Die Affären im Fall Mollath

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 19.06.2013

Als ich im November 2012 erstmals den Fall Mollath wahrgenommen hatte, habe ich meinen Beitrag mit dem Titel „Was sind die Fehler der bayerischen Justiz?“ überschrieben. Manche meiner juristischen Bekannten hielten meinen Artikel für anmaßend und den Titel für voreilig. Ohne genaue Aktenkenntnis, so ihre Kritik, sei meine Urteilsrezension unfair, und schon der Titel des Beitrags zeuge von meiner Voreingenommenheit – offenbar sei ich ja bereits davon überzeugt, dass überhaupt Fehler gemacht worden seien.

Diese Kritik traf in gewisser Weise zu: Tatsächlich war ich aufgrund der Urteilslektüre bereits  der Überzeugung, dass Fehler gemacht worden waren. Und tatsächlich hatte ich (noch) keinerlei Aktenkenntnis. Allerdings ist es in der Rechtswissenschaft üblich und auch völlig legitim (rechtskräftige) Urteile zu rezensieren – ein Urteil, zumal eines mit so schweren Folgen für den Betroffenen muss so gefasst sein, dass aus ihm die Gründe für den Urteilstenor überzeugend hervorgehen. Ich hätte mich trotzdem ehrlich gefreut, wenn es bei einem nur schlecht geschriebenen Urteil geblieben wäre.

Aber nachdem ich im Dezember und Januar immer mehr Aktenbestandteile und Gutachten gelesen hatte, wuchs meine Erschütterung: Eine solche Ansammlung von offenkundigen Fehlentscheidungen und Machtmissbräuchen in einem Fall war mir noch nicht begegnet. Ich war nun sicher, dass jeder anständige und verständige Jurist, eigentlich jeder Mensch, der sich über diesen Fall sachkundig machen würde, meine Meinung teilen würde: Hier ist einem Menschen in vielfacher Weise Unrecht geschehen und es geschieht ihm immer noch Unrecht. Unrecht, dass nun schnellstmöglich abgestellt, korrigiert und ausgeglichen werden musste.

Aber ich hatte mit der größten Schwäche der Bayerischen Justiz nicht gerechnet: Leider besteht  – trotz der vielen hervorragenden Juristinnen und Juristen in Bayern – eine offenbar systematisch angelegte Uneinsichtigkeit und Unfähigkeit zur Fehlerkorrektur. Seit einigen Monaten liegen nun Wiederaufnahmeanträge vor. Und seither scheint einerseits ein gewisser Stillstand eingekehrt zu sein, andererseits überschlagen sich seit der vergangenen Woche zusätzliche Ereignisse und weitere Affären innerhalb der Affäre. Viele Einzelheiten zum Fall habe ich in weiteren Beiträgen hier im Beck-Blog geschildert, andere sind inzwischen Allgemeingut geworden – man kann sich zur „Affäre Mollath“ mittlerweile auch durch Buchlektüre (Przybilla/Ritzer: Die Affäre Mollath) schlau machen.

- Ein Untersuchungsausschuss des Landtags, maßgeblich in Gang gesetzt, als ein Behördenchef meinte, er könne die Landtagsabgeordneten für dumm verkaufen („Affäre Aktenvermerk“), hört den laut Psychiatrie für die Allgemeinheit gefährlichen Herrn Mollath im Landtag an. Mit seiner ruhigen und bestimmten Redeweise, in der er den Fall aus seiner Sicht schildert, erstaunt Mollath die Abgeordneten.

- Die Strafvollstreckungskammer des LG Bayreuth, zuständig für die jährlichen Überprüfungen der weiteren Unterbringung Mollaths, kommt, basierend auf dem rechtskräftigen Urteil sowie auf älteren psychiatrischen Gutachten, zum Ergebnis, die Unterbringung sei nach wie vor gerechtfertigt, sie sei auch verhältnismäßig, Herr Mollath nach wie vor für die Allgemeinheit gefährlich. Damit schiebt die StVK dem LG Regensburg die alleinige Verantwortung für die Entscheidung über Mollaths Schicksal zu (Affäre „Schwarzer Peter“). Ergänzung (19.06.2013): Die Entschiedung der StVK beruht darauf, dass man von den rechtskräftig festgestellten Straftaten des Herrn Mollath auszugehen habe, diese also quasi als "wahr zu unterstellen" seien. Auf dieser Tatsachengrundlage und auf Grundlage derjenigen Gutachten, die ausgehend von diesen Taten dem Herrn Mollath Gefährlichkeit attestierten, meinte die StVK, eien Fehleinweisung ausschließen zu können. Auch wenn in diesem Bereich Vieles umstritten ist, bin ich der Auffassung, dass die StVK zwar das Urteil nicht beseitigen kann, jedoch durchaus bei der aktuellen Gefährlichkeitsbeurteilung neu bekanntgewordene Umstände, die die Taten betreffen, zu berücksichtigen hat. Noch viel mehr gilt dies für einen Arzt, der schon nach seiner Berufsordnung nicht verpflichtet sein kann, seinem Gutachten juristische Fiktionen zu unterlegen. Als äußerst problematisch sehe ich es an, dass die StVK sich wiederum nur kurz und verzerrend mit der Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung auseinandergesetzt hat.

-   Durch Presseberichte kommt heraus, dass im ursprünglichen Entwurf des staatsanwaltlichen Wiederaufnahmeantrags insgesamt fünf Sachverhalte als Rechtsbeugung des Vors. Richters Brixner gewertet wurden – im dann offiziellen Antrag wurden diese Rechtsbeugungsvorwürfe nicht erhoben. Offenbar hatte die Staatsanwaltschaft, möglicherweise in der Diskussion mit höheren Hierarchieebenen, Angst vor der eigenen Courage bekommen: Das völlige Versagen sowie die kaum anders als mit böser Absicht interpretierbaren Fehlentscheidungen und Sachverhaltsverfälschungen wollte man abschließend dann doch nicht als vorsätzliche Rechtsbeugung bezeichnen (Affäre „Rechtsbeugung“). Zudem soll ein Antragsentwurf sich auch zum fehlenden Nachweis des Sachbeschädigungsvorwurfs geäußert haben.

- Nachdem der Pressesprecher des LG Regensburg im Fernsehen (Sendung Report Mainz am 11.06.) zum Erstaunen des Publikums betonte, das Gesetz kenne keine Frist, und damit den Eindruck erzeugte, im Fall Mollath sehe das Gericht keinerlei Eilbedürftigkeit, sah sich der Ministerpräsident erneut genötigt, in den Fall einzugreifen und darauf hinzuweisen, das bayerische Volk erwarte eine baldige Entscheidung („Affäre Eilbedürfnis“). Ergänzung (19.06.2013): Die Kritik wird heute vom LG Regensburg zurückgewiesen. Der komplexe Fall erfordere eine sorgfältige Prüfung.

- Wenn man sich für einen Moment in die Lage des Betroffenen hineindenkt, ist das (schon Tage zuvor in den Medien kursierende) von Unbekannten gefälschte Fax, in dem angeblich das LG Regensburg die Freilassung Herrn Mollath anordnet, besonders perfide. Ohne sich zuvor beim Gericht über die Echtheit des Faxes rückzuversichern wurde Herrn Mollath von einem Arzt die baldige Freilassung angekündigt (Affäre „Fax“).

- Und noch etwas anderes muss man sich bewusst machen: Herr Mollath ist nach wie vor untergebracht, also seiner Freiheit beraubt - auf Grundlage eines Urteils, das in der Substanz ein Fehlurteil ist und auf Grundlage eines Strafverfahrens, das hanebüchene und erschreckende Fehler enthielt. Jeder Tag in Gefangenschaft verlängert das aus meiner Sicht, aus Sicht der Staatsanwaltschaft und aus Sicht der Verteidigung klar erkennbare Unrecht. 

UPDATE 22.06.2013

Seit gestern berichtet die Presse vom Auskunftsersuchen  des BVerfG an das Bayerische Justizministerium in der Sache Mollath. Hintergrund ist die schon vor längerer Zeit eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen die Unterbringungsentscheidungen des OLG Bamberg und des LG Bayreuth von 2011 und 2012 im Rahmen der jährlichen Überprüfung. Die Verfassungsbeschwerde wurde nunmehr von der Verteidigung noch einmal aktualisiert und um die neuen Entwicklungen angereichert.  Nun wird spannend sein, ob das bayrische Justizministerium weiterhin die Unterbringung als verhältnismäßig und rechtmäßig ansieht, also die gerichtlichen Entscheidungen als korrekt bezeichnet, oder ob es auf die neuen Entwicklungen reagiert und auch die letztjährige Aufhebung einer solchen Entscheidung durch das BVerfG berücksichtigt. Der Stern zitiert den Ministeriumssprecher mit folgender aufschlussreicher Äußerung:

"Wir werden die Frage unseres höchsten Gerichts schnell und umsichtig beantworten", sagte der bayerische Ministeriumssprecher. Dabei werde besonders berücksichtigt, dass Mollath schon seit sieben Jahren in der Psychiatrie untergebracht sei - "eine sehr lange Zeit ohne Freiheit". Die Anfrage gebe nun die Möglichkeit, "auf diesen Umstand einzugehen". (Hervorhebung H.E.M.)

Das erscheint mir die Ankündigung einer Kritik an den Beschlüssen der o.a. Gerichte zu sein, zumindest in der Frage der (Un-)Verhältnismäßigkeit. Die Politik hat möglicherweise mittlerweile erkannt, dass große Teile der Bevölkerung nicht mehr nachvollziehen können, warum Mollath immer noch nicht frei gelassen wird, obwohl die Zweifel an seiner jahrelangen Unterbringung und insbesondere an seiner Allgemeingefährlichkeit unübersehbar geworden sind. 

Wie schon in meinen früheren Beiträgen ausgeführt: Selbst wenn Herr Mollath nunmehr - etwa nach Intervention des BVerfG oder aufgrund einer Beschwerdeentscheidung des OLG Bamberg - aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entlassen werden muss, ändert das nichts am Fortgang des Wiederaufnahmeverfahrens in Regensburg. Möglicherweise könnte dann aber der Zeitdruck auf die zuständige Kammer des LG Regensburg etwas geringer werden. Denn auch wenn der Fall Mollath keine Haftsache im förmlcih-strafprozessualen Sinne ist - er ist, solange Herr Mollath untergebracht ist, praktisch eine Haftsache im verfassungsrechtlichen Sinn.

UPDATE 24.06.2013

Sechs Optionen für die Freilassung von Gustl Mollath:

Angesichts des vor dem Wochenende bekanntgewordenen Auskunftsersuchens des BVerfG und der heutigen Entscheidung des OLG Nürnberg über eine Beschwerde von RA Strate erscheint es mir sinnvoll, einmal die derzeitigen Optionen für eine Freilassung Herrn Mollaths aus der Psychiatrie aufzuzeigen:

1. Nach wie vor kann die mit dem Wiederaufnahmeverfahren befasste Kammer des LG Regensburg jederzeit zu dem Schluss kommen, wegen der Erfolgsaussichten der Wiederaufnahme die Vollstreckung nach § 360 Abs.2 StPO zu unterbrechen.

2. Kommt das LG Regensburg sogar zu der Feststellung, die Wiederaufnahme sei begründet, entfällt die Rechtskraft des angegriffenen Urteils und Herr Mollath wäre (unabhängig von einer neuen Hauptverhandlung) sofort freizulassen. Allerdings hat das LG Regensburg bislang nicht einmal über die Zulässigkeit der Wiederaufnahmeanträge entschieden udn auch schon angedeutet, dass die Entscheidung über die Begründetheit noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde.

