetzigen Unterbringung unmittelbar voran - es geht schließlich um die Unterbringung zur Beobachtung im Ermittlungsverfahren, also vor der Hauptverhandlung. Die jetzige Unterbringung beruht jedoch auf einem rechtskräftigen Urteil, das durch diese Strafanzeige nicht beseitigt werden kann.

Die Strafanzeige wirft aber das Licht auf einen möglichen Wiederaufnahmegrund, der bisher nicht im Brennpunkt der Diskussion stand, nämlich dass die Tatsachengrundlagen für das entscheidende psychiatrische Gutachten  möglicherweise mittels  verbotener Vernehmungsmethoden - Strate erwähnt ausdrücklich § 136 a StPO (S.41) - erhoben wurden. 

 

UPDATE 04.02.2013

Wie Spiegel Online berichtet, hat es die zuständige Strafvollstreckungskammer den Antrag der StA abgelehnt, ein neues Gutachten einzuholen, nachdem Herr Mollath eine Begutachtung abgelehnt hat. Das Gericht sah es wohl als wenig sinnvoll an, ein psychiatrisches Gutachten ohne Mitwirkung Mollaths zu erstellen.

Dennoch kann (und müsste)  die StVK auch eine Entscheidung darüber treffen, ob Herr Mollath nach fast sieben Jahren Unterbringung  freizulassen ist.

Die Frage der (Un)verhältnismäßigkeit ist eine rein juristisch zu beantwortende, die vom Gericht jederzeit getroffen werden kann - und muss. Ich habe im November, als mein obiger Beitrag entstand, gleichwohl noch angenommen, dass die StVK mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine solche Entscheidung, obwohl sie m. E. rechtlich klar zu beantworten ist (vgl. die beiden jüngsten BVerfG-Entscheidungen zur Maßregel der Unterbringung), nicht ohne Gutachten fällen werde. Aber seither ist eine Menge passiert. Ich wundere mich inzwischen wirklich, warum Herr Mollath nicht längst in die Freiheit entlassen wird (mit entsprechender Vorbereitung auf die Freiheit nach 7 Jahren), denn mit jedem Tag wird das mögliche Unrecht größer.

Außerdem: Wenn eine Wiederaufnahme ergibt, dass von Anfang an die Unterbringungsvoraussetzungen nicht gegeben waren, ist Herr Mollath zu entlassen - auch ohne neues Gutachten. Denn einige der Unterbringungsvoraussetzungen beinhalten wiederum Fragen, die nicht ein Gutachter, sondern nur ein Gericht beantworten kann, z.B. die Frage, ob die ihm vorgeworfenene Straftaten tatsächlich von ihm begangen wurden.  Auch ein erfolgreiches WA-Verfahren erschien mir noch Ende November relativ fern liegend. Derzeit sehe ich aufgrund vieler neuer Informationen das WA-Verfahren als möglicherweise erfolgsträchtig an.

UPDATE vom 20.02.2013
RA Strate hat nun einen Wiederaufnahmeantrag gestellt und auf seiner Website veröffentlicht, hier. Kern des Wiederaufnahmegesuchs sind diverse Rechtsbeugungsvorwürfe gegen den damaligen Vors. Richter am LG, Brixner. Eine Presseerklärung von RA Strate findet sich ebenfalls auf seiner Website, hier.

Die möglichen  Rechtsfolgen eines Wiederaufnahmeantrags ergeben sich aus der Strafprozessordnung:

 

§ 368

(1) Ist der Antrag nicht in der vorgeschriebenen Form angebracht oder ist darin kein gesetzlicher Grund der Wiederaufnahme geltend gemacht oder kein geeignetes Beweismittel angeführt, so ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen.

(2) Andernfalls ist er dem Gegner des Antragstellers unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung zuzustellen.

§ 369

(1) Wird der Antrag für zulässig befunden, so beauftragt das Gericht mit der Aufnahme der angetretenen Beweise, soweit dies erforderlich ist, einen Richter.

(2) Dem Ermessen des Gerichts bleibt es überlassen, ob die Zeugen und Sachverständigen eidlich vernommen werden sollen.

(3) Bei der Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen und bei der Einnahme eines richterlichen Augenscheins ist der Staatsanwaltschaft, dem Angeklagten und dem Verteidiger die Anwesenheit zu gestatten. § 168c Abs. 3, § 224 Abs. 1 und § 225 gelten entsprechend. Befindet sich der Angeklagte nicht auf freiem Fuß, so hat er keinen Anspruch auf Anwesenheit, wenn der Termin nicht an der Gerichtsstelle des Ortes abgehalten wird, wo er sich in Haft befindet, und seine Mitwirkung der mit der Beweiserhebung bezweckten Klärung nicht dienlich ist.

(4) Nach Schluß der Beweisaufnahme sind die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte unter Bestimmung einer Frist zu weiterer Erklärung aufzufordern.

 

§ 370

(1) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird ohne mündliche Verhandlung als unbegründet verworfen, wenn die darin aufgestellten Behauptungen keine genügende Bestätigung gefunden haben oder wenn in den Fällen des § 359 Nr. 1 und 2 oder des § 362 Nr. 1 und 2 nach Lage der Sache die Annahme ausgeschlossen ist, daß die in diesen Vorschriften bezeichnete Handlung auf die Entscheidung Einfluß gehabt hat.

(2) Andernfalls ordnet das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an.

 

§ 371

(1) Ist der Verurteilte bereits verstorben, so hat ohne Erneuerung der Hauptverhandlung das Gericht nach Aufnahme des etwa noch erforderlichen Beweises entweder auf Freisprechung zu erkennen oder den Antrag auf Wiederaufnahme abzulehnen.

(2) Auch in anderen Fällen kann das Gericht, bei öffentlichen Klagen jedoch nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft, den Verurteilten sofort freisprechen, wenn dazu genügende Beweise bereits vorliegen.

