BGH zu IT-Projekt: "Dienstleistungsvertrag" = Werkvertrag / Leistungsaufforderung nach § 281 BGB

von Dr. Michael Karger, veröffentlicht am 23.08.2010

BGH-Entscheidungen zum „klassischen IT-Recht“ sind nicht allzu häufig. In dem in MMR 2010, 533 veröffentlichten Urteil vom 25. März 2010 - VII ZR 224/08 geht um ein gescheitertes IT-Projekt mit vielen Aspekten, wie man sie aus der Praxis kennt. Ein Softwarehaus hatte sich bei der Erstellung bzw. Anpassung komplexer Software offensichtlich übernommen. Der Auftraggeber hatte nach langem Hin und Her die „Reißleine“ gezogen, eine letzte Frist gesetzt, nach deren Ablauf alle weiteren Leistungen abgelehnt, die Rückzahlung der geleisteten Vergütung gefordert und Erstattung von Aufwendungen verlangt.

Hierbei ging es zunächst darum, ob der Vertrag als Dienstvertrag oder als Werkvertrag zu qualifizieren war. Die Parteien hatten nämlich – vermutlich auf Veranlassung des Auftragnehmers - einen "Dienstleistungsvertrag für ein Software-System" geschlossen. Viele Anbieter bemühen sich nach wie vor, klar werkvertraglich angelegte Verträge als Dienstverträge „zu tarnen“, um damit den teils unangenehmen Mechanismen des Werkvertragsrechts – vor allem dem Abnahmeerfordernis – zu entgehen. Vergeblich – wie auch diese Entscheidung des BGH klarmacht. Kurz und knapp heißt es:

„Zutreffend hat das Berufungsgericht die als „Dienstleistungsvertrag für ein P. Software-System” bezeichnete vertragliche Vereinbarung (…) als Werkvertrag qualifiziert. Gegenstand dieses Vertrags war eine umfangreiche Anpassung der P. Software der Bekl. an die Bedürfnisse der Kl. und die Schaffung von Schnittstellen zur CWL.“

Es war also Werkvertragsrecht anzuwenden. Da die Leistung zur Zeit der Leistungsaufforderung nicht abgenommen war, befand sich der Vertrag noch im Erfüllungsstadium. In diesem Stadium reicht für eine Leistungsaufforderung i.S.d. § 281 Abs. 1 BGB die Aufforderung, die vertragliche Leistung zu bewirken. Im entschiedenen Fall genügte es deshalb, dass der Auftraggeber nur ganz pauschal die „fehlende Funktionalität“ der Software beanstandet hatte. Anders als noch von der Vorinstanz entschieden, ist der Besteller also nicht gehalten, die Defizite der Leistung im Einzelnen zu spezifizieren, insbesondere muss er keine aktuellen Fehlerlisten vorlegen.

Schwieriger wird es für den Besteller erst nach Abnahme. Bei der Geltendmachung von Mängelrechten muss er die Mängel nämlich grundsätzlich spezifizieren. Anforderungen an die an die Aufforderung zur Mängelbeseitigung müssen lt. BGH deshalb spezifischer sein, weil sich durch die Abnahme das Werk konkretisiert hat.

Die Abnahme bleibt damit auch unter diesem Aspekt der „magische Zeitpunkt“ für IT-Projekte.

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