3. Das BVerfG könnte im Rahmen der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde Mollaths einstweilig die Freilassung anordnen (§ 32 BVerfGG). Grund könnte sein, dass die Unterbringung mittlerweile verfassungsrechtlich nicht mehr als verhältnismäßig beurteilt wird und das Freiheitsgrundrecht Herrn Mollaths eine sofortige Freilassung gebietet - ganz unabhängig davon, ob Herr Mollath die Straftaten begangen hat oder nicht bzw. ob die psychiatrischen Gutachten zutreffen oder nicht. Mit der Entscheidung würde natürlich das Wiederaufnahmeverfahren nicht obsolet.

4. Das OLG Bamberg wird über die Beschwerde gegen die Entscheidung des LG Bayreuth (§ 67 d StGB, §§ 463, 453 Abs.2 StPO) über die weitere Vollstreckung zu entscheiden haben. Wird der Beschwerde stattgegeben, ist Herr Mollath freizulassen.

5. Der Ministerpräsident des Freistaats Bayern, Herr Seehofer, könnte von seinem Gnadenrecht Gebrauch machen. Dies ist (in Bayern) auch von Amts wegen ohne Antrag des Betroffenen möglich und es gilt auch für den Maßregelvollzug. Diese Lösung wäre allerdings nach meiner Einschätzung wohl nicht im Sinne des Untergebrachten, würde aber womöglich den politischen Druck aus dem Fall Mollath nehmen.

6. Erst wieder in einem Jahr findet die nächste regelmäßige Überprüfung der Vollstreckung nach § 67 d StGB vor dem LG Bayreuth statt. Die dortige Strafvollstreckungskammer hat erst vergangene Woche entschieden, dass die Unterbringung fortzusetzen sei. Ergänzung: Nach § 67 e StGB wäre sie verpflichtet, auch vorher bereits neu zu entscheiden, wenn sich eine neue Sachlage ergibt.

Ob und wann eine Freilassung erfolgt, ist nach wie vor völlig offen; auch welche der Optionen die wahrscheinlichere ist, lässt sich kaum einschätzen. Und wegen der (aus meiner Sicht) schon etlichen Überraschungen in diesem Fall, wage ich auch keine Prognose mehr.

UPDATE 01.07.2013

Heute wurde u.a. über die "Option 5" - die Begnadigung durch den Ministerpräsidenten spekuliert. Ich glaube nicht, dass ein Gnadenakt dem Interesse von Herrn Mollath entspräche, aber (theoretisch) möglich wäre es, wie ich oben schon schrieb. Natürlich habe ich auch gesagt, dass eine Gnadenentscheidung (eigentlich) einer Gerichtsentscheidung nicht vorgreifen darf.

Es mehren sich zudem die Anzeichen dafür, dass jedenfalls die Politik inzwischen einen anderen Kurs einschlagen möchte. Heute hat Frau Justizministerin Merk  der Augsburger Allgemeinen gegenüber geäußert:

"Ich werde in meiner Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht deutlich machen, dass nach meiner Auffassung die Unterbringung des Mannes mit zunehmender Dauer unverhältnismäßig ist"

Die Unverhältnismäßigkeit der (weiteren) Unterbringung ist meines Erachtens schon spätetens seit November 2012  offenkundig; trotzdem hat das LG Bayreuth jüngst die Verhältnismäßigkeit auch nach über sieben Jahren Unterbringung bejaht, ohne dabei die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung hinreichend zu beachten. Mittlerweile steht allerdings § 62 StGB nicht mehr im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern die juristischen und tatsächlichen Fehler, auf denen das Urteil beruht, und die in der Wiederaufnahme nun geprüft werden. Ich glaube daher, diese Kehrtwende kommt zu spät, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, denn noch vor ein paar Wochen hat Frau Merk, auch wenn sie es jetzt bestreitet, das Urteil und die Unterbringung Herrn Mollaths verteidigt. Am schnellsten könnte jetzt das OLG Bamberg (Option 4) dem Wunsch der Ministerin nachkommen und in der Beschwerdeentscheidung über die weitere Vollstreckung Herrn Mollath freilassen. Die Wiederaufnahme wäre damit nicht erledigt, allerdings würde dann der Zeitdruck auf das LG Regensburg erheblich nachlassen.

UPDATE 04.07.2013

Das längere Interview mit Herrn Prof. Kröber von Alexander Dill auf  Telepolis zeigt größtenteils die Sicht des Psychiaters in diesem Fall: Nicht die Psychiatrie, sondern die Justiz ist verantwortlich. Auch meiner Ansicht nach beruht die Unterbringung Herrn Mollaths v.a. auf fehlerhaften juristischen Entscheidungen. Aber eine kritisch-prüfende Rolle der Psychiatrie gab es nicht, sondern nur eine bestätigende, die - im Falle Prof. Kröbers - auf einer Wahrunterstellung nicht nur des Urteils, sondern der gesamten Akten beruht, die er zur Beurteilung herangezogen hat. Nicht ein einziges kritisches Wort Prof. Kröbers zu diesen Akteninhalten findet sich.

Einige kritische Punkte aus dem Interview (das ganze Interview ist lesenswert!) möchte ich aufgreifen und kommentieren:

"Telepolis: Nun ist es ja so, dass die Justiz das zurückspielt, indem sie sagt: Die Gutachter haben doch bescheinigt, dass Mollath weiterhin gefährlich ist.

Kröber: Nein, die Gutachter haben bescheinigt, dass Mollath krank ist. Das ist einhelliger Tenor und das wird man vielleicht auch verifizieren können, wenn er draußen ist. Das hat sich auch aus der Beobachtung in der Klinik ergeben, wo er doch von zahlreichen Leuten über Jahre erlebt wurde. Es hat sich dort niemand gemeldet, der sagt: Wir beobachten Mollath schon seit Jahren in der Klinik und er ist völlig gesund."

Selbstverständlich gehört die Gefährlichkeitsprognose (neben der Krankheitsdiagnose) zu den zentralen Aufgaben des psychiatrischen Sachverständigen. Die Gefährlichkeit ist der Grund der Unterbringung. Und Herr Prof. Kröber hat diese Gefährlichkeit ausdrücklich bejaht.


"Kröber: Die Frage ist, ob dieses Urteil juristisch standhält, wenn es zu neuen Ermittlungen kommt, ob die Beweislage stabil ist. Das weiß ich nicht. Wenn aber in einem ordentlichen Verfahren die Delikte rechtskräftig festgestellt wurden, kann ich nicht als Psychiater diese Delikte infrage stellen."

Zum Zeitpunkt des ersten Gutachtens (von Dr. Leipziger) gab es noch keine rechtskräftige Feststellung. Ergibt sich (aus den Akten), dass die in der Anklage beschriebenen Taten anders abgelaufen sind bzw. ergeben sich Gründe (z.B. aus der in den Akten erkennbaren Motivlage der Ehefrau), dafür, dass es nicht so gewesen ist, braucht der Gutachter nichts zu unterstellen.  Zudem: Formell ist nur der Tenor der Entscheidung rechtskräftig festgestellt. Der Gutachter muss den Tatablauf, wie er in den Urteilsgründen steht, nicht unterstellen.


"Kröber: Ansonsten gelten die Gründe weiter, die bisher rechtskräftig festgestellt worden sind. Das ist ja in der Revision zum Bundesgerichtshof gegangen und dort konnte kein Fehler festgestellt werden."

Es war keine zulässige Verfahrensrüge erhoben worden - deshalb wurden vom BGH auch keine Fehler überprüft. Dafür kann Herr Kröber nichts; dennoch taugt es nicht als Argument.


"Telepolis: Bei so einer Beziehungstat, die wir in kleinerem Bereich ja auch aus den meisten Familien kennen, ist es doch meist so, dass mit der Trennung auch das Tatmotiv verschwindet. Nur in seltenen Ausnahmefällen verfolgt man seinen Partner dann noch weiter.

Kröber: Bei Mollath scheint genau das einige Jahre der Fall gewesen zu sein, wenn man das Urteil liest. Ich kenne durchaus Beispiele, wo so etwas bis zum Mord passiert. Zur Bewusstlosigkeit würgen ist in einer anderen Liga. Da waren die ja schon getrennt. Die Frau ist nach der Trennung noch in Mollaths Wohnung gekommen, um ihre Sachen zu holen. Dabei ist es passiert, wenn es so stimmt. Die Justiz hat die Geschichte eher verläppert. Da gab es dann keine Schreibmaschine. Das Ganze ging erst wieder voran durch die Reifenstecherei, das war aber bereits mehr als vier Jahre nach der Trennung. Da erst hat man gesagt: Er ist weiter gefährlich. Aber ich gebe Ihnen Recht: Sein Wahn bezog sich in diesen letzten Jahren schon lange nicht mehr auf seine Frau, sondern auf die Nürnberger Firma Diehl und die große Verschwörung, die er dort sah."
 

Ergänzung 05.07.2013: Herr Kröber hat jetzt folgende korrigierende Version in das Interview einfügen lassen:

"Das war im August 2001, vor der Trennung. Die Frau ist nach der Trennung Ende Mai 2002 nochmal in Mollaths Wohnung gekommen, um ihre Sachen zu holen. Dabei gab es einen laut Urteil einen erneuten Übergriff, er hat sie festgehalten und am Verlassen der Wohnung gehindert. Die Justiz hat diese Vorfälle in der Akutphase der Trennung eher verläppert. Offenbar bestand kein großes Verfolgungsinteresse. Das Ganze ging erst wieder voran durch die [Mollath vorgeworfene] Reifenstecherei im Januar 2005, drei Jahre nach der Trennung."
Mein Kommentar unten bezieht sich auf die erste Version, ist also zum Teil nicht mehr aktuell, zum Teil betrifft meine Kritik aber auch die ergänzte Version

Prof. Kröbers Darstellung ist grob unrichtig. Die Körperverletzung durch Würgen fand laut Ehefrau im Jahr 2001 statt. Erst Monate später zog sie aus der Wohnung aus, noch einmal etliche Monate später zeigte sie ihren Mann an. Diese beiden Umstände wurden weder in den Urteilsgründen noch in einem der Gutachten gewürdigt, stattdessen wurde alles unkritisch als richtig unterstellt, was Frau Mollath berichtet hatte. Die "Verläpperung" mit der Schreibmaschine fand erst nach den angeblichen Reifenstecherein statt.
Kröber verdreht die Tatsachen (bewusst oder unbewusst) und entgeht damit einer wichtigen Fragestellung: Wie kann ein Psychiater Jahre nach einer innerfamiliären Körperverletzung diagnostizieren, dass diese auf einem (jetzt erst) diagnostizierten Wahn beruht? Und wenn er sagt: Da erst hat man gesagt: Er ist weiter gefährlich, verdeckt er mit dem "man", dass es ein Psychiater war, der Herrn Mollath als gefährlich einstufte. Herr Prof. Kröber erweckt den unzutreffenden Eindruck, als habe Herr Mollath einen Wahn gegen die Rüstungsfirma Diehl entwickelt, und sich "schon lange nicht mehr auf seine Frau bezogen". Auch dies ist unrichtig. Die bei Herrn Mollath als ebenfalls wahnhaft angesehen angeblichen Reifenstechereien bezogen sich nicht auf eine Rüstungsfirma oder eine große Verschwörung, sondern angeblich auf Personen, die seiner Frau persönlich nahestanden bzw. in das Scheidungsverfahren involviert waren.


"Telepolis: Könnten wir nicht an den Punkt kommen, wo man sich darauf verständigt, dass - und Sie haben das ja auch bereits erwähnt - die Rückfallgefahr für die öffentliche Person Mollath nun deutlich geringer ist?

Kröber: Ja, dem würde ich soweit folgen.

Telepolis: Wenn sie mit diesem Satz - und Sie liegen doch auch in der Bewertung gemeinsam mit Ihren Kollegen - kommen, dann könnten Sie damit doch den Weg freimachen?