(3) Mit der Freisprechung ist die Aufhebung des früheren Urteils zu verbinden. War lediglich auf eine Maßregel der Besserung und Sicherung erkannt, so tritt an die Stelle der Freisprechung die Aufhebung des früheren Urteils.

(4) Die Aufhebung ist auf Verlangen des Antragstellers im Bundesanzeiger bekannt zu machen und kann nach dem Ermessen des Gerichts auch auf andere geeignete Weise veröffentlicht werden.

 

Das Spektrum reicht also von Unzulässigkeit des Antrags bis hin zur Neuauflage der Hauptverhandlung mit anschließendem Freispruch. Interessant ist das  "dazwischen liegende" Ergebnis nach § 371 Abs.2 und Abs.3 S.2. Danach kann das Gericht auch im Beschlusswege (also ohne neue Hauptverhandlung) dazu kommen, das frühere Urteil aufzuheben.

 

Ich bereite einen neuen Beitrag zum Fall vor.

DISKUSSION WOANDERS

Zu den Artikeln auf SPON und in der ZEIT vgl.  auch delegibus-Blog, zudem eine sehr eingehende Analyse auf dem Blog humana conditio

Beate Lakotta verteidigte ihren SPON-Artikel gegen die Kritik von Oliver Garcia und Thomas Stadler im SpiegelBlog. Dazu erfolgte eine Gegenrede von Oliver Garcia (hier), von Thomas Stadler (hier) und von Sascha Pommrenke (hier)

Ein neueres Interview mit Frau JuMin Merk findet sich auf telepolis

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890 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller

 

Könnte es nicht aus irgendeinem Grund sein, dass Herr Mollath zum momentanen Zeitpunkt gar nicht entlassen werden will?

Sein Ziel war ja immer das Wiederaufnahmeverfahren und er misstraut den Behörden, dass es nicht weiter geht, sobald er mal entlassen ist.

Einen Freispruch hat er ja schon deswegen in der Tasche. Aber eben einen Freispruch 2. Klasse. Er will aber einen Freispruch 1. Klasse

Wenn nun die Staatsanwaltschaft argumentiert, dass es keinen Unterschied macht ob Freispruch 2. Klasse oder Freispruch 1. Klasse, braucht sie das Wiederaufnahmeverfahren ja gar nicht weiter verfolgen.

Es ist reine Spekulation von mir aus der Ferne. Aber ebenso mit Mißtrauen ausgestattet, wie Herr Mollath.

Robert Stegmann

4

Freispruch letzter Klasse

Sehr geehrter Herr Stegmann,

Robert Stegmann schrieb:

Einen Freispruch hat er ja schon deswegen in der Tasche. Aber eben einen Freispruch 2. Klasse. Er will aber einen Freispruch 1. Klasse

Sehr geehrter Herr Stegmann,

ich verstehe Ihren „Freispruch 2. Klasse“ nicht. 2. Klasse war für mich bislang immer „aus Mangel an Beweisen“ im Gegensatz zu erwiesener Unschuld. Ein Freispruch wegen Schuldunfähigkeit scheint mir besser charakterisierbar als „Freispruch letzter Klasse“, weil man mit unabsehbaren Folgen im dunklen Ort des Rechts, der forensischen Psychiatrie verschwindet. Was dort geschieht, hat mit Rechtsstaat oft nicht das Geringste zu tun. Es ist nicht selten ein Rechtsstaatsspiel von zynischen Rechtsbrechern oder gedankenlosen Bürokraten und Apparatschiks. Wenn Sie sich den Fall Franz Xaver Einhell ansehen, der nunmehr seit 18 Jahren wegen Exhibitionismus in dunklen Orten der Psychiatrie Bayerns verschwunden ist – bis ihn die SZ verdienstvoll am 14.12.12 unter dem Titel "Der nackte Wahnsinn" erschütternd auspackte – so werden Sie feststellen, dass viele forensische PsychiaterInnen nicht nur nicht gutachten können, schon weil ihnen das grundlegende Wissenschaftsverständnis fehlt, sie können oder wollen auch nicht richtig behandeln. Als praktisches „Rechtsstaatsprinzip“ könnte sich vielfach erweisen: wer in der Psychiatrie ist und keine „Lobby“ hat,  der ist schlicht und einfach verratzt. Menschenwürde? Recht? Humanität? Medizinische Kunst? Hier werden noch in großer Anzahl erschütternde und kaum glaubliche Fakten auf den Tisch kommen, wenn erstmal der Bereich „Pflege“ in den Fokus rückt.

Sehr geehrter Herr Stegmann,

mit Freisprüchen verschiedener Klassen (die es rechtlich gar nicht gibt) hat dies nichts zu tun, zumal Herr Mollath ja schon (aufgrund Schuldunfähigkeit) freigesprochen ist.

In meinem Eingangsbeitrag habe ich ja schon ausgeführt, dass es offenbar Herrn Mollaths (auch nachvollziehbares) Hauptinteresse ist, durch eine Wiederaufnahme möglichst weitgehend rehabilitiert zu werden. Ein Wiederaufnahmeverfahren wäre etwa dann erfolgreich, wenn jetzt anerkannt wird, dass schon damals die Voraussetzungen einer Unterbringung (§ 63 StGB) nicht vorlagen - zu diesen Voraussetzungen gehört auch die Begehung der damals festgestellten (nicht schuldhaften) Straftaten. Kommt man z.B. nun zum Ergebnis, diese seien gar nicht (oder nicht von Herrn Mollath) begangen worden, wäre die damalige rechtskräftige Entscheidung aufzuheben. Aber auch wenn das Gericht zum Ergebnis kommt, eine andere Voraussetzung des § 63 StGB hätte nicht vorgelegen  (z.B. die psychische Störung zum Zeitpunkt der Straftatbegehung oder die Gefährlichkeit), müsste die Entscheidung aufgehoben werden. Ob überhaupt und welchen der jetzt diskutierten Wiederaufnahmegründe das Gericht als zulässig und erheblich ansieht, kann derzeit kaum prognostiziert werden, schon gar nicht ohne die Akten intensiv studiert zu haben: Das braucht ein bisschen Zeit; ein WA-Verfahren ist keine einfache Sache.

