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Holsten kommentiert am Permanenter Link
In der Tat. Das VG Hannover hat im Januar 2018 die vermutlich erste außerörtliche Radwegbenutzungspflicht nach der Neufassung des § 45 Abs. 9 StVO geknickt, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO nicht vorlagen. Auf die qualifizierte Gefahr nach Satz 3, dessen Anwendung der Normgeber mit dem neu eingefügten Satz 4 Nr. 3 explizit ausschließen wollte, kam es in dem Fall gar nicht an. Der gesetzgeberische Schnellschuss vom Sommer/Herbst 2016 ging insoweit nach hinten los.
Holsten kommentiert am Permanenter Link
Wenn es "nur" die Fördermittel wären! Angeblich sollen einige Bundesländer seit Inkrafttreten des EntflechtG immerhin auf die Rückzahlung der Zuschüsse nach der Abschilderung verzichten, soweit Radverkehr auf dem Bürgersteig weiter zugelassen bleibt.
Viel schlimmer ist die in Niedersachsen seit Jahrzehnten praktizierte unzulässige Vermischung von Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht:
Für Bau und Unterhaltung von Gehwegen an Ortsdurchfahrten (OD) kommen nach den Straßen- und Wegegesetzen des Bundes und der Flächenländer die Gemeinden auf. Um den Gemeinden diese wohl nicht ganz unerheblichen Kosten zu ersparen, wird das Straßenrecht in Niedersachsen schon seit Jahrzehnten mehr oder weniger trickreich durch Aufstellen falscher Verkehrszeichen umgangen. Wegen des Z 240 ist der Bürgersteig eben kein Gehweg, was straßenverkehrsrechtlich geboten wäre, sondern ein gemeinsamer Geh- und Radweg mit Benutzungszwang. Letzteren kennt das Straßengesetz aber gar nicht, so dass die beteiligten Gebietskörperschaften hier lustig am Gesetz vorbei irgendwelche Vereinbarungen über die Straßenbaulast treffen können, die die Gemeinden keinen Cent kosten.
Zwar hat der Bundesrechnungshof diese schlitzohrige Verwaltungspraxis bereits vor über vier Jahren als „nicht hinnehmbar“ beanstandet (BT-Drs. 16/3200, Seite 154 f.),
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/032/1603200.pdf
geschehen ist indes – abgesehen von einer windelweichen mickrigen Änderung der Ortsdurchfahrtenrichtlinien (ODR) im Jahre 2008 – rein gar nichts. Selbst die geänderten ODR beeindrucken die Behörden kein Stück, wie das Beispiel der Stadt Syke zeigt, wo sich aktuell ein weiterer Rechtsstreit anbahnt:
http://www.adfc-diepholz.de/aktuelles/55.html
Sind diese rechtswidrigen Verkehrszeichen erst einmal aufgestellt, bekommt man sie ohne Klage kaum wieder weg. Ein Bürgersteig, an dem das Z 240 entfernt wurde, ist noch nicht mal ein „anderer“ Radweg (insofern muss ich Herrn Dr. Kettler widersprechen), sondern schlichtweg ein Gehweg, selbst dann, wenn Radverkehr durch Zusatzschilder zugelassen wird, um die Zuschüsse zu retten. Mit dem Abschrauben des Z 240 geht also automatisch die Straßenbaulast auf die Gemeinde über – mit allen Kostenfolgen (Unterhaltung, Winterdienst, Verkehrssicherungspflicht etc.). Kein Wunder, dass die Gemeinden nun Sturm laufen gegen das beherzte Vorgehen einiger – weniger – Straßenverkehrsbehörden, welche es wagen, endlich den Abbau der seit über 13 Jahren rechtswidrigen Schilder anzuordnen; die Medien in Niedersachsen berichteten bereits von Fällen aus dem Flecken Gartow, der Gemeinde Thedinghausen und aus einigen Dörfern im Landkreis Lüneburg.
Um diesem Ärger aus dem Weg zu gehen, lassen die StVBn dann doch lieber die rechtswidrigen Schilder stehen und lassen es auf Klagen betroffener Verkehrsteilnehmer ankommen, denen man den Ärger der Gemeinderäte bequem in die Schuhe schieben kann („Wir mussten die Schilder leider abschrauben, weil Herr X/Frau Y uns verklagt hat.“). Richtig lustig wird die Sache dann, wenn die Hobbypolitiker im Gemeinderat beschließen, wegen der ungewollt geerbten Straßenbaulast ebenfalls die Verkehrsbehörde zu verklagen, mag der Rechtsstreit auch noch so aussichtslos erscheinen. Es geht eben ums Prinzip und die Kosten eines verlorenen Gerichtsverfahrens trägt eh der Steuerzahler.
Mit dem wegweisenden BVerwG-Urteil vom 18.11.2010 wird dieses Gezerre noch zunehmen, weil die Ämter kaum noch umhin kommen werden, die unrechtmäßigen Schilder abzuschrauben.
Die von Herrn Epple vorgeschlagene aber wohl utopische Entkoppelung zumindest des Z 240 vom Nutzungszwang in der StVO würde diesen kommunalen Zwistigkeiten sicher die Schärfe nehmen, ebenso wie eine gesetzliche Zuweisung der Straßenbaulast an die Gemeinden auch für gemeinsame Geh- und Radwege an OD. Zumindest letzteres lehnt der Nds. Landtag aber entschieden ab.
Ich stimme mit Herrn Dr. Kettler darin überein, dass durchgreifende Rechtsänderungen zugunsten der Verkehrssicherheit wohl ins Reich der Utopie gehören. Auch in den kommenden Jahrzehnten dürften Radfahrer wegen Sachzwängen, die rein gar nichts mit der Verkehrssicherheit zu tun haben, gezwungen werden, einen hohen Blutzoll zu entrichten. Schade eigentlich.