Kröber: Nein, könnte ich nicht. Das Problem ist: Mollath wäre schon längst draußen, wenn er kooperativer wäre. Wenn er einer neuen Begutachtung zugestimmt hätte und es nicht zur Bedingung machen würde, dass ihm das Gutachten vorher vorgelegt würde."

Soweit ich informiert bin, hat Herr Mollath nicht verlangt, dass ihm das Gutachten vorher vorgelegt wird. Er hat allerdings verlangt, dass er Einblick in die Krankenakten bekommt, um auf dort von der Klinik notierte Vorfälle eingehen zu können. Er verlangt damit etwas, was in einem normalen  juristischen Verfahren durchaus angemessen ist, aber eben nicht in der medizinischen Begutachtung vorgesehen ist.


"Das Problem ist weiter: Ich war an einer Fortdauerentscheidung beteiligt. Diese Untersuchung ist vorgeschrieben. Wenn sich gegenüber dem Einweisungszeitpunkt nichts geändert hat, dann entscheidet die Strafvollstreckungskammer für Fortdauer. Wenn nun, was in fünf Prozent der Fälle geschieht, Patienten nicht zur Kooperation bereit sind oder auch nicht zu Anhörungen erscheinen, dann wird auf der Grundlage des Einweisungsbeschlusses entschieden."

Das ist eine zutreffende abstrakte Darstellung. Konkret wurde Prof. Kröber auch damit beauftragt, auf das Gutachten Dr. Simmerls einzugehen, von dem sich Mollath hatte explorieren lassen. Wenn Herr Kröber nun sagt, es sei alles normal gelaufen und er habe halt mangels Kooperation nicht anders gutachten können, dann ist dies insofern falsch, als Kröbers Gutachten keineswegs die genannte und angemessene  Neutralität aufweist.


"Kröber: Diese Entscheidung ist bei Mollath jährlich gefallen. Sie ist auch nach dem Gutachten von Professor Friedemann Pfäfflin 2011 gefallen, der ihn eingehend untersucht und gesprochen hat."

Hier wird ein Widerspruch deutlich: Oben hat Prof. Kröber ausgeführt, es liege allein an Mollath, dass dieser sich nicht habe untersuchen lassen bzw. nicht einhaltbare Forderungen gestellt habe. Tatsächlich hat sich Herr Mollath sowohl vor dem Kröber-Gutachten als auch danach von Psychiatern untersuchen lassen.  Wenn Herr Dr. Simmerl und Herr Prof. Pfäfflin es schafften, Herrn Mollath zu explorieren, warum gelang es dann Herrn Dr. Leipziger und Herrn Prof. Kröber nicht?


"Telepolis: Letztlich bleibt doch stehen: Sie halten ihn jetzt für ungefährlich.

Kröber: Nein, das weiß ich nicht. Ich halte das für gut möglich und vorstellbar. Es ist nur möglich, dies mit und bei Mollath zu klären. Ich mache hier keine Gefährlichkeits-Diagnose, ohne eine wirkliche Begutachtung machen zu können."

Herr Prof. Kröber hat vor einigen Jahren eine Gefährlichkeitsdiagnose ohne wirkliche Begutachtung abgegeben. Herrn Mollaths Krankheit werde unbehandelt immer schlimmer werden, war seine Prognose. Nun hält er es für "gut möglich und vorstellbar", dass Herr Mollath ungefährlich geworden ist. Es wäre zu begrüßen, wenn dieser (abstrakte) Meinungswandel deutlicher dargestellt worden wäre.


"Kröber: Auf der anderen Seite ist es so, dass Mollath jeden, wenn er aus der Klinik entlassen wird, zum Mordopfer deklariert, und nicht deutlich ist, was ihn gegenwärtig inhaltlich beschäftigt."

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was Prof. Kröber meint. Ich habe nichts darüber gehört, dass Herr Mollath irgendwem mit dem Tod gedroht hätte. Was Herrn Mollath derzeit inhaltlich beschäftigt, ist hingegen durch etliche Interviews und seine Anhörung vor dem UA im Landtag deutlich. In einen Kopf hineinschauen kann man ohnehin nicht.

Ich kann nicht beurteilen, ob Herr Mollath psychisch krank ist oder nicht. Die entscheidende Frage für die Unterbringung ist aber die Gefährlichkeit.

Noch etwas: Wenn angebliche "Unterstützer" Herrn Mollaths dazu übergehen sollten, Menschen mit anderer Auffassung zu bedrohen, dann ist dies kriminelles Verhalten, das in keiner Weise gerechtfertigt werden kann. Zudem schadet ein solches Verhalten Herrn Mollath.

Service von dejure.org:

Die Verfahren im Fall Mollath mit Az. und Links.

Diskussion anderswo:

Blog von Gabriele Wolff

De Legibus-Blog (Oliver Garcia)

Internet-Law (Thomas Stadler)

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829 Kommentare

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Gast schrieb:

Closius schrieb:

Gastfrau schrieb:

Merk erhält Post aus Karlsruhe

Bundesverfassungsgericht will Auskunft zum Fall Gustl Mollath

 

 

http://www.sueddeutsche.de/g52384/1383023/Merk-erhaelt-Post-aus-Karlsruhe.html

 ..... dann besteht ja eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß die bayerische Justiz den Justizschlaf kurzfristig abbricht, aber nur um sich selbst nicht noch mehr zu blamieren. 

Wie kommt das BVerfG dazu, sich in innere Angelegenheiten der unabhängigen freistaatlichen Justiz einzumischen? Das ist doch unerhört! 

Frau Dr. jur. Beate Merk, bitte schreiten Sie unverzüglich ein, hier hat Karlsruhe eine rote Linie überschritten, das geht wirklich nicht. 

Die bayerische Justiz ist gründlich und vor allem sehr schnell, wir brauchen keine Einmischung, helfen Sie uns! 

 

4

@Herr Gastmann,

Sie schreiben - in Antwort an Herrn Garcia:

Ich habe also gerade nicht geschrieben, dass die Frage, ob die Anlasstaten tatsächlich begangen worden sind, unerheblich ist. Sie ist natürlich erheblich für das Wiederaufnahmeverfahren (unter dessen Voraussetzungen und mit dessen Rechtsfolgen, darunter ggf. §§ 360 II, 371 II StPO). Sie ist aber nicht erheblich für das Unterbringungsverfahren. Ihre Ausführungen geben mir keinen Anlass, davon abzuweichen.

Dieselbe Frage - nicht so emotionalisierend (Hannibal L.)  gefasst wie die Ihre, aber in der Sache gleich - stellte Klabauter gestern. Darauf habe ich ihm bereits geantwortet, das haben Sie vielleicht übersehen, deshalb hier noch einmal:

Die StVK LG Bayreuth hat angenommen, sie müsse die Straftatenbegehung aufgrund ihrer Rechtskraft als gegeben zugrundelegen, weshalb auch der Psychiater als "Arbeitshypothese" davon ausgehen solle, dass die Straftaten begangen worden seien wie es im Urteil des LG Nürnberg-Fürth festgestellt sei.

Das Verhältnis zwischen Wiederaufnahmeverfahren und der überprüfung nach § 67 d StGB ist keineswegs systematisch so klar, wie die StVK LG Bayreuth und Sie (Klabauter und Gastmann) offenbar annehmen,

Zitat aus OLG Frankfurt a. M. vom 14.10.2010 3 Ws 970/10 (openjur-Link):

 "Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze dienten dazu, dem Verurteilten bei Fehleinweisungen aus tatsächlichen Gründen das schwerfällige Wiederaufnahmeverfahren zu ersparen (vgl. Senat. Beschluss vom 26.11.2001, NStZ-RR 2002, 58f; Berg/Wiedner, Die Erledigterklärung nach § 67 d Abs. 6 StGB…., StV 2007, 434, 439, Fußnote 40). Wird nämlich eine im Erkenntnisverfahren angeordnete Maßregel für erledigt erklärt, weil sich aufgrund einer Begutachtung im Vollstreckungsverfahren ergeben hat, dass eine zwingende Voraussetzung für die Anordnung der Maßregel nicht vorgelegen hat, so ist diese Erledigungserklärung einem Wegfall der Maßregel im Wiederaufnahmeverfahren (§ 359 Nr. 5 StPO) vergleichbar (vgl. Senat, NStZ 1993, 252 f.)" (Hervorhebung von mir).

Ich würde Ihre Rechtsfragen - hier ist Vieles neu und sicherlich umstritten, wie ich ja bereits ausgeführt habe - so beantworten: Grds. erstreckt sich die Rechtskraft ohnehin nur auf den Tenor, nicht auf die Urteilsgründe, d.h. das Vollstreckungsgericht  ist eben nicht an die tatsächlichen Feststellungen gebunden. Allerdings gibt die Systematik des Gesetzes auch nichts dafür her bzw. spricht eher dagegen, dass nun die StVK regelmäßig verpflichtet wäre, die Straftatenbegehung des Untergebrachten erneut zu überprüfen. Ab wann es aber Anlass hat (bzw. sogar gezwungen ist), neu bekannt gewordene Tatsachen bezüglich der Straftatenbegehung zu berücksichtigen, dazu lassen sich allgemeingültige Aussagen kaum treffen. Aber ich würde dafür plädieren, dass sich eine StVK bei der Bewertung mit staatsanwaltlichen Ermittlungsergebnissen, die den in den Urteilsgründen festgestellten Tatsachen widersprechen, auseinanderzusetzen hat.

Wenn es nun gelänge, in der Diskussion des Falls Mollath weitere Kriterien zu benennen, dann wäre dies schon weit mehr als ein Blog normalerwese leisten kann - ich würde mich darüber freuen. Aber ich muss auch einräumen, dass dies eher ein Thema für einen längeren rechtswissenschaftlichen Aufsatz ist.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

 

Wenn es nun gelänge, in der Diskussion des Falls Mollath weitere Kriterien zu benennen, dann wäre dies schon weit mehr als ein Blog normalerwese leisten kann - ich würde mich darüber freuen. Aber ich muss auch einräumen, dass dies eher ein Thema für einen längeren rechtswissenschaftlichen Aufsatz ist.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Thema für längeren rechtswissenschaftlichen Aufsatz? Lösungen, die der Normalmensch nicht mehr nachvollziehen kann?

Aus dem Recht eine Geheimwissenschaft zu machen, die nur wenigen Eingeweihten noch nachvollziehbar sein könnte, ist sicherlich nicht der Weg in einen Rechtsstaat, sondern das Gegenteil davon.

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Henning Ernst Müller schrieb:

Ich würde Ihre Rechtsfragen - hier ist Vieles neu und sicherlich umstritten, wie ich ja bereits ausgeführt habe - so beantworten: Grds. erstreckt sich die Rechtskraft ohnehin nur auf den Tenor, nicht auf die Urteilsgründe, d.h. das Vollstreckungsgericht  ist eben nicht an die tatsächlichen Feststellungen gebunden. Allerdings gibt die Systematik des Gesetzes auch nichts dafür her bzw. spricht eher dagegen, dass nun die StVK regelmäßig verpflichtet wäre, die Straftatenbegehung des Untergebrachten erneut zu überprüfen. Ab wann es aber Anlass hat (bzw. sogar gezwungen ist), neu bekannt gewordene Tatsachen bezüglich der Straftatenbegehung zu berücksichtigen, dazu lassen sich allgemeingültige Aussagen kaum treffen. Aber ich würde dafür plädieren, dass sich eine StVK bei der Bewertung mit staatsanwaltlichen Ermittlungsergebnissen, die den in den Urteilsgründen festgestellten Tatsachen widersprechen, auseinanderzusetzen hat.