Eine Entlassung aus der Unterbringung kann - ganz unabhängig davon - jederzeit nach § 67 d StGB gerichtlich verfügt werden. Dies wäre aber überhaupt kein "Freispruch", sondern ließe die rechtskräftige Unterbringungsentscheidung unberührt. Eine jetzige Freilassung aufgrund dieser Norm bedeutet ja nur, dass "ab jetzt" die Unterbringung nicht mehr als berechtigt angesehen wird. Über die Berechtigung der bisherigen Unterbringung von fast sieben Jahren sagt dies nichts aus. Deshalb kann ich auch verstehen, dass die bloße Freilassung aus Sicht  Herrn Mollaths nicht ausreicht. Auch wenn Herr Mollath demnächst entlassen werden sollte, wird er die Wiederaufnahme weiter betreiben können. Dasselbe gilt für die StA Regensburg, die ja vom Ministerium damit beauftrgat wurde, eine Wiederaufnahme zugunsten Herrn Mollaths anzustreben.

Jenseits dieser rechtlichen Überlegungen gibt es natürlich auch taktische/strategische, die man Herrn Mollaths Verteidigern überlassen sollte.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Prof. Mueller,

Richter und Staatsanwälte in Bayern "erfahren langsam, was ihre Kollegen da angerichtet haben ". ist das Ihr Ernst?

Verzeihung, aber ich glaube die meisten Richter und Staatsanwälte wissen Bescheid über den Umgang mit Leuten wie Herrn Mollath vor bayerischen Amts- und Landgerichten.

Die Bayerische Praxis ist auch über Landesgrenzen hinweg mittlerweile hinlänglich bekannt.

Ist es für Vortäuschen von Naivität nicht etwas zu spät?

Es weiß auch 'jeder' Bescheid darüber, mit welchen "Qualitäten" man in Bayerns Justiz in Führungspositionen kommt!

Ausnahmen bestätigen die Regel.

Mit besten Grüßen,
M.Deeg

5

 

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller,

das strategische Hauptinteresse eines Weggesperrten

wie Mollath ist naturgemäß in erster Linie die unverzügliche Freilassung.

Weil ein Mensch in Freiheit am besten und einfachsten

die weiteren Rehabilitation-Verfahren-Strategien

organisieren kann.

Man nennt das Salamitaktik.

Mit der vernünftiger Weise das Pferd am schnellsten von vorne

- über die Unterbringungs-Schiene -

und nicht von hinten über die unendlich lange

Wiederaufnahme-Verfahrens-Schiene gesattelt wird.

 

Die Justiz-Achilles-Ferse ist das zeitlich längst überzogene Unterbringungsverfahren mit den

fantastisch-spekulativ überzogenen "Gutachten",

mit denen ins Blaue hinein ohne jede Indizien-

Grundlage eine Allgemeingefahr fortgeschrieben

wurde.

Das läuft schon auf einen psychiatrischen

Allgemeingefahr-Wahn hinaus mit paranoiden

Angst-Komponenten vor Mollath.  

 

Auf dieser Achilles-Ferse ist herumzureiten,

in der ist herumzubohren.

 

Darüber geht der kürzeste Weg nach Rom.  

 

Angesichts der anhängigen Verfassungsbeschwerde

- bezüglich deren Erfolgsaussichten auch die

Unterbringungs-Gerichtsbarkeit im Dunkeln tappen muss -

muss bei der Gerichtsbarkeit das Angst-Potential

groß sein, dass das BVerfG ihm in die trübe Suppe

der fantastischen Allgemein-Gefahr und Verhältnis-

Mäßigkeit spuckt.  

Eine Zurechtweisung durch das BVerfG ginge

dem Unterbringungsgericht und dessen

"Gutachter" hochnotpeinlich unter die Haut.

 

Und träfe das deutsche Psychiatrierungs-System

empfindlich in den Kopf.

 

Da liegt es für noch strategisch, ichbezogen  und

vernünftig denkende Unterbringungs-Richterschaften nahe, dem BVerfG zuvor zu kommen und Mollath lieber

selbst freizusetzen.

 

Statt in spekulativer Zocker-Manier auf eine für Mollath

negative VerfG-Entscheidung zu setzen.

Geht die Spekulation in die Hose, ist der Ruf der Unterbringungs-Gerichtsbarkeit und deren Akteure total ruiniert.

Das Gesichts- und Kompetenz-Verlust-Risiko dieser Gerichtsbarkeit ist immens.

 

Den Kopf aus der Schlinge zu ziehen ist simpel

mit einem halbseitigen Gerichtsbeschluss mit

2-Satz-Begründung :

Der Unterbringung wird aufgehoben.

Weil durch den Zeitablauf eine Allgemeingefährdung

nach Dafürhalten des Gerichts nunmehr entfallen ist und die Verhältnismäßigkeit eines weiteren Freiheitsentzuges im Hinblick auf die Taten vor 10 Jahren nicht mehr gewahrt wäre.  

 

So "suggeriert" man  nicht nur anwaltlich

der Gerichtsbarkeit im Zugzwang aufgrund

Öffentlichkeits-Empörung nahe liegende vernünftige

Entscheidungs-Alternativen :

Über diese Goldene Brücke müsst ihr gehen.

 

Um dem Risiko zu entgehen,  vom VerfG zu

begossenen Pudeln zu Recht getrimmt zu werden.

 

Der Nebenkriegsschauplatz des Wiederaufnahme-

Verfahrens tut dem damals brüllend agierenden Richter nicht mehr weh.

Der hat sein Pensions-Schäfchen so oder so

im Trockenen.  

