OLG Köln: Beweislastumkehr aus § 93 Abs. 2 S. 2 AktG gilt auch im Direktprozess zwischen Gesellschaft und D&O-Versicherung

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 17.01.2024

Auch im Direktprozess einer Gesellschaft gegen den D&O-Versicherer trifft den Versicherer die Beweislast für das ordnungsgemäße Verhalten des Geschäftsführers analog § 93 Abs. 2 S. 2 AktG (OLG Köln, Urteil vom 21. November 2023 - 9 U 206/22).

Direktprozess gegen Versicherer nach Abtretung des Deckungsanspruchs

Eine GmbH machte Organhaftungsansprüche gegen die D&O-Versicherung ihres ehemaligen Geschäftsführers geltend. Die Gesellschaft hatte die Ansprüche zunächst gegen den Geschäftsführer selbst geltend gemacht, dann aber mit ihm eine Abtretung seines Freistellungsanspruchs gegen die Versicherung und ein Stillhalteabkommen vereinbart.

Beweislastumkehr im Organhaftungsprozess

Im Ergebnis lehnt der Senat hier einen Anspruch der Gesellschaft ab, da der Geschäftsführer nicht pflichtwidrig gehandelt habe. Grundsätzlich müsse der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Umstände beweisen. Bei der Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG gelte jedoch nach ständiger Rechtsprechung die Beweislastumkehr im Aktienrecht nach § 93 Abs. 2 S. 2 AktG analog. Der Geschäftsführer müsse daher beweisen, dass er sorgfaltsgemäß gehandelt habe und ihn kein Verschulden treffe.

Beweislastumkehr auch im Direktprozess gegen die Versicherung

Ob diese Beweislastumkehr auch im Direktprozess einer Gesellschaft gegen den D&O-Versicherer gilt, war bislang umstritten. Der Senat entscheidet sich hier für die analoge Anwendung. Zur Begründung führt er aus, dass die Abtretung des Freistellungsanspruchs nur zu einem Gläubigerwechsel führe, aber keine Änderung der Voraussetzungen des im Deckungsprozess inzident zu prüfenden Organhaftungsanspruchs begründe. Für den Versicherer sei dies im Vergleich zu getrennten Prozessen der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer und anschließend des Geschäftsführers gegen den Versicherer nicht nachteilig. Denn anders als bei getrennter Prozessführung könne er im Direktprozess schon auf die Organhaftungsfrage Einfluss nehmen und den Geschäftsführer als Zeugen benennen.

Vorliegend konnte der Versicherer beweisen, dass der Geschäftsführer sorgfaltsgemäß gehandelt hatte. Ein Anspruch der GmbH gegen den Geschäftsführer und damit auch ein Freistellungsanspruch gegen den Versicherer schied somit aus.

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