Wenn es nun gelänge, in der Diskussion des Falls Mollath weitere Kriterien zu benennen, dann wäre dies schon weit mehr als ein Blog normalerwese leisten kann - ich würde mich darüber freuen. Aber ich muss auch einräumen, dass dies eher ein Thema für einen längeren rechtswissenschaftlichen Aufsatz ist.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

@ Herrn Müller:

1. Der Hinweis auf den Topos, die materielle Rechtskraft erfasse im deutschen (Zivil- und Straf-)Verfahrensrecht immer nur den "Tenor" und jedenfalls nicht die Urteilsgründe, findet sich auch bei Strate, ist aber falsch bzw. liegt neben der Sache: Die Urteilsgründe erwachsen nicht "selbständig" (= losgelöst vom jeweiligen Rechtsfolgenausspruch) in Rechtskraft; wohl aber verhindert die Rechtskraft, dass die tatsächlichen und rechtlichen Prämissen des Rechtsfolgenausspruchs mit dem Ziel angegriffen werden, diesen selbst zu Fall zu bringen (allg. M.).

2. Dass die "Fehleinweisungsrechtsprechung" und folgeweise § 67d VI StGB ausnahmsweise in die materielle Rechtskraft des Strafurteils und damit in einen an sich dem Wiederaufnahmeverfahren vorbehaltenen Bereich eingreifen, ist zutreffend, aber banal  -  deshalb belegt auch die von Ihnen zitierte Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. an dieser Stelle auch nichts, was sich nicht von selbst verstünde. Die Frage ist doch nur, wie weit das reichen kann, und insoweit belegt diese Entscheidung das genaue Gegenteil von dem, wofür Sie sie zitieren, nämlich den sehr restriktiven Ansatz der Rechtsprechung. Dafür, die "Fehleinweisungsrechtsprechung" nun auch noch auf die Anlasstat auszudehnen, gibt sie nichts her, wiederum: im Gegenteil.

Nichts für ungut und beste Grüße,

Gastmann

 

3

Mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Berufspolitiker a.D. Müller (CDU) hat das BVerfG ja genau den richtigen Berichterstatter bestellt. Das erklärt dann vielleicht auch die lange Untätigkeit in Karlsruhe, obwohl der Fall Mollath längst im Wege einer Kammerentscheidung entschieden sein könnte...

5

Sehr geehrter Gast,

Sie schreiben:

Thema für längeren rechtswissenschaftlichen Aufsatz? Lösungen, die der Normalmensch nicht mehr nachvollziehen kann?

Aus dem Recht eine Geheimwissenschaft zu machen, die nur wenigen Eingeweihten noch nachvollziehbar sein könnte, ist sicherlich nicht der Weg in einen Rechtsstaat, sondern das Gegenteil davon.

Sehr geehrter Herr Sobottka,

Sie schreiben:

Ähm, ja. Womöglich ist Prof. Müller neidisch auf die Psychiater, die alles behaupten können, ohne irgendetwas erklären zu müssen, und will das jetzt auch für die Juristerei so haben....

Ihre Vermutung ist zurückzuweisen: Die Situation des Aufeinandertreffens von Wiederaufnahmeanträgen und § 67 d StGb ist recht selten und eben darum im Gesetz nicht auf den ersten Blick erkennbar geregelt.  In welche Richtung ich darüber nachdenke, habe  ich ausgeführt. Ich habe zudem gegenüber Occam/Klabauter Diskussionsbereitschaft bekundet. In schwierigen rechtlichen Fragen können eben auch verschiedene Auffassungen vertretbar sein. Und - das können Sie natürlich bestreiten - es ist auch nicht ganz nutzlos, dass die juristische Tätigkeit eine akademische Ausbildung verlangt, auch wenn ich schon den Anspruch habe, dass auch interessierte Nichtjuristen meine Aufsätze nachvollziehen können. Ich maße mir aber auch nicht an, einen Blinddarm herausoperieren oder eine Autobahnbrücke bauen zu können. Dass ich - gerade im Fall Mollath - die Juristerei zu einer Geheimwissenschaft machen wolle, ist, das ist wohl aus meinen Beiträgen hier hinreichend erkennbar, ein ziemlich abwegiger Vorwurf. Natürlich steht es Ihnen frei, mich und alle anderen Juristen zu verdammen. Ich wünsche Ihnen dann viel Glück in einem Gemeinwesen, das keine rechtliche Regeln kennt bzw. das ganz ohne Rechtswissenschaft auskommt.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

 

Henning Ernst Müller schrieb:

 

Aus dem Recht eine Geheimwissenschaft zu machen, die nur wenigen Eingeweihten noch nachvollziehbar sein könnte, ist sicherlich nicht der Weg in einen Rechtsstaat, sondern das Gegenteil davon.

 

Ähm, ja. Womöglich ist Prof. Müller neidisch auf die Psychiater, die alles behaupten können, ohne irgendetwas erklären zu müssen, und will das jetzt auch für die Juristerei so haben....

 Und - das können Sie natürlich bestreiten - es ist auch nicht ganz nutzlos, dass die juristische Tätigkeit eine akademische Ausbildung verlangt, auch wenn ich schon den Anspruch habe, dass auch interessierte Nichtjuristen meine Aufsätze nachvollziehen können.

Da ich meine Gordon-Setter-Hündin ausgeführt habe,sind Sie, Herr Prof. Müller, meiner Antwort zuvorgekommen.

Die beiden Zitate und weiter oben von Occam noch der "geniale Einfall" einer Neid-/Eifersuchts-Unterstellung halte ich einer seriösen und sachlichen Befassung mit der Causa Mollath nicht für zuträglich. Indirekte und direkte ad-hominem -Attacken gefallen mir nicht.

Da mir der sachliche Stil von Ihnen, Herr Prof.Müller sehr zusagt,lese ich Ihre Ausführungen immer sehr

genau und hoffentlich mit Kenntnisgewinn.

Daher möchte ich gerne Ihren Satz erneut zitieren und feststellen,dass ich als Arzt sehr interessiert bin und bislang alles nachvollziehen konnte und gerade der im Moment wichtigste Teil der Causa Mollath eben rein juristisch ist.

Quote:
auch wenn ich schon den Anspruch habe, dass auch interessierte Nichtjuristen meine Aufsätze nachvollziehen können

 

Addendum:

Quote:
Wenn es nun gelänge, in der Diskussion des Falls Mollath weitere Kriterien zu benennen
verstehe ich nicht ganz.In welche Richtung und welcher Art "weitere Kriterien"?

Im übrigen war ich es als "Gast" oder "segeln",der die Frage nach der Komplettfälschung des ärztlichen Attests aufgeworfen hatte.

Wie kann ich mit meinem nickname "segeln" hier posten?

Prof. Müller schrieb:

Grds. erstreckt sich die Rechtskraft ohnehin nur auf den Tenor, nicht auf die Urteilsgründe, d.h. das Vollstreckungsgericht  ist eben nicht an die tatsächlichen Feststellungen gebunden. Allerdings gibt die Systematik des Gesetzes auch nichts dafür her, dass nun die StVK regelmäßig verpflichtet wäre, die Straftatenbegehung des Untergebrachten erneut zu überprüfen.

 

Ich denke, die Pflicht kann schon aus dem Zweck der psychiatrischen Maßregel abgeleitet werden:           

                                                        Gefahrenabwehr!

 

Das Unterbringungsurteil und die Fortdauerentscheidung sind beide Maßnahmen der Gefahrenabwehr, nicht der Strafe. Von "Straftatbegehung" zu sprechen ist zwar keineswegs falsch, birgt aber die Gefahr, den Zweck der Maßregel mit staatlichen Strafanspruch zu vermischen und die Maßregel als eine Art Ersatzfreiheitsstrafe zu behandeln. Mein Vorschlag daher wäre, bei psychiatrischer Maßregel "Straftatbegehung" durch "strafbare Rechtsgutverletzung" synonym zu ersetzen oder sie gedanklich leitend mit zu führen.

Entsprechend habe ich mir erlaubt, die von Prof. Müller genannten Voraussetzungen wie folgt zu ergänzen, um die Bedeutung der Rechtsgutverletzung für die Unterbringungsvoraussetzungen aufzuzeigen:

 

1. Straftatbegehung = (strafbare) Rechtsgutverletzung

2. Schuldunfähigkeit = verminderte oder fehlende Steuerungsfähigkeit  = (hier:) "wahnhafte Störung"

3. Begehung der Straftat(en) im Zustand der Störung und aufgrund der Störung = Verletzung eines Rechtsguts bei eingeschränkter oder aufgehobener Steuerungsfähigkeit

4. Andauernde Gefahr (hohe Wahrscheinlichkeit) der Begehung weiterer erheblicher Straftaten = dauerhafte "wahnhafte Störung" = (permanent) andauernde Neigung zur Verletzung von Rechtsgütern ohne oder bei eingeschränkter Steuerungsfähigkeit

5. Verhältnismäßigkeit der (weiteren) Unterbringung = u.a. Wertigkeit des Freiheitsrechts darf die des verletzten (oder gefährdeten) Rechtsguts nicht überwiegen

 

Das Unterbringungsurteil stellt fest, dass alle Voraussetzungen vorlagen. Das Vollstreckungsgericht hat zu prüfen, ob es dabei geblieben ist. Bringt der Untergebrachte Einwände gegen die ihm zu Last gelegte Straftatbegehung vor, dann muss die StVK im Rahmen ihrer Möglichkeiten (der Gefahrenabwehr im Freibeweisverfahren) selbstverständlich prüfen, ob der Untergebrachte Rechtsgüter verletzt habe, wenn mit seinem Vorbringen mögliche Zweifel verbunden sind. Eine Bindung an die Feststellungen des Urteils kann es schon deswegen nicht geben, weil die vom Untergebrachten ausgehende Gefahr in der Prognose ein Dauerzustand ist und der ständigen ex post Überprüfung durch die StVK unterliegen muss. Die Gefahrenlage ist kein abgeschlossener Lebenssachverhalt wie Straftatbegehung mit dem darauf folgenden Freiheitsentzug als Strafe. Deswegen sind die strafrechtlichen Grundsätze der Rechtskraftwirkung nicht ohne Weiteres auf eine "polizeiliche" Gefahrenabwehr übertragbar.

Sehr geehrter Herr Franken,

Sie schreiben bzw. fragen:

Zitat:

"Wenn es nun gelänge, in der Diskussion des Falls Mollath weitere Kriterien zu benennen"

verstehe ich nicht ganz.In welcher Richtung und welcher Art "weitere Kriterien"?

Dies bezog sich auf die oben begonnene Diskussion darüber, inwieweit die tatsächlichen Feststellungen eines Gerichts zur Anlass-Straftat in der jährlichen Vollstreckungsüberprüfung überprüft werden können/dürfen/müssen. Die StVK Bayreuth ist der Meinung, die Feststellungen seien (bis zur Aufhebung in einer Wiederaufnahme) rechtskräftig und müssten jeder Entscheidung zugrunde gelegt werden. Ich bin der Auffassung, dass unter bestimmten Umständen auch diese Tatsachen überprüft werden müssen (ebenso z.B. Herr Garcia). Von den Diskussionspartnern habe ich "weitere Kriterien" dafür erfragt, wann (im allgemeinen) die Überprüfung nach § 67 d StGB auch die Tatsachenfeststellungen des Ausgnagsgerichts erfassen sollte und wann nicht. Dies deshalb, weil die Darstellung einiger Kommentatoren, § 67d StGB erlaube dies überhaupt nicht, unzutreffend ist.

Im übrigen war ich es als "Gast" oder "segeln",der die Frage nach der Komplettfälschung des ärztlichen Attests aufgeworfen hatte.Wie kann ich mit meinem nickname "segeln" hier posten?

Das hängt von Ihren Profileinstellungen in der Community ab.

Die beiden Zitate und weiter oben von Occam noch der "geniale Einfall" einer Neid-/Eifersuchts-Unterstellung halte ich einer seriösen und sachlichen Befassung mit der Causa Mollath nicht für zuträglich. Indirekte und direkte ad-hominem -Attacken gefallen mir nicht.