Aber es tut der Justiz weh, wenn es dessen

alte trübe Suppe wieder aufkochen und auslöffeln muss.

 

Da liegt es nahe, das Justiz-Wehleid auf RA Strate

abzuschieben mit einer abwimmelnden formal-

juristischen paragraphen-technokratischen Prozess-Ökonomie- und "Rechtssicherheits"-Phraseologie-Entscheidung.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Querulant

@klabauter

Richtig, die Staatsanwaltschaft kann nach § 154 StPO eingestellte Verfahren jederzeit wieder aufnehmen. Aber: Die Staatsanwaltschaft stellt ein, dann wird wieder aufgenommen und genau mit der Sache die Allgemeingefährlichkeit begründet. Es ist doch nur eine Sachbeschädigung, wenn auch in mehreren Fällen, die vorgeworfen wird. Und wenn die Sachbeschädigung schon so gefährlich ist, warum wurde kein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr daraus gemacht?

Die Körperverletzung und die Freiheitsberaubung konnten keine Allgemeingefährlichkeit begründen, die Ehe war geschieden, alles vorbei. Deshalb musste die Sachbeschädigung her, siehe Punkt 60 der Chronologie.

 

5

@Holger:
Die Sachbeschädigungsfälle lagen dem Gutachter Leipziger laut Chrono Nr. 61 schon im Juni vor, laut Chronologie Nr. 63 datiert das Gutachten vom 25.7.05, am 4.8. bereits Antrag der StA auf Abgabe an das LG Nürnberg-Fürth (weil Unterbringung nach § 63 StGB im Raum steht, sonst ergibt ein solcher Antrag keinen Sinn).

 D.h. vielleicht wurden die Sachbeschädigungsfälle deshalb (teilweise) wieder aufgenommen und angeklagt, um die Unterbringung auf eine breitere Basis zu stellen, bekannt waren die Fälle aber bereits vorher im Rahmen des Gutachtens.

5

Am 10.1. äußerte sich Herr Beckstein in Quer im Sender vom BR so.

Ein Wiederaufnahmeverfahren des Falls Mollath hält er rechtsstaatlich für problematisch.

 

 

 

5

Freiheit schrieb:
Am 10.1. äußerte sich Herr Beckstein in Quer im Sender vom BR so.

Ein Wiederaufnahmeverfahren des Falls Mollath hält er rechtsstaatlich für problematisch.

Das ist grob verfälschend. Beckstein sagte:

"Es ist eine der ganz großen Besonderheiten, dass im Fall Mollath die Justizministerin zum Wiederaufnahmeverfahren angewiesen hat. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich das für rechtsstaatlich problematisch halte."

http://blog.br.de/quer/der-fall-peggy-droht-ein-neuer-justizskandal-09012013.html - ab 4:56

Er meinte also nicht das Wiederaufnahmeverfahren an sich, sondern die Anweisung der Justizministerin.

Mein Name schrieb:

Freiheit schrieb:
Am 10.1. äußerte sich Herr Beckstein in Quer im Sender vom BR so.

Ein Wiederaufnahmeverfahren des Falls Mollath hält er rechtsstaatlich für problematisch.

Das ist grob verfälschend. Beckstein sagte:

"Es ist eine der ganz großen Besonderheiten, dass im Fall Mollath die Justizministerin zum Wiederaufnahmeverfahren angewiesen hat. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich das für rechtsstaatlich problematisch halte."

http://blog.br.de/quer/der-fall-peggy-droht-ein-neuer-justizskandal-09012013.html - ab 4:56

Er meinte also nicht das Wiederaufnahmeverfahren an sich, sondern die Anweisung der Justizministerin.

 

Also wegsehen und wie gewohnt immer Alles den unabhaengigen Richtern ueberlassen? 

Wozu braucht man dann ueberhaupt ein Justizministerium?!

 

Im Zweifel fuer den Angeklagten - es ist eine unfassbar harte Strafe und Leute wie Beckstein

koennen sich offenbar nicht empathisch in die Situation eines Herrn Mollath hinein versetzen.

Chris Wagner schrieb:

Im Zweifel fuer den Angeklagten

Och das gilt in Bayern schon längst nicht mehr. Zuerst wegsperren und dann fragen, wenn es einer breiten und protestierenden Öffentlichkeit bekannt wird. Was tunlichst zu vermeiden ist.

 

Die Staatsanwaltschaft Augsburg wird jetzt sicher alles und den § 160 Abs. 2 StPO gründlichst anwenden.

 

Bei allen anderen Gelegenheiten ist dieser § nur ein lästiges Übel. Da muss dem Beschuldigten die Schuld nicht mehr nachgewiesen werden. Nein, er muss beweisen, dass er unschuldig ist. Wobei die Beweisermittlung auch mit gerichtlich bestellten Gutachtern erfolgt, und das Gericht seine Fragen schon so formuliert, dass nur eine Verurteilung in Frage kommt.

 

Robert Stegmann

 

 

 

 

5

In der Sendung Quer des BR am 10.1. äußerte sich Herr Beckstein folgendermaßen:

Herr Beckstein hält ein Wiederaufnahmeverfahren des Falls Mollath für problematisch.

 

3

@Joachim Bode

 

Soviel ich das verstanden habe, hat die Justizministerin nur angeordnet, dass die Staatsanwaltschaft Regensburg die Möglichkeit eines Antrages auf ein  Wiederaufnahmeverfahrens prüft.

Sie hat nicht gesagt, dass ein Wiedraufnahmeverfahren zwingend erforderlich ist.

Die Zulassung eines Wiederaufnahmeverfahrens bleibt wieder den Gerichten überlassen, aufgrund des Antrages der Staatsanwaltschaft. Hier darf sich die Justizministerin (offiziell) auch gar nicht einmischen.

Robert Stegmann

5

Weshalb gibt es keine Instanz, die gerichtliche Entscheidungen überprüft, wenn Zweifel aufkommen ?

