WEMoG und § 556 III 3 BGB: Ist Eile geboten?

von Dr. Oliver Elzer, veröffentlicht am 05.11.2020
Rechtsgebiete: Miet- und WEG-Recht|3119 Aufrufe

Zum Teil wurde geraten, vermietenden Eigentümern mit Blick auf § 556 III 3 BGB zu empfehlen, noch im Jahr 2020 auf eine Versammlung zu drängen oder einen Beschluss nach § 23 III 1 WEG n.F. zu initiieren. Insoweit wurde auf § 23 I 2 WEG n.F. hingewiesen.

Beide Wege sind ggf. aber problembehaftet. Denn § 23 I 2 WEG n.F.  setzt einen Beschluss voraus, der eine Online-Teilnahme an einer Präsenzversammlung erst erlaubt. Würde dieser Beschluss wirklich Anfang Dezember 2020 gefasst, könnte dann ggf. Ende Dezember 2020 eine Online-Teilnahme organsiert werden (siehe § 24 Abs. 4 WEG n.F.). Das dürfte in den Feiertagen aber kaum darstellbar sein. Und auch ein Umlaufbeschluss dürfte grds. unpraktikabel sein: Er bekommt nicht alle notwendigen Stimmen.

Wie auch immer. Die Wohnungseigentümer beschließen im neuen Recht jedenfalls nicht mehr die Jahresabrechung. Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer nach § 28 II 1 WEG n.F. nämlich nur noch über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Freilich: Nach § 28 II 2 WEG n.F. ist natürlich auch eine Abrechnung vorzulegen (allerdings "dünner" als bislang, da wesentliche Teile in den Vermögensbericht abgewandert sind (§ 28 IV WEG n.F.). Die wird aber nicht beschlossen.

Was aber tun? Wie auch bislang: Selbst abrechnen! Ist die Mietsache ein vermietetes Sondereigentum, war nämlich auch der Beschluss nach § 28 V WEG a.F. keine Voraussetzung für die Abrechnung (BGH NJW 2017, 2608 Rn. 17; Elzer ZMR 2019, 825 [832]). Der vermietende Wohnungseigentümer musste und muss somit selbständig abrechnen oder, etwa durch den Verwalter als Sondereigentumsverwalter, abrechnen lassen. Dazu muss er in die entsprechenden Belege beim Verwalter Einsicht nehmen und anhand der in der Wohnungseigentumsanlage geltenden Umlageschlüssel auf sich selbst umlegen. Anschließend muss er dann anhand der im Mietvertrag vereinbarten Umlageschlüssel die umlagefähigen Kostenpositionen auf den Mieter umlegen (siehe im Einzelnen Elzer ZMR 2019, 825 [832]; Flatow AnwZert MietR 2016/17). Der vermietende Wohnungseigentümer muss dabei im Einzelfall die Kosten, die auf das vermietete Sondereigentum entfallen, nach dem in der Wohnungseigentumsanlage geltenden Umlageschlüsseln umrechnen. Etwas anderes gilt, wenn Kosten speziell für die einzelne Wohnung erhoben werden, wie das zB bei der Grundsteuer häufig der Fall ist (BGH ZMR 2014, 108 Rn. 7; ZMR 2012, 173 Rn. 7). Hier hilft das WEMoG jetzt durch § 556a III BGB (eine gesetzliche Dynamisierung). Dieser lautet: "Ist Wohnungseigentum vermietet und haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten abweichend von Absatz 1 nach dem für die Verteilung zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Maßstab umzulegen. Widerspricht der Maßstab billigem Ermessen, ist nach Absatz 1 umzulegen.“

Legt der vermietende Wohnungseigentümer auch nicht umlagefähige Kosten um, gilt iÜ § 556 III 6 BGB (BGH NJW 2016, 2254 Rn. 12). Der vermietende Wohnungseigentümer soll aber daran gehindert sein, sich auf § 556 III 6 BGB zu berufen, wenn er sich in seinem Abrechnungsschreiben auf die beigefügte WEG-Abrechnung bezieht und die genannten Kostenpositionen darin ausdrücklich als »nicht umlagefähig bezeichnet« sind (BGH NJW 2016, 2254 Rn. 12). Hier ist also Vorsicht angeraten.

Was ist noch wichtig? Der vermietende Wohnungseigentümer ist iSv § 556 III 3 Hs 2 BGB im Übrigen so lange »entschuldigt«, solange er die für die Erstellung der Abrechnung notwendigen Belege und Rechnungen nicht zur Einsicht erhält (siehe dazu § 18 IV WEG n.F.), obwohl er sich »intensiv« darum bemüht hat (Flatow AnwZert MietR 2016/17). Ein Streit der Wohnungseigentümer unter sich, welcher Umlageschlüssel gilt und die Lösung des Streits, ist hingegen kein relevanter Umstand (Elzer ZMR 19, 825 [832]; aA LG München I WuM 2018, 427). Denn der vermietende Wohnungseigentümer ist dadurch gerade nicht gehindert, abzurechnen. Anders liegt es auch nicht bei »technischen Problemen«.

Und Covid-19? Siehe dazu umfassend etwa Elzer, in: Zehelein, COVID-19, Miete in Zeiten von Corona
1. Auflage 2020, § 5
Vermietung von Sondereigeneigentum.

 

     
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