Wenn Kommentatoren nicht zwischen sachlicher und persönlicher Ebene unterscheiden können, disqualifizieren sie sich ohnehin für die Diskussion und ich werde deshalb auch auif solche Anwürfe nicht mehr antworten.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

Dies bezog sich auf die oben begonnene Diskussion darüber, inwieweit die tatsächlichen Feststellungen eines Gerichts zur Anlass-Straftat in der jährlichen Vollstreckungsüberprüfung überprüft werden können/dürfen/müssen. Die StVK Bayreuth ist der Meinung, die Feststellungen seien (bis zur Aufhebung in einer Wiederaufnahme) rechtskräftig und müssten jeder Entscheidung zugrunde gelegt werden. Ich bin der Auffassung, dass unter bestimmten Umständen auch diese Tatsachen überprüft werden müssen (ebenso z.B. Herr Garcia). Von den Diskussionspartnern habe ich "weitere Kriterien" dafür erfragt, wann (im allgemeinen) die Überprüfung nach § 67 d StGB auch die Tatsachenfeststellungen des Ausgnagsgerichts erfassen sollte und wann nicht. Dies deshalb, weil die Darstellung einiger Kommentatoren, § 67d StGB erlaube dies überhaupt nicht, unzutreffend ist.

Sehr geehrter Herr Professor Müller,

mit Ihrem dankenswerten Hinweis für die "weiteren Kriterien" haben Sie mich natürlich auf dem falschen,weil laienhaften,Fuß erwischt.

Denn in der Thematik einer Urteilsbindung besitze ich nicht den nötigen juristischen Sachverstand,um etwas Substanzielles beizutragen.

Auch nach längerem Nachdenken gelingt es mir nicht,"weitere Kriterien" juristisch korrekt zu formulieren,sodass ich sagen muss: nix G´scheites hoab i net.

Hier müssten die anwesenden Juristen etwas dazu beitragen.

Ihre Auffassung,dass unter bestimmten Umständen die früher getroffenen Feststellungen (Sie schreiben zuerst von Feststellungen und dann m.E.,mit Verlaub, fälschlicherweise von Tatsachen-denn diese sind ja im  Lichte neuerer Erkenntnisse kaum noch als Tatsachen zu bezeichnen) überprüft werden können/sollen/müssen teile ich.

So wie ich den Text des §67d StGB verstehe,steht dieser § dem nicht entgegen.

Im übrigen ist nur aus dem Urteilstenor Rechtskraft gewachsen und nicht aus den Urteilsbegründungen.

Erlauben Sie mir dennoch ein paar Bemerkungen zur Bindungswirkung.

In Ihrem Thread http://blog.beck.de/2013/03/26/fall-mollath-die-wiederaufnahmeantr-ge-unter-der-lupe

schreiben sie

Quote:
Juristisch sicherlich am interessantesten ist die Diskussion um die Frage, ob ein Eröffnungsbeschluss und damit eine Prozessvoraussetzung fehlt (V7, S. 95 ff.)

Im hiesigen Thread scheint mir die Frage nach der Bindungswirkung das Interessanteste zu sein.

Indiziell dafür mag Ihr o.a. Zitat sein,welches Ihr juristisches Interesse an dieser Fragestellung belegt.

Diese Bindungswirkung soll ja auch für die Gutachter gelten,denn die StVK schreibt:

Quote:
Entsprechend der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Nürnberg-

... möge arbeitshypothetlsch nach wie vor davon ausgegangen

,werden, dass die Anlasstaten, ..., stattgefunden haben.

Dies erscheint mir nicht richtig zu sein,da präjudiziell die Gefahr besteht,dass ein Gutachten "um das Urteil mit seinen (falschen)Feststellungen herum gestrickt wird"

Eine andere Vorgenhensweise halte ich für sinnvoller: erst eine aktuelle Diagnose und damit einhergehend eine Prognose und dann erst die "Konfrontation" mit den früher getroffenen Feststellungen/Anlasstaten und anschließend die Beurteilung,ob die aktuelle Diagnose mit diesen früheren Feststellungen/Anlasstaten weiterhin noch kompatibel ist.

Die StVK hat m.E. eine elegante Möglichkeit verpasst,nach der Ablehnung des vorgeschlagenen Gutachters,einen neuen Gutachter aus dem deutschsprachigem Raum (Österreich, Schweiz) mit einem neuen Gutachten zu beauftragen.

Dieser wäre etwas "entfernter " von der Causa Mollath und von den bisherigen deutschen Gutachtern.

Aber offensichtlich wollte die StVK dies nicht,denn sie hat es bei der Ablehnung von Seiten des vorgeschlagenen Gutachters belassen.

Zuerst war ein Gutachten für die Beschlussfassung des StVK von diesem für notwendig/sinnvoll gehalten,aber dann plötzlich nicht mehr.

Spekulationen über dieses Vorgehen stehen mir nicht zu.

Gestatten Sie mir noch die Frage,ob obige Bindung (arbeitshypothetisch...) aus ihrer Sicht zulässig und richtig ist?

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Franken 

 

5

Mich wunderts nur wie Fau Mielke psychologisch mit der Sache fertig wird.

Alle Welt weiss, die Sache ist entschieden. Die Beweislast ist so erdrückend.

Und Frau Mielke stellt sich hin und sagt:"Das ist jetzt alles aber hochkomplex."

In den Augen jedes sittlich orientierten Menschen, macht sie sich damit absolut unmöglich.

Wie hält man sowas nur aus?

Der Ruf ist doch ruiniert?!?

5

Gast schrieb:

Mich wunderts nur wie Fau Mielke psychologisch mit der Sache fertig wird.

Alle Welt weiss, die Sache ist entschieden. Die Beweislast ist so erdrückend.

Und Frau Mielke stellt sich hin und sagt:"Das ist jetzt alles aber hochkomplex."

In den Augen jedes sittlich orientierten Menschen, macht sie sich damit absolut unmöglich.

Wie hält man sowas nur aus?

Das geht, indem sie ich denkt: "Ihr seid der Pöbel, ihr könnt mir gar nichts."

 

Gast schrieb:

Der Ruf ist doch ruiniert?!?

Dem Justizministerium ist das relativ egal. Sollte die CSU wieder an die Macht kommen, wovon bisher ausgegangen werden muss, empfängt sie sicher "höhere Weihen."

 

Robert Stegmann

5

Sehr geehrte Diskussionsteilnehmer-innen,

ich habe oben im Beitrag ein Update angefügt.

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Friedrich B.H.,

ich hatte mich schon früher zu der tatsächlich sehr umstrittenen Norm § 353 d StGB geäußert. Zunächst einmal halte ich die Argumentation Herrn Strates schon allein deshalb für richtig, weil eine Strafrechtsnorm, die so sehr mit Grundrechten (Pressefreiheit, Meinungsäußerungsfreiheut) in Konflikt steht, verfassungskonform eng auszulegen ist. Das bedeutet, ein Strafverfahren in der Sache Mollath  liegt erst wieder vor, wenn das WA-Gericht die WA für begründet erklärt und (möglicherweise) eine neue Hauptverhandlung ansteht.

Fragwürdig ist die Norm v.a. deshalb, weil das geschützte Rechtsgut völlig unklar ist. Denkbar wäre, die Norm mit den Persönlichkeitsrechten eines Angeklagten zu begründen - er soll nicht schon vor der Hauptverhandlung mit Einzelheiten aus der Anklageschrift belastet werden. Dies würde aber die Fälle mangels Schutzgut herausnehmen, in denen der Betr. oder seine Verteidigung in seinem Sinne Schriftsätze aus den Akten veröffentlicht.

Ein anderes denkbares Rechstgut wäre es, einer Vorwegnahme der Hauptverhandlung in der Öffentlichkeit vorzubeugen. Dafür hätte ich größtes Verständnis - dafür ist aber die Norm viel zu eng bzw. falsch gefasst, weil sie nur wörtliches Zitieren verbietet, aber nicht die inhaltliche Wiedergabe.

Um diese Fragen höchstrichterlich zu klären, müsste so ein Fall auch einmal bis zu den höheren Gerichten kommen. Andererseits kann ich niemandem empfehlen, es darauf ankommen zu lassen, denn auch ein Ermittlungsverfahrenkann kann ja unangenehm sein. Herr Strate ist dieses Risiko bewusst eingegangen. Insofern gebührt ihm aller Respekt.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller,

 

zunächsteinmal vielen Dank für diesen Blog und Ihr Update vom 22.06.2013. Ich erkenne da einen gewissen Optimismus was die alsbaldige Freilassung von Herrn Mollath betrifft.

Nun bin ich Nichjurist aber spricht die Politik in der ja sehr viele Juristen sind nicht schon seit Tagen davon, Herr Moillath möchte endlich mit den Psychiatern zusammen arbeiten und einer neuerlichen Begutachtung die Zustimmung erteilen?

So in etwa sehe ich die Stellungnahme des Justizministeriums.

Kann sie mit diesem Argument durchkommen?

 

Robert Stegmann

5

Das Interview ist in der heutigen Rundschau um 21.45

0

Quote:
Die Anfrage gebe nun die Möglichkeit, "auf diesen Umstand einzugehen". (Hervorhebung H.E.M.)

Diese Äußerung des Ministeriumssprechers ist eigenartig (ein besserer Ausdruck fällt mir im Moment nicht ein) denn der Umstand

Quote:
besonders berücksichtigt, dass Mollath schon seit sieben Jahren in der Psychiatrie untergebracht sei - "eine sehr lange Zeit ohne Freiheit

ist ja wohl nicht erst seit dem Auskunftsersuchen des BVerfG bekannt.

Der Eindruck entsteht,dass sich hier hinter dem BVerfG versteckt wird.

Erst ein Auskunftsersuchen des BVerfG soll die Möglichkeit ergeben,zu handeln("auf diesen Umstand einzugehen")?

Gut,im nachhinein kann ich gut behaupten,die Erfolgsausichten für Herrn Mollath waren m. E.darin zu sehen,dass der WA der StA und  der WA der Verteidigung zum Erfolg führen oder eben das BVerfG.

Nun hat das BVerfG diese Erfolgaussichten gestärkt.(reines Bauchgefühl von mir,dass dies so schnell geschieht konnte ich nicht ahnen)

5

Die Meinungsfreiheit gilt auch für die JuMi Beate Merk, die diese Tage die neueste forensisch-psychiatrische Einweisungsanstalt Bayerns zu eröffnen gedenkt...

0

@segeln141

 

Wenn Frau Maske oder die Sprechstundenhilfe das Attest ausgestellt haben, Herr Reichel aber trotzdem aussagt, dass er das Attest ausgestellt hat, dann kann das für mich nur zwei Gründe haben. Abhängigkeit/Hörigkeit oder Erpressung.

 

Robert Stegmann

5

Gastfrau schrieb:

 

Ermittlungen gegen Rechtsanwalt Gerhard Strate

 

http://www.kanzlei-hoenig.de/blog/

Wenn Herr Hoenig da von einem Justiz-Augiasstall schreibt, ist ihm vorbehaltlos zuzustimmen. 

Warum nur sind die noch integren, unabhängigen Richter und Staatsanwälte auf Tauchstation? 

Trauen sie sich nicht?

Oder gibt es keine mehr?

Dr. Matschke schrieb:

Gastfrau schrieb:

 

Ermittlungen gegen Rechtsanwalt Gerhard Strate

 

http://www.kanzlei-hoenig.de/blog/

Wenn Herr Hoenig da von einem Justiz-Augiasstall schreibt, ist ihm vorbehaltlos zuzustimmen.

Warum nur sind die noch integren, unabhängigen Richter und Staatsanwälte auf Tauchstation?

Trauen sie sich nicht?