Müsste hier nicht der Gesetzgeber nachbessern und eine Art Qualitätssicherung einführen ?

Alle Menschen, auch Richter, machen irgendwann  Fehler. 

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Gast schrieb:

Weshalb gibt es keine Instanz, die gerichtliche Entscheidungen überprüft, wenn Zweifel aufkommen ?

Müsste hier nicht der Gesetzgeber nachbessern und eine Art Qualitätssicherung einführen ?

Alle Menschen, auch Richter, machen irgendwann  Fehler. 

 

Nur bei der Justiz gibt es bisher keine Qualitätssicherung, die ja, nach allgemeinem Verständnis, proaktiv zu wirken hätte.

Dort sträubt man sich mit Händen und Füßen.

Die jeweils übergeordnete Instanz, sofern deren Anrufung überhaupt zulässig ist, wirkt nicht in diesem Sinne. 

Es fehlt in der Tat die unabhängige, neutrale Kontrollinstanz für die Justiz.

Gewaltenteilung ist richtig, bedingt aber die gegenseitige Kontrolle der "Gewalten" (checks and balances). 

Legislative und Exekutive kontrollieren sich gegenseitig und werden beide auch durch die Justiz kontrolliert, lediglich die Justiz agiert formal im luftleeren Raum ohne institutionalisierte Kontrolle. 

Solange es keine richtige Kontrolle der Justiz gibt sind rechtspolitische Sündenfälle wie Seehofers Machtwort erforderlich. 

Eine Art Notwehr.

(Heute hat jede Klitsche ein mehr oder minder gut funktionierendes Qualitätssicherungssystem, die Organe der Rechtspflege wollen derartiges nicht. Warum wohl?

EN ISO 9001 wäre auch in der Justiz durchaus praktikabel!)

Das ist das Problem in Deutschland.

@Gast

Es gibt ja mehrere Instanzen und letzendlich das Bundesverfassungsgericht.

Wenn aber auch der BGH schlampt, wie in diesem Verfahren geschehen, dann ist der ordentliche Rechtsweg abgeschlossen.

Dann bleibt nur noch der Gang zum Bundesverfassungsgericht, was inzwischen ja geschehen ist. Meiner Meinung nach jedoch viel zu spät.

 

Robert Stegmann

5

«Ich glaube, dass es absolut richtig ist, wenn man Herrn Mollath nun noch einmal von einem anderen Gutachter begutachtet», sagte Leutheusser-Schnarrenberger am Donnerstag in Nürnberg. Die Bundesjustizministerin sprach vor Obdachlosen und Hartz-IV-Empfängern zum Thema "Wen bessert das Gefängnis?" 

 

http://www.nordbayern.de/region/bundesjustizministerin-begrusst-bewegung-im-fall-mollath-1.2621033 

 

So einfach soll das gehen ! Einfach ein neuer Gutachter.  Es ist nur merkwürdig, dass anscheinend noch keine neuen Gutachter beauftragt wurden.

 

 

 

4

Verwunderlich ist für mich, dass diese Verfassungsbeschwerde schon Anfang 2012 eingereicht wurde, dass BVerfG aber noch nicht entschieden hat.

 

In einem anderen Fall

 

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/bverfg/12/2-bvr-442-12.php

 

war die Sache nach 10 Monate nach der Entscheidung des OLG durch.

 

Robert Stegmann

5

# 11 Verfassungsbeschwerde

Hier wurde auf unvorstellbare Weise meiner Meinung nach ein Tötungsdelikt durchgeführt.

Also lag hier eine ganz andere Dimension von Tat vor, als im Fall Mollath.

 

 

 

 

 

4

Auch die Bundesregierung hat in einer nicht öffentlichen Petition ein Qualitätssicherungssystem für die Justiz als nicht notwendig erachtet !

 

 

 

 

5

Gast schrieb:

Auch die Bundesregierung hat in einer nicht öffentlichen Petition ein Qualitätssicherungssystem für die Justiz als nicht notwendig erachtet !

 

 

 

 

 

Klar, das sind doch Juristen, die das für überflüssig halten ....

Dr. Matschke schrieb:

Gast schrieb:

Auch die Bundesregierung hat in einer nicht öffentlichen Petition ein Qualitätssicherungssystem für die Justiz als nicht notwendig erachtet !

 

 

 

 

 

Klar, das sind doch Juristen, die das für überflüssig halten ....

Bei transparenten Abläufen, wie sie durch ein QS-System vorgegeben würden, läßt sich eben durch die Politik nicht mehr so gut hinter den Kulissen Einfluß ausüben, anders gesagt mauscheln.

5

@Gast

Eben. Wenn man die Verhältnismäßigkeit dieser beiden Fälle vergleicht, dann hätte meines Erachtens das BVerfG längst eine sofortige Freilassung von Herrn Mollath anordnen sollen.

Soviel ich weiss, haben die Richter des BVerG auch das Recht dazu.

Robert Stegmann

5

Was mich sowieso wundert, ist die Tatsache, dass die oben genannte Entscheidung nicht in der Entscheidungsdatenbank des BVerfG auftaucht.

Sowie ich den Text auf der Eingangsseite der Entscheidungsdatenbank verstehe, werden dort alle Entscheidungen des BVerfG eingestellt. Diese fehlt aber in der Entscheidungsdatenbank. 

Robert Stegmann

5

@Dr. Matschke:

Und was bringt die tolle QS in jeder Klitsche?  Geld für die  Würstelbuden-Zertifizierungsindustrie und ein teures QS-Handbuch für den Würstelbudenbetreiber. Und das wird dann auch noch öffentlich subventioniert (z.B. KMU-Förderung für die ISO 9001-Zertifizierung) und nährt eine Beraterindustrie aus Steuermitteln. Siemens-ICEs, die entweder gar nicht erst ausgeliefert werden oder deren Klimaanlage im Sommer ausfällt, sind anscheinend durch die tolle QS durchgerutscht, Pfleiderer und Neckermann sind trotz QS in der Insolvenz.

