Rücktritt vom Reisevertrag wegen Corona-Pandemie: Rückzahlung Reisepreis oder genügt ein Gutschein?

von Dr. Stefanie Bergmann, LL.M., veröffentlicht am 02.04.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtWeitere ThemenCorona2|12827 Aufrufe

Unzählige Reisende stornieren derzeit ihre Pauschalreise beim Reiseveranstalter. Nicht nur hat das Auswärtige Amt wegen der Covid-19-Pandemie am 17.03.2020 eine weltweite Reisewarnung ausgesprochen, sondern auch viele Staaten haben Einreiseverbote für Bürger der EU verhängt, die Erfüllung des Pauschalreisevertrages unmöglich machen. Tritt der Reisende zurück und liegen unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vor, wobei die Reisewarnung nur ein Indiz für solche Umstände sind, die mindestens in Form behördlicher Maßnahmen gegeben sein müssen, aber auch in Form einer Seuchenkrankheit zu bejahen sind, so darf der Reiseveranstalter nach § 651h Abs. 3 keine Stornierungsentschädigung verlangen. Dies bedeutet, er hat den gesamten Reisepreis zurückzuerstatten, ohne, dass er seine Aufwendungen in irgendeiner Form geltend machen kann. Dabei legt § 651h Abs. 5 BGB eine 14-Tage-Frist nach Beendigung des Pauschalreisevertrages fest, die Art. 12 Abs. 4 der Pauschalreiserichtlinie von 2015 umsetzt. Da dies viele Veranstalter vor erhebliche Liqiditätsprobleme stellt, da plötzlich alle Reisende vor allem der Reisen um die Osterzeit absagen oder sie diese selbst absagen müssen, begann man in der Branche, Gutscheine auszustellen. Die Bundesregierung hat nun heute (02.04.2020) im Kabinett diese Lösung als gesetzeskonform betrachtet und die 14-Tage-Frist de facto für alle Reisen und Tickets, die vor dem 8. März 2020 gekauft wurden, vorübergehend aufgehoben. Geplant ist, dass der Gutschein bis Ende 2021 für eine Reise mit anderem Reisetermin gilt, so dass der Kunde bis dahin umbuchen kann. Hat er dies nicht getan, so kann er sein Reiseguthaben als Zahlung verlangen. Die EU-Kommission muss der Regelung noch zustimmen. Unklar ist, ob eine Härtefallregelung zugunsten von Verbrauchern, denen eine Gutschein-Lösung nicht zumutbar ist, aufgenommen wird.

 

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2 Kommentare

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Die LTO-Presseschau:

Corona – Rückerstattungsanspruch: Am Donnerstag hat die Bundesregierung einen Vorschlag veröffentlicht, wonach der gesetzliche Rückerstattungsanspruch von Kunden für abgesagte Reisen, Flüge und Konzert- und Sportveranstaltungen ausgesetzt werden soll. Als Ersatz soll der Kunde Gutscheine erhalten, welche bis Ende 2021 befristet sind. Die EU-Kommission muss der Regelung jedoch noch zustimmen. Es berichten die FAZ (Benjamin Fischer/Timo Kotowski), das Hbl (Christoph Schlautmann) und lawblog.de (Udo Vetter).

Eine entsprechende Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches kann auch nicht durch die Bundesregierung,

sondern nur durch den Bundestag beschlossen werden. Auch wäre das verfassungsrechtlich geltende

Rückwirkungsverbot für bereits abgeschlossene Sachverhalte bei Gesetzesänderung zu beachten, so dass eine

Änderung der §§ 651 nur für die Zukunft erfolgen könnte.

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