Oder gibt es keine mehr?

In Bayern entscheidet allein Merk über Berufung, Beförderung.....über die Karrieren der "unabhängigen" Richter...über die weisungsgebundenen Staatsanwälte sowieso.

Noch Fragen?

5

Dr. Matschke schrieb:

Warum nur sind die noch integren, unabhängigen Richter und Staatsanwälte auf Tauchstation? 

Trauen sie sich nicht?

Oder gibt es keine mehr?

Das eigene Nest beschmutzt man nicht.

4

Hallo Herr Professor,

ich habe mal eine Frage zum Auskunftsersuchen. Ein Ersuchen ist ja eher eine Bitte. Gleichzeitig wird berichtet das die Behörden jetzt bis zum 23.Juli 2013 Zeit haben zu einer Stellungnahme.

Müssen die jetzt Stellung zu dem Ersuchen nehmen oder können sie?

Was passiert wenn keine Antwort vom bayerische Justizministerium oder dem Generalbundesanwalt kommt?

 

Schöne Grüße

 

Deali

5

@Deali

Das Justizministerium sieht sehr häufig von einer Stellungnahme ab, wenn VB sich gegen Gerichtsentscheidungen richtet, gefühlt dürfe das sogar die Regel sein. Um so mehr überrascht es mich, dass es bereits angekündigt habe, davon Gebrauch machen zu wollen.

Fraglich dürften aber vor diesem Hintergrund die bisherigen Erklärungen der JMin sein, es sei ihr verboten, sich zu den Entscheidungen der Gerichte zu äußern. Gibt also das BVerfG der JMin etwa jetzt die Gelegenheit, einmal etwas Verbotenes zu tun?

Dabei sagte die Justizministerin: "Sieben Jahre sind sieben Jahre."

 

Ob dies auch der am Überprüfungsverfahren beteiligten STA bekannt ist?

Justizministerin Beate Merk ging in diesem Zusammenhang erstmal deutlich auf Distanz zur Gerichtsbarkeit ihres Bundeslandes. Sie erklärt gegenüber der SÜDWEST PRESSE: „Ich will den Akzent ganz besonders auf die Verhältnismäßigkeit legen. Mir ist wichtig: Sieben Jahre sind sieben Jahre. Jeder Monat, den Herr Mollath weiter in der Psychiatrie verbringt, spitzt die Frage zu: Ist die Unterbringung, die nach der Überzeugung der Gerichte in der Vergangenheit noch gerechtfertigt war, auch in Zukunft noch in Ordnung? Ich garantiere auch dafür, dass wir noch innerhalb der ersten Juliwoche eine Stellungnahme abgeben – also weit vor der Frist. "

 

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Fall-Mollath-Merk-geht-auf-Distanz-zur-Justiz;art1158781,2073805

 

Welchen Wert hat so eine garantierte Stellungnahme ?

Wenn jemand eine Garantie gibt, ist er üblicherweise auch haftbar zu machen, wenn er die Garantie nicht einhält.

 

5

Reifenwahn - ingenieurwissenschaftliche Analyse, 1.Teil

Mit der folgenden Analyse hoffe ich, das ständig im Kreis laufende Mollath-Verfahren durch eine allgemeinverständliche Analyse des technischen Hintergrunds und der sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen etwas zu beschleunigen. Kürzer gehts leider nicht, anderenfalls würde die Verständlichkeit leiden und der Zusammenhang verlorengehen. Die an sich unziemliche Länge bitte ich zu entschuldigen, sie ist dem Fall angemessen. Sie paßt auch in dieses Forum.

---

Allgemein bekannt soll in einem ursprünglich von der Regensburger Staatsanwaltschaft verfassten Wiederaufnahmeantrag bezüglich des Mollath-Verfahrens folgendes stehen:

„Angesichts der Beweislage war eine Verurteilung nicht begründbar und bar jeder tragfähigen Beweise. Letztlich wurde kein Motiv festgestellt, niemand hat den Täter gesehen, Spuren gab es keine, andere Täter mit gleicher Motivlage sind vorhanden.“

Genau dies war auch mein erster Eindruck. Auch aus technischer Sicht sieht der gesamte behauptete Ablauf recht seltsam aus, wobei diese Reifenstechereien gemäß Urteil folgendermaßen ausgeführt worden sein sollen:

"Bei den beschädigten Reifen wurde mittels eines feinen Werkzeugs die Flanken der Reifen zerstochen, sodass die Beschädigungen mit dem bloßen Auge teilweise nicht sichtbar waren und die Luft nur langsam nach Inbetriebnahme der Fahrzeuge entwich, weshalb gefährliche Situationen beim Betreiben des Pkw im Straßenverkehr entstanden" (S.15). Und nochmals auf S.19: "sämtliche Autoreifen wurden auf dieselbe Weise mit einem dünnen Gegenstand in die Flanke gestochen, sodaß die Beschädigung nicht oder nicht leicht sichtbar waren und meist erst auf der Fahrt entdeckt wurden". Diese Beschädigungen seien allgemeingefährliche Taten, da "durch die Tatausführung (nur geringe Stichbeschädigungen, langsames Entweichen der Luft aus den Reifen, die teilweise erst bei hoher Fahrtgeschwindigkeit bemerkbar wurden) eine konkrete Gefährdung des jeweiligen Fahrzeugbenutzers hervorgerufen wurde.“ (S.26)

 

Die Schlüssigkeit des Vorstehenden wird nachfolgend untersucht:

 

Zeitlicher Verlauf des Druckverlusts:

Zur Feststellung, ob der im Urteil behauptete Ablauf technisch überhaupt möglich ist, muß zunächst der zeitliche Verlauf des Druckverlusts in Abhängigkeit des zum Druckverlust führenden Querschnitts (Stichkanal) ermittelt werden.

Der Druckverlust eines Reifens bei einer Leckage verläuft exponentiell; während des überwiegenden Zeitanteils aufgrund eines überkritischen Druckverhältnisses oberhalb von 0.8bar mit Schallgeschwindigkeit. Die Berechnung ist nicht ganz einfach, sie ist aufgrund von Ähnlichkeitsüberlegungen jedoch auch leicht experimentell ermittelbar. Hierzu muß zunächst eine Referenzzeit mit bekannten Bedingungen (Reifenvolumen, Reifendruck, Kanalquerschnitt) ermittelt werden. Diese Zeit bis zum 'Platten' läßt sich experimentell am besten dadurch ermitteln, indem man bei einem Reserverad das Ventil herausschraubt und die Zeit nimmt, bis es nicht mehr zischt. Diese Referenzzeit wird normalerweise je nach Druck und Reifen als Anhaltswert ca. 1/2 Minute betragen.

Der Innendurchmesser der üblichen Ventilhalter beträgt normalerweise ca. 5mm. Diese können auch eine innere Verjüngung aufweisen, was die entsprechende Zeit wg. des dann geringeren Querschnitts entsprechend verlängert. Die so festgestellte Zeit dient als zuverlässige Referenz für die weitere Betrachtung; eine grobe Ermittelung reicht.

Die gesuchte Zeit skaliert umgekehrt proportional zum Querschnitt des Stichkanals; quadratisch mit dem Durchmesser (A = d**2 * pi/4 - Kreisfläche). Für die Zeit bis zum 'Platten' ergibt sich näherungsweise folgender Zusammenhang:

t_platt = (t_ref * d_ref**2) / d_stich**2  

Typischer Referenzwert ('normierter Zeitquerschnitt'):
(t_ref * d_ref**2) = ca. 8min/mm**2

Dieser typische Referenzwert muß durch das Quadrat des Durchmessers des Stichkanals dividiert werden, um die Zeit bis zum 'Platten' in Minuten zu erhalten (pi/4 wurde hier weggelassen, da es sich in der Gesamtrechnung herauskürzt). Wg. des quadratischen Zusammenhangs ergibt eine Halbierung des Durchmessers jeweils eine Vervierfachung der Zeit (2**2=4). Damit ergeben sich folgende typischen tabellarischen Anhaltswerte:

 

Durchmesser des Stichkanals - Entleerungszeit
4mm - 0.5min
3mm - 1min
1mm - 8min
0.5mm - 32min
0.25mm - 64min, ca. 1h
0.1mm - 800min, ca. 13h

 

Hierbei fällt folgendes auf:

Zunächst überrascht die rasche Entleerung selbst bei sehr kleinen Kanälen. Bei nur 1mm erfolgt der Druckverlust bereits in weniger als 10 Minuten (8min gemäß Rechnung). Eine dünne Stecknadel hat einen Durchmesser von ca. 0.65mm, hiermit dürfte das Durchstechen bereits recht schwierig werden, ohne diese dabei zu verbiegen. Selbst mit gehärtetem Spezialwerkzeug dürfte es schwierig sein, Kanaldurchmesser von weniger als 0.5mm zu erzeugen. Auch dabei wäre der Reifen bereits schon nach ca. einer halben Stunde platt. Erst bei sehr kleinen Kanälen, wie sie für Kratzer oder schlechten Reifensitz typisch sind, können langandauernde schleichende Luftverluste entstehen.

Der Druckverlust entsteht auch nicht etwa durch das Fahren, wie im Urteil behauptet, sondern durch das Stechen und beginnt unmittelbar nach Tatausführung. Egal wie man es auch anstellt, bei einem Stechen in der Nacht ist der Reifen am nächsten Morgen in aller Regel platt.

 

Mögliche Ursachen der Druckverluste:

In D gibt es ca. 5000-10000 Reifenpannen ('Platten') täglich, diese sind ein Alltagsphänomen und verlaufen im Normalfall undramatisch und folgenlos. Weiterhin wies ein aufmerksamer 'Durchschnittsbürger' im Wolff-Blog bereits darauf hin, daß deutsche Behörden solche Pannen während der Fahrt häufig auch künstlich durch sogenannte 'Ventilwächter' hervorrufen. Diese Ventilwächter werden dazu auf die Reifenventile geschraubt und so gesichert, daß sie sich vom Fahzeugeigentümer nicht selbst entfernen lassen; mit dem Ziel, beispielsweise säumige Steuerzahler unter Druck zu setzen. Diese Ventilwächter führen dann beim Bewegen des entsprechenden Fahrzeugs nach einiger Zeit durch Luftablassen zum 'Platten'. Aufgrund der vergleichsweise starken Drosselung des Auströmvorgangs durch das Reifenventil dürfte dieser Ablaßvorgang deutlich länger als eine Minute dauern, wobei ein Fahrzeug selbst in dieser kurzen Zeit schon recht hohe Geschwindigkeiten erreichen kann und das ganze auch erst *nach* Antritt der Fahrt wirksam wird.

Dabei fällt auf, daß die Gemeingefährlichkeit von künstlich herbeigeführten Reifenpannen in erster Linie wohl davon abhängig ist, ob diese Pannen von deutschen Behörden oder von gemeinen Tätern hervorgerufen werden; eine Unterscheidung, die eine erheblich feinsinnigere Beurteilung verlangt, als einem gewöhnlichen Ingenieur möglich ist.