Sie verkennen, dass  in einem Rechtsstaat die "QS" von Urteilen durch Rechtsmittel nebst Instanzenzug und -  quasi extern zum "fachgerichtlichen" Instanzenzug - die Möglichkeit der Landes- und Bundesverfassungsbeschwerde, der Menschenrechtsbeschwerde zum EGMR und z.B. Petitionsausschüsse der Landtage gewährleistet wird. Das dauert eben etwas länger. In der QS der "freien Wirtschaft" sind die Abläufe zudem  nur unternehmensintern transparent, anders als bei Urteilen, die nach öffentlicher Verhandlung ergehen, bei der Presse und Zuschauer anwesend sein können, und die ggf. auch noch veröffentlicht werden.
 

Die von Gast2 vermutete und - weil im Hintergrund ablaufende . "politische Mauschelei" würde doch auch bei ISO-Zertifizierung im Hintergrund ablaufen, von daher frage ich mich, was denn aus seiner Sicht durch eine ISO-Zertifizierung gewonnen werden sollte.

3

Bei der QS müssen die Unternehmen nachbessern, wenn Fehler durch Auditoren festgestellt wurden.

 

Ein gefälltes Urteil, wenn es falsch oder unverhältnismäßig ist, braucht vom Richter nicht nachgebessert werden. 

5

Es müsste erst ein kleines Kind kommen, das da sagte: "Das ist ja gar kein Rechtsstaat!" ("Des König neue Kleider")

 

Bis dahin werden die Juristen schweigen, sich bestenfalls mit Details befassen..

5

Das BVerfG kann eine Einstweilige Anordnung

erlassen.

Insbesondere in eilbedürftigen Freiheits-Entziehungs-

sachen wie Mollath.

Nach beim Eingang der Beschwerde 6 Jahre

Freiheitsentzug und  10 Jahre nach  den angeblichen

Bezugs-Straftaten ist der Ermessens-Spielraum

zur zeitraubenden Untätigkeit auf Null geschrumpft.

 

Heißt Aktionismus wäre rechtsstaatlich seit

1 Jahr angesagt, um dem Eindruck vorzubeugen,

dass ein mögliches Justiz-Opfer einer

Niederbrüll-Gerichtsbarkeit gegenüber einem

angebliche psychisch Kranken - das ist gerichtlich

würdelos und unmenschlich - auch noch vom

BVerfG ausgesessen wird.      

 

Als wäre Freiheits- und Selbstbestimmungs-Grundrecht

verfassungsgerichtlich ohne besondere Werthaltigkeit.

Und verfassungsgerichtliche Empathie - Einfühlungs-

Vermögen - in die Psyche von möglichen

Fehlurteil- und Fehlgutachten-Opfern - schwächelnd

bis justiz-bürokratisch abgestumpft.

Als wäre es eine fehlbürgerliche Wahn-Vorstellung,

dass es die zunehmenden nachweislichen Realitäten

von deutschen Fehlurteilen und Fehlgutachten

gibt, die Unschuldige der Freiheit berauben.

Und sich justizförmlich die Uneinsichtigkeit

breit macht, diese Justiz-Realitäten der

Fehlbarkeit wahrnehmen zu wollen und zu

können.

Das hätte gegenüber den Fehlurteils-Realitäten

schon psychischen querulatorischen Krankheitswert.

Mit den Reizworte-Maßstäben, mit denen

u.a. berufengagierten Querdenk-Mitbürgern

wie hess. Steuerfahnder und RANotar

paranoid querulatorische Entwicklung untergejubelt wird, die berufsunfähig machen soll.                

  

@Gast # 2

Sie berücksichtigen wieder nicht die Vorgeschichte des Ganzen. Nach dem Bericht in der Süddeutschen forderte sogar die Staatsanwaltschaft sogar nur ein Jahr auf Bewährung, weil sie die menschliche Tagödie davor erkannte.

Hätten sich die Zivilrichter davor auch so menschlich gezeigt, wäre es zu diesem Ausraster gar nicht erst gekommen.

 

Robert Stegmann

 

4

Re: Robert Stegmann

Ihr Beitrag lässt auf Einfühlungsvermögen und Empathie schließen. Es ist genau das, was m.E. - neben der von Ihnen benannten fehlenden Einbeziehung von Vorgeschichte/Kausalitäten - vielen Presseberichten abgeht und das Bild beim unbedarften Leser prägt: da bleibt nur der Zusammenhang "Ex-Polizist" und "Amokdrohung" hängen.

Dies weiss ich sehr genau, da ich selbst Objekt solcher 'prägender' Berichterstattung und öffentlicher Vorverurteilung war. (Im Forum der Mainpost wurde gestern sogar behauptet, ich sei der Angeklagte in Nürnberg-Fürth, die Gemeinsamkeit "Ex-Polizist" reicht für derarte Behauptung!).

Die Frage lautet in dem Zusammenhang vielmehr, wieso es (wieder) in Franken/Bayern ein solches inflationäres Problem mit Kindesentfremdungen, nicht durchgeführtem 'Umgang' und hieraus Kriminalisierungen (Beleidigungs-, Bedrohungsvorwürfe etc.)von (Trennungs-)Vätern gibt?! Die dann wiederum zu den altbekannten Stigmatisierungen und Pathologisierungen führen, die als Folge dieser Diskriminierungen und Traumatisierungen die Berichterstattungen stattdessen dominieren?

Auch deshalb hat der "Fall Mollath" eine solche Symbolwirkung und bietet Möglichkeiten, endlich die Rolle der Justiz und hier agierender und die Dynamik derarter Verfahren zu beleuchten! Insbes. in Bayern!

Es ist stets das selbe Muster: Rechtsverweigerung - Gegenwehr des Betroffenen - Focussierung auf den Betroffenen.