Geringe langsame Druckverluste sind ebenfalls ein Alltagsphänomen. Bei sehr langsamem Verlauf werden diese bei regelmäßigen Druckkontrollen mit entsprechendem Wiederauffüllen häufig überdeckt. Ein langsamer Druckverlust, der sich über viele Stunden hinzieht, ist normalerweise nur durch technische Ursachen möglich und wird in der Praxis auch sehr häufig beobachtet. Die im Urteil beschriebenen Druckverluste können eine Vielzahl wesentlich näherliegende technische Ursachen haben, was auch die gerichtlich festgestellte überwiegende 'Unsichtbarkeit' der angeblichen Stichverletzungen erklärt:

 

- eingedrungene Fremdkörper (Nägel etc.), sofern diese sitzenbleiben
- im Bereich der Felgenhörner festsitzende kleine Steinchen
- Kratzer in der Lackierung im Bereich der Felgenhörner
- Roststellen an den Felgenhörnern
- leichte Verbiegungen an den Felgenhörnern (Beschädigung durch Bordsteinkanten)
- Lunker im Guß bei gegossenen Felgen, häufig, diese werden daher stets lackiert
- Diffusion der Luft durch gealterte oder vorgeschädigte Reifenflanken
- wiederholte Verletzungen bei Fehlersuche und Montage
- undichte Ventile
- Reifenauffüllen in der kalten Jahreszeit,
    hierbei können Eiskristalle die Dichtwirkung des Ventilsitzes beeinträchtigen,
    was bei entsprechender Erwärmung wieder verschwindet

 

Die vorstehenden technischen Fehlerquellen mit Ausnahme durchdringender Fremdkörper (Nägel) sind meist nur schwierig festzustellen können nicht selten auch wieder von selbst verschwinden, beispielsweise durch entsprechendes Setzen der Reifen, Ausblasen von Fremdkörpern in den Ventilen beim Auffüllen der Luft oder einfach durch notfalls mehrfaches Aufpumpen der Reifen auf hohen Überdruck und anschließendes Ablassen auf Normaldruck. Was da im einzelnen passiert sein könnte ist reine Spekulation. Forensisch brauchbare Feststellungen des Gerichts fehlen.

 

Reifenstechereien bei der Firma Lunkenbein:

Sofern die Behauptungen des Gerichts stimmen, ist es hier tatsächlich zu einer Reifenstecherserie gekommen, die sogar mit bloßem Auge sichtbar war. Lt. Urteil soll es sich hierbei um insgesamt 76 Reifen gehandelt haben. Die einzige Verbindung zum Beschuldigten scheint die Tatsache zu sein, daß mit einem Fahrzeug, an dem ein rotes Nummernschild dieser Firma angebracht war, durch den Inhaber der Firma einige Blumenvasen im Auftrag des Lebensgefährten der ehemaligen Ehefrau bei Herrn Mollath abgeholt wurden. Das Gericht ist überzeugt, daß Mollath den Inhaber dieses roten Nummernschilds über einen Anruf bei der Zulassungsstelle erfahren haben könnte und dann dort wesentlich später aus unspezifischen Gründen (rasende Wut über den Verlust der Blumenvasen?? - evtl. von Kleists zerbrochenem Krug inspiriert?) die 76 Reifen zerstochen hätte. Die Argumentation ähnelt dem Beweis eines Bankraubs durch den Nachweis eines Beschuldigtenkontos bei der überfallenen Bank. Ein Ingenieur versteht das nicht.

Dieses Verständnisproblem ist der naturwissenschaftlichen Bildung geschuldet, die solche geistigen Kurzschlüsse nicht erlaubt und bei mir sogar zu körperlichen Reaktionen führte (Schnappatmung). In der Juristerei entstehen solche Probleme jedoch scheinbar nicht; sie ist aus erkenntnistheoretischer Sicht aufgrund der mittelalterlichen scholastischen Prägung wesentlich robuster in der Überzeugungsgewinnung, die auch nur den Richter betreffen muß.

Bei der scholastischen Justiztechnik wird zunächst einfach nur eine undokumentierte, vergeistigte richterliche Überzeugung gebildet, die dann durch geeignete Wahl passender Sachverhalte schlüssig bewiesen, durch Wiederholungen untermauert, verstärkt und anschließend verkündet und verschriftlicht wird, wodurch die unbezweifelbare Rechtskraft des Urteils entsteht.

 

Scholastisches Beispiel:

Engel sind allmächtig; wieviele Engel können auf einer Nadelspitze tanzen? - Unendlich viele, da sie allmächtig sind.

 

Der Stil der Beweisführung erinnert an die Heilige Inquisition oder eine politische Kampforganisation. Bei solchen Institutionen sind die Beweisführungen normalerweise schlüssig und unangreifbar; die Prämissen sind jedoch Stuß. Man muß daher in solchen Fällen stets bei den Prämissen ansetzen: ex falso quodlibet - aus Falschem folgt Beliebiges, bei diesen stets Unsinn.

Aus diesem Grund vermeidet die deutsche Justiz normalerweise auch die Dokumentation und die Überprüfung der Sachverhalte und konzentriert sich auf die Schwurbelei danach ('Rechtsfragen'). Die eher unterkomplexe Sachverhaltsfeststellung mutiert so zum hochkomplexen Verfahren mit ungewissem Ausgang. Die verworrenen Auslassungen des Gerichts und der jetzt befaßten Stellen sind offenbar der juristischen Scholastik und der Kriegsführung geschuldet.

 

Clausewitz: "Der Listige läßt Denjenigen, welchen er betrügen will, die Irrthümer des Verstandes selbst begehen."

 

 

Vorläufige Diagnose:

Der Eindruck drängt sich auf, daß das ganze Manöver der willkürlichen Zuordnung von vermutlichen Reifenpannen, sofern es diese überhaupt gegeben haben sollte, und den Reifenstechereien bei der Autofirma, für die ebenfalls kein Täter ermittelt werden konnte und die in völlig andersartiger Form erfolgten (breite Einschnitte) einfach nur deswegen erfolgte, um durch eine überzeugend große Zahl unbewiesener Taten den Eindruck zu erwecken, der Beschuldigte Mollath hätte schon irgenwie irgendetwas damit zu tun und somit das Urteil abzurunden.

Der Vorsitzende scheint förmlich besessen, völlig undifferenziert alles was irgendwie nach kaputten Reifen aussieht oder auszusehen scheint, dem Beschuldigten unterzuschieben. Bestens belegt soll er Verteidigungsversuche des vorsichtshalber zuvor in Ketten gelegten Beschuldigten mit unsachlichen Brüllereien niedergebügelt haben. In einem älteren Zeitungsinterview präsentiert er sich gar als gnadenloser Justizheld. Dieses in jeder Hinsicht unangemessene Verhalten deutet auf eine schwere seelische Störung.

Diese Störung ist jedoch keineswegs nur auf diesen Richter beschränkt, sie wird bei diesem nur am deutlichsten sichtbar. Es waren schon viele Akademiker mit diesem Fall befaßt; bei etlichen der Protagonisten und deren Entourage ist in gemilderter Form ähnliches festzustellen. Es handelt sich offensichtlich um ein Massenphänomen.

In Ermangelung eines ingenieurwissenschaftlich geeigneten Oberbegriffs möchte ich zunächst den gesamten unspezifischen Reifenkomplex als 'Reifenwahn' bezeichnen. Der Reifenwahn scheint im vorliegenden Fall stets in Verbindung mit juristisch induziertem Massenwahn aufzutreten, der nach kurzer Zeit fast alle mit diesem Fall direkt befaßten Personen ergreift, wobei Ursache und Wirkung unklar sind. Das wurde auch schon von anderen des öfteren festgestellt (z.B. delegibus, Oliver García, Justiz im Wahn), jedoch nur selten psychologisch nachvollziehbar analysiert. Es stellt sich daher die Frage ob sich im Mollath-Fall vielleicht nur gruppendynamische Prozesse gegenseitig derart aufschaukeln, daß am Ende ein klassisches Wahnsystem entsteht, bei dem der Verstand der Hauptakteure versagt.

Diese erkenntnistheoretisch und seelenkundlich interessante Frage wird im zweiten Teil der Analyse voraussichtlich morgen Abend untersucht.

 

PS
Verbreitung erwünscht.

 

 

5

RudolfSponsel schrieb:

Reifenwahn

@Mesenich

Sehr beeindruckend und zugleich köstlich.  Danke.

Diese Analyse bestärkt mich in meinen Forschungen zum sog. "normalen" und - hier sicher pseudo - "wissenschaftlichen" Wahn:

http://www.sgipt.org/gipt/psypath/Wahnform.htm#Normaler%20Wahn

http://www.sgipt.org/gipt/psypath/Wahnform.htm#wissenschaftlicher

 

Bin gespannt auf den 2. Teil.

Lieber Rudolf,

danke für die Links, habs gerade mit Gewinn gelesen. Ich glaube allerdings, daß der Wahn im vorliegenden Fall über das übliche noch hinausgeht, wofür ich etliche Belege gefunden habe, Stichwort Gutachtenanalyse aus methodischer Sicht und Dissoziation. Laß Dich überraschen, ich bin gespannt auf Deine Rezeption.

Bin momentan etwas knapp mit der Zeit, entweder heute spät abends oder morgen kommt der 2.Teil.

 

@ Lars:
Bezüglich der Gregor Panne gehe ich mit Sicherheit von einer gewöhnlichen Reifenpanne aus. Beim Rest fehlt jeglicher seriöser Beleg für Mollaths Täterschaft und die Sachverhaltsfeststellungen bei den Stechereien sind technischer Unfug. Das Urteil ist aus erkenntnistheoretischer Sicht ein einziger 'geistiger Kurzschluß'.

 

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Sehr geehrter Herr Mesenich,

mit großem Interesse habe Ihre sachverständige Meinung gelesen.

Sehr aufschlussreich und besten Dank dafür.

Ohne Sie anzugreifen (no offence meant) halte ich jedoch Ihre Meinung über die Justitz/Richter in solchen gutachterliche Fragen hier im Blog nicht für nötig.

Auch wenn ich ,und andere,sich dieser Meinung anschließen.

Über die forensisch psychiatrischen Gutachter,Richter,Justiz allgemein und die politische Behandlung diese Falles ist soviel ,auch in anderen Blogs/Foren, geschrieben worden dass dies "Eulen nach Athen tragen" bedeutet.

Ich habe mich gefreut,hier im Blog von Herrn Prof.Müller  sachliche,juristische Informationen zu erhalten ohne sonst übliche persönliche Wertungen,die ich in anderen Blogs/Foren/Kommentaren lesen kann.

Nichts für ungut!

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Franken

Gastfrau schrieb:

 

Fall Mollath Ein T-Shirt-Streit und seine Folgen

 

 

http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-mollath-ein-t-shirt-streit-und-seine-folgen-1.1703818

Und was ist jetzt der Erkenntniswert des Artikels?

 

Mollath hat im Januar 2013 Mitarbeiter der Klinik als faschistische Terrortruppe beschimpft, weil ein Pfleger im Jahr 2009 ein T-Shirt mit einem zweifelhaften Ausdruck getragen hat.

 

Den SZ-Redakteuren gehen wohl täglichen Mollath-Themen aus.

 

 

 

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DGPPN-Zertifizierter Murks und Pfusch

auchGast schrieb:

Und was ist jetzt der Erkenntniswert des Artikels?

Mollath hat im Januar 2013 Mitarbeiter der Klinik als faschistische Terrortruppe beschimpft, weil ein Pfleger im Jahr 2009 ein T-Shirt mit einem zweifelhaften Ausdruck getragen hat.

Den SZ-Redakteuren gehen wohl täglichen Mollath-Themen aus.

Sie scheinen die elementarsten Sachen nicht zu begreifen und auch obendrein noch falsch zu generalisieren.

Der Artikel zeigt, und das ist sehr wichtig, wie das BZK-Bayreuth bei seinen Stellungnahmen zu Mollath arbeitet. Nämlich im höchsten Maße unsauber, um es höflich auszudrücken. Tatsächlich handelt sich  aus methodenkritischer Sicht ziemlich sicher um eine Fälschung. Fast in der Güteklasse des Leipziger-"Gutachtens", wo der parapsychopathologische Murkser und Pfuscher sogar einen Befund fälscht, um Mollath einen Vergiftungswahn anzuhängen, was Prof. Kröber - in seiner einzigartigen Einfalt oder Bosheit bei diesem Sachverhalt? -  in seinem okkultuen Nichtsachten auch noch bestätigt. So arbeiten also einige DGPPN zertifizierten Koryphäen der Zunft.