M.Deeg

5

@M.Deeg

Bei mir ist es der schöne § 170 StGB, der für mich wohl noch zu einem Knastaufenthalt führen wird. Allerdings Ersatzfreiheitssrafe, weil ich die Geldstrafe und die Gerichtsgeebühren  nicht bezahlen kann und auch wohl keine gemeinnützige Arbeit zur Verfügung steht, die ich statt dessen ableisten soll.

Ob ich vom Knast dann nicht direkt in die forensische Psychiatrie gesteckt werde, weil uneinsichtig, kann ich derzeit nicht sagen.

Auch ich fühle mich als Justizopfer. Nur schlägt mein Fall nicht so hohe Wellen, wie der Fall Mollath.

 

Robert Stegmann

4

Zwei Hinweise:

 

1.

Das vorstehende verlinkte und einschlägige Urteil der bezeichneten 2. Kammer des fraglichen Senats des BVerfG:

Diese sog. Kammer-Entscheidungen werden meines Wissens nicht in die offzielle Sammlung des BVerfGE aufgenommen.

Warum nicht?

Gleichwohl sind auch solche Entscheidungen für die Behörden und Richter bindend.

 

2.

Im Artikel in der SZ (heute im Bayernteil - zu Mollath und die Frage der Zuständigkeiten) hat sich am Ende der Hinweis der Redakteure "versteckt", dass erst im Dezember 2012 eine erneute Überprüfung der Strafvollstreckungskammer Bayreuth (Chef: OLG Präsident Bamberg) gemäß §§ 67e, 67d StGB stattgefunden habe. Näheres ist nicht zu ersehen. Ich vermute, bei der für Gustl Mollath erfolglosen Überprüfung - hier sollte nachrecherchiert werden - wurde diese vorstehende Kammerentscheidung des BVerfG 

N I C H T  

berücksichtigt, da sie womöglich gar nicht bekannt war.

 

5

mkveits schrieb:

Zwei Hinweise:

 

1.

Das vorstehende verlinkte und einschlägige Urteil der bezeichneten 2. Kammer des fraglichen Senats des BVerfG:

Diese sog. Kammer-Entscheidungen werden meines Wissens nicht in die offzielle Sammlung des BVerfGE aufgenommen.

Warum nicht?

Gleichwohl sind auch solche Entscheidungen für die Behörden und Richter bindend.

 

Bitte erklären sie doch einem juristischen Laien, was der Unterschied ist zwischen den für alle einsehbaren Entscheidungen und sog. Kammer-Entscheidungen.

Ich selbst kann keine Unterschiede feststellen, habe mich aber schon gefragt, ob das Bundesverfassungsgericht überhaupt noch existiert, anhand der wenigen Entscheidungen, die für alle zugänglich veröffentlicht wurden.

Robert Stegmann

5

Ergänzung: Falschbericht der SZ?

 

Gabriele Wolff schreibt auf ihrem bekannten Blog:

Die beiden Red. hätten sich in dem Punkt geirrt - die fragliche Überprüfung sei schon  im Herbst (nicht erst im Dez.) letzten Jahres - also noch vor(!) Erlass der Kammer-Entscheidung (4.10.12) des BVerfG - durchgeführt worden.

Was stimmt?

Jedenfalls muss die über das Ministerium im Nov. 2012 "angeregte" erneute Überprüfung durch die Strafvollstreckungskammer Bayreuth nunmehr das Kammer-Urteil berücksichtigen, sprich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Sinne des BVerfG die rechte Gewichtung geben.

 

Hier ist nochmals der Beschluss

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/bverfg/12/2-bvr-442-12.php

5

In der SZ stand, die "alljährliche Überprüfung wurde erst im Dezember abgeschlossen."

 

Vermutlich wurde die Überprüfung an sich durchaus im Herbst durchgeführt, sprich Anhörung von Herrn Mollath und allgemeine Ablehnungsanträge seitens Klinik und Staatsanwaltschaft - also vor der maßgeblichen Berichterstattung.

 

Dass dann trotz der Berichterstattung und der Erkenntnisgewinne kein Überdenken der Fehlleistungen erfolgte, ist anhand der Fehlerverleugnung fast schon vorauszusetzen. Man bleibt sich somit im schlechtesten Sinne selbst treu, wenn man im Dezember die Ablehnung so "abschließt" und alles drumherum ignoriert.

5

Sehr geehrte Kommentatoren,

über die Angabe in der SZ bin ich auch gestolpert. Nach meiner Erinnerung kommt es für den Ablauf der Jahresfrist nach § 67 e Abs. 4 StGB nicht auf den Abschluss des Beschwerdeverfahrens bzw. die Rechtskraft der Entscheidung an (dies war wohl erst im Dezember 2012), sondern auf die Entscheidung der StVK - das genaue Datum dieser Entscheidung  kenne ich nicht. Dann wäre eine erneute Überprüfung in einem Jahr nach diesem Datum fällig. Das Gericht könnte allerdings  "jederzeit" (§ 67e Abs.1 StGB)  auch früher eine Überprüfung unternehmen. Möglicherweise will man das weitere Vorgehen jetzt aber Regensburg im Rahmen der Wiederaufnahme überlassen - so ja auch der Tenor des SZ-Berichts - was möglicherweise auch im Rehabilitationsinteresse Herrn Mollaths  liegt.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Letzte Strafkammerentscheidung 30.7.2012

Henning Ernst Müller schrieb:

... sondern auf die Entscheidung der StVK - das genaue Datum dieser Entscheidung  kenne ich nicht.

 

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

die Strafvollstreckungskammerentscheidung Bayreuth scheint im schriftlichen Verfahren unter dubios-undurchsichtigen Umständen am 30.7.2013 erfolgt zu sein.  Genaues weiß man nicht, außer dass es für Mollath optimal schief lief.