 

 

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auchGast schrieb:

Gastfrau schrieb:

 

Fall Mollath Ein T-Shirt-Streit und seine Folgen

 

 

http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-mollath-ein-t-shirt-streit-und-seine-folgen-1.1703818

Und was ist jetzt der Erkenntniswert des Artikels?

 

Mollath hat im Januar 2013 Mitarbeiter der Klinik als faschistische Terrortruppe beschimpft, weil ein Pfleger im Jahr 2009 ein T-Shirt mit einem zweifelhaften Ausdruck getragen hat.

 

Den SZ-Redakteuren gehen wohl täglichen Mollath-Themen aus.

 

Die Erkenntnis ist, dass die Klinik vorsätzlich täuscht...Mollath war nicht "grundlos" sauer.

 

 

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auchGast schrieb:

Gastfrau schrieb:

 

Fall Mollath Ein T-Shirt-Streit und seine Folgen

 

 

http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-mollath-ein-t-shirt-streit-und-seine-folgen-1.1703818

Und was ist jetzt der Erkenntniswert des Artikels?

 

Mollath hat im Januar 2013 Mitarbeiter der Klinik als faschistische Terrortruppe beschimpft, weil ein Pfleger im Jahr 2009 ein T-Shirt mit einem zweifelhaften Ausdruck getragen hat.

 

Den SZ-Redakteuren gehen wohl täglichen Mollath-Themen aus.

 

 

 

Das sagt etwas aus über das Menschenbild der BKH-Truppe, inkl. Leitung. 

Zu Schlägertruppe Omon/OMOH siehe auch hier http://www.stihi.ru/pics/2009/06/24/3471.jpg und hier http://newtimes.ru/upload/medialibrary/bb3/144-05-01.jpg.

Nur Tricksen und Täuschen im Justizministerium. Da wird doch behauptet, mit der Anfrage des Bundesverfassungsgerichtes hätte man endlich eine Möglichkeit, auf die Frage der Verhältnismäßigkeit der über 7-jährigen Unterbringung einzugehen:

 

«Wir werden die Frage unseres höchsten Gerichts schnell und umsichtig beantworten», sagte der Sprecher. Dabei werde besonders berücksichtigt, dass Mollath schon seit sieben Jahren in der Psychiatrie untergebracht sei - «eine sehr lange Zeit ohne Freiheit». Die Anfrage des Bundesverfassungsgerichts gebe nun die Möglichkeit, auf diesen Umstand einzugehen.

 

http://www.swp.de/mollath./Bundesverfassungsgericht-verlangt-von-Bayern-Auskunft-zu-Mollath;art4319,2073318

 

Frau Merk, Sie sind zumindest gegenüber der Staatsanwaltschaft weisungsbefugt. Warum haben Sie nicht schon viel früher, nämlich jedes Jahr anlässlich der jährlichen Kontrollen der Unterbringung durch die Vollstreckungskammer Bayreuth, die dortige Staatsanwaltschaft angewiesen, auf Freilassung des Herrn Mollath wegen unverhältnismäßig langer Unterbringung zu plädieren? Aber nein, selbst bei der letzten Prüfung hat ihr Staatsanwalt ausdrücklich auf weitere Unterbringung plädiert und die Verhältnismäßigkeit bejaht. Sie schlafen, Sie tun nichts, Sie interessiert nichts, Sie sind eiskalt, Sie sind berechnend. Sie sind ein schlechter Repräsentant für die Justiz in Bayern, Sie schaden Ihr. Treten Sie sofort zurück, richten Sie nicht noch mehr Schaden an!

 

Frau Merk, Sie täuschen mit jedem Ihrer Worte das bayerische Volk! Eine solche Justiz wird sich niemand mehr lange gefallen lassen. Hoffentlich redet das Bundesverfassungsgericht Klartext.

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Mitte November 2012 hatte ich in meinem ersten Beitrag zum Thema hier die Frage der (Un-)Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung Herrn Mollaths angesprochen. Es erschien mir auch - angesichts des sich abzeichnenden Skandals - die naheliegendste und wahrscheinlichste Reaktion seitens der Justiz, nunmehr auf dem Weg über § 67 d, e StGB angesichts der bisherigen Dauer die Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung in Frage zu stellen. Man hätte dazu nicht einmal die vielen mittlerweile offenkundigen Fehler einräumen müssen. Vor einem halben Jahr wäre m.E. auch die Politik noch mit einem blauen Auge davon gekommen, wäre Herr Mollath umgehend, z.B. vor Weihnachten, freigelassen worden. Damals sah sich aber die Justizministerin noch in der Rolle, Entscheidungen der Justiz verteidigen zu müssen und offenbar nicht einmal die ihr untergebene Staatsanwaltschaft dafür zu rügen, dass man sie verspätet und unvollständig (über den Revisionsbericht der HVB und über die massiven in den Akten erkennbaren juristischen Fehler) informiert hatte. Sie dürfe sich nicht einmischen, meinte die Justizministerin, außer dazu, einen Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft anzustoßen, nachdem der Ministerpräsident dies empfohlen hatte.

Nun mischt sie sich in gerichtlicheb Entscheidungen ein, indem sie die Anfrage des BVerfG zum Anlass nimmt, die rechtliche Frage der Verhältnismäßigkeit offenbar anders zu beurteilen als jüngst die StVK des LG Bayreuth. Wenn es damals und seither der Ministerin aus rechtlichen Gründen nicht gestattet war, richterliche Entscheidungen zu kommentieren oder gar zu kritisieren, dann fragt sich, wieso daran die Aufforderung zur Stellungnahme durch das BVerfG im Rahmen eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens etwas ändert. Es erscheint mir inkonsequent, zunächst nur bestätigend zu den gerichtlichen Entscheidungen Stellung zu nehmen, Kritik jetzt aber mit Verspätung im öffentlichen Rundfunk nachzuholen.

Konsequent wäre es gewesen, von Anfang an gar nicht (auch nicht positiv unterstützend) öffentlich zu den gerichtlichen Entscheidungen Stellung zu nehmen, aber zugleich die Verfahrensweise der beteiligten Staatsanwaltschaften ministeriell auf Fehlerhaftigkeit zu prüfen, sobald dazu gehöriger Anlass bestand.

Henning Ernst Müller schrieb:

Mitte November 2012 hatte ich in meinem ersten Beitrag zum Thema hier die Frage der (Un-)Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung Herrn Mollaths angesprochen. Es erschien mir auch - angesichts des sich abzeichnenden Skandals - die naheliegendste und wahrscheinlichste Reaktion seitesn der Justiz, nunmehr auf dme Weg über § 67 d, e StGb angesichts der bisherigen Dauer die Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung in Frage zu stellen. Man hätte dazu nicht einmal die vielen mittlerweile offenkundigen Fehler einräumen müssen. Vor einem halben Jahr wäre m.E. auch die Politik noch mit einem blauen Auge davon gekommen, wäre Herr Mollath umgehend, z.B. vor Weihnachten, freigelassen worden. Damals sah sich aber die Justizministerin noch in der Rolle, Entscheidungen der Justiz unbedingt verteidigen zu müssen und offenbar nicht einmal die ihr untergebene Staatsanwaltschaft dafür zu rügen, dass man sie verspätet und unvollständig (über den Revisionsbericht der HVB und über die massiven in den Akten erkennbaren juristischen Fehler) informiert hatte. Sie dürfe sich nicht einmischen, meinte die Justoizministerin. Nun mischt sie sich ein, indem sie die Anfrage des BVerfG zum Anlass nimmt, die rechtliche Frageb der Verhältnismäßigkeit offenbar anders zu beurteilen als jüngst die StVK des LG Bayreuth.

Frau Merk hätte schon bei den letzten Prüfungen erklären müssen, dass sie persönlich und als Ministerin die über 7-jährige Unterbringung wegen eines angebl. einmaligen Körperverletzungsdeliktes für unverhältnismäßig hält und darüber hinaus die ihr untergebene Staatsanwaltschaft anweisen müssen, in gleichem Sinne vor der StVK Stellungnahme abzugeben. 

Außerdem hätte - da bin ich mir aber nicht ganz sicher - der Ministerpräsident von seinem Gnadenrecht Gebrauch machen können. Das geht zumindest bei "normal" Inhaftierten. Ob es im Maßregelvollzug rechtlich auch möglich ist, weiß ich nicht.

 

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@Prof. Müller:

Wie sehen Sie das ?

1) die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss der StVK aus dem Jahr 2011. Dieser hat sich durch den jüngsten Fortdauerbeschluss prozessual erledigt. Diesbezüglich ist aber noch nicht der Rechtsweg ausgeschöpft worden.

 

2) Sollte das BVerfG zur Annahme der Unverhältnismäßigkeit kommen - wie passt das zusammen, dass jedenfalls 1,5 Jahre davon ins Land gegangen sind, als die Sache beim BVerfG lag.

 

 

 

 

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auchGast schrieb:

@Prof. Müller:

Wie sehen Sie das ?

1) die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss der StVK aus dem Jahr 2011. Dieser hat sich durch den jüngsten Fortdauerbeschluss prozessual erledigt. Diesbezüglich ist aber noch nicht der Rechtsweg ausgeschöpft worden.

 

2) Sollte das BVerfG zur Annahme der Unverhältnismäßigkeit kommen - wie passt das zusammen, dass jedenfalls 1,5 Jahre davon ins Land gegangen sind, als die Sache beim BVerfG lag.

 

Ich erlaube mir, Ihnen dazu auch zu antworten:

zu 1) Der Rechtsweg gegen den Beschluss von 2011 ist ausgeschöpft. Damit ist der Gang zum BVerfG zulässig. Würde der nachfolgende Fortdauerbeschluss hier sozusagen eine Zäsur bewirken, so würde das bedeuten, dass man niemals eine Klage vor dem Verfassungsgericht einreichen könnte. Das wäre wie beim Hase-und-Igel-Wettrennen. Jedesmal, wenn eine Klage zulässig eingereicht wurde (und wegen der vielen, vielen, vielen Arbeit vom Verfassungsgericht noch nicht abgearbeitet wurde) käme ein neuer Fortdauerbeschluss dazwischen und die Verfassungsbeschwerde wäre damit obsolet. Damit wäre aber de facto der Weg zur verfassungsrechtlichen Überprüfung gänzlich abgeschnitten. Kann so also nicht sein.

 

2) Das BVerfG hat die Sache mehr als 1 Jahr liegen lassen, weil der Berichterstatter dort ein gewisser Peter Müller ist, seines Zeichens ehemaliger CDU-Ministerpräsident. Der wollte seinen Parteifreunden in Bayern nicht am Zeug flicken (zumindest stehen sich CDU und CSU ja recht nahe). Erst jetzt, wo die bayerische Justiz der Lächerlichkeit preisgegeben wurde und auch ein Schaden für das Bundesverfassungsgericht drohte, entschloss der EX-MInisterpräsident sich, zu handeln.

Schön ist das nicht, und ein gutes Licht wirft das auch nicht auf das Bundesverfassungsgericht. Ist halt überall ein Klüngel und eine Amigo-Gesellschaft, nicht nur in Nürnberg und München, sondern auch in Karlsruhe. In der Justiz tut keiner einem anderen weh.

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Gustl Mollath muss  nach der These von VRiLG Dr. Bettina Mielke lebenslang in der Anstalt bleiben

 

Es sei denn, er lässt sich untersuchen oder das WA-Verf. v.d. LG Regenburg gelangt zum Freispruch, oder der Ministerpräsident Horst Seehofer spricht Gnade aus.

Das ist die eingeschränkte Sicht unserer promovierten Bettina.

 

Aus meiner Sicht, wird auf die  erste Rechtsbeugung eine zweite drauf gelegt.

Der chinesische Philosoph Konfuzius pflegte in solchen zu sagen