 

 

 

RSponsel schrieb:

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

die Strafvollstreckungskammerentscheidung Bayreuth scheint im schriftlichen Verfahren unter dubios-undurchsichtigen Umständen am 30.7.2013 erfolgt zu sein.  Genaues weiß man nicht, außer dass es für Mollath optimal schief lief.

 

Der Strafkammerentscheidung ging eine mündliche Anhörung Mollaths (im Beisein seines Verteidigers) voraus. In dieser nichtöffentlichen Sitzung ist auch der Sachverständige Pfäfflin befragt worden.

 

Dies weiß ich aus sicherer Quelle.

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War von 2011 oder 2012 die Rede?

Gastkommentator schrieb:

Der Strafkammerentscheidung ging eine mündliche Anhörung Mollaths (im Beisein seines Verteidigers) voraus. In dieser nichtöffentlichen Sitzung ist auch der Sachverständige Pfäfflin befragt worden.

Dies weiß ich aus sicherer Quelle.

 

Dann haben Sie Ihre Quellen nach der Datierung nicht richtig parat oder es handelt sich um ein Missverständnis: war von 2012 oder von 2011 die Rede? Was Sie meinen war ein Jahr vorher. Mir liegen die Quellen vor.

 

RSponsel schrieb:

Dann haben Sie Ihre Quellen nach der Datierung nicht richtig parat oder es handelt sich um ein Missverständnis: war von 2012 oder von 2011 die Rede? Was Sie meinen war ein Jahr vorher. Mir liegen die Quellen vor.

 

Sie haben Recht, die Anhörung Pfäfflins war bereits im Jahr 2011.

Der letzte Fortdauerbeschluss stammt vom 30.7.2012. Herr Mollath ließ sich zu der geplanten richterlichen Anhörung nicht vorführen.

 

5

@M.Deeg

 

Auf Nachfrage wurde mir im Blog von Gabriele Wolff erklärt, dass eine Überprüfung im September 2012 erfolgt ist. Eine Gegenvorstellung wurde zurück genommen aufgrund der Ereignisse.

Mit anderen Worten. Derzeit ist die letzte Überprüfung rechtskräftig.

Da in Bezug auf die Wiederaufnahme noch kein Antrag gestellt wurde, kann auch niemand darüber entscheiden, ob Herr Mollath und wenn ja wann frei kommt.

Ist Herrn Mollath keine Straftat nachzuweisen, braucht es auch keinen neuen Gutachter. So hat es Herr Strate ebenfalls ausgedrückt.

 

Robert Stegmann

 

5

Die Strafkammerentscheidung vom 30.7.2012 durfte sich ja dann wieder auf das Gutachten aus dem Jahr 2011 stützen.

So lange dauert es nun mal, wenn man nach dem Gutachten noch eine eventuelle Gegenvorstellung einbringt, bis eine Entscheidung fällt.

Deshalb wurde eine Gegenvorstellung aus dem Jahr 2012 zurück gezogen, da ja die Prüfung auf ein Wiederaufnahmeverfahren schon angelaufen war.

 

Robert Stegmann

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Gastkommentator

 

Was ist der Grund , weshalb Herr Mollath sich zu der geplanten richterlichen Anhörung nicht vorführen ließ ?

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Gast schrieb:

Gastkommentator

 

Was ist der Grund , weshalb Herr Mollath sich zu der geplanten richterlichen Anhörung nicht vorführen ließ ?

 

Das weiß ich nicht. Ein Maßregelvollzugspatient hat das Recht, zur Frage der weiteren Unterbringung richterlich (und persönlich) angehört zu werden, aber auf dieses Recht kann er natürlich verzichten.

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@Gastkommentator

Ja, alles hat einen Grund. Wie oft habe ich das selber nicht zu hören bekommen.

Aber bitteschön. was für einen Grund sollte Herr Mollath haben?

Er wollte keinen Schauspieler in einem Theaterstück werden - war und ist sein recht, oder?

MfG

Tine Peuler

 

5

@Gastkommentartor

"auf dieses Recht kann er natürlich verzichten"

Wie stellst du dir es vor?

Von Vorne ein wird doch angenommen: Alles ist rechtens.

D.h. Herr Mollath darf die Fragen gar nicht stellen:

Was habe ich getan?

Warum bin ich untergebracht?

Diese Fragen sind nämlich schon beantwortet: Alles rechtens.

 

Auch wenn er es nicht versteht. Und es wohlgemerkt gar nicht bewiesen ist.

 

 

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Gast schrieb:

Wie stellst du dir es vor?

Von Vorne ein wird doch angenommen: Alles ist rechtens.

D.h. Herr Mollath darf die Fragen gar nicht stellen:

Was habe ich getan?

Warum bin ich untergebracht?

Diese Fragen sind nämlich schon beantwortet: Alles rechtens.

 

Auch wenn er es nicht versteht. Und es wohlgemerkt gar nicht bewiesen ist.

 

Die Strafvollstreckungsgerichte sind an die rechtskräftigen Ausgangsurteile auch hinsichtlich der Feststellungen gebunden. Die Frage, ob die Tatvorwürfe gegen Mollath "bewiesen" sind, stellt sich im Überprüfungsverfahren tatsächlich nicht mehr, so bitter es klingt.

 

Möglich wäre eine Erledigterklärung nach § 67 d Abs. 5 StGB, wenn die Voraussetzungen der Unterbringung nicht mehr vorliegen, z.B bei Unverhältnismäßigkeit oder  einer Fehleinweisung. Dies müsste aber gut begründet werden.

Nach BVerfG NStZ-RR 2007, S. 39f soll die Vorschrift des § 67 d Abs. 5 StGB jedoch nicht gelten, wenn - wiemöglicherweise im Fall Mollath - geltend gemacht wird, die Maßregel sei von Anfang an rechtsfehlerhaft angeordnet worden. Für diesen Fall ist tatsächlich die Wiederaufnahme die einzige Möglichkeit, die Rechtskraft des Ausgangsurteils zu beseitigen.

 

 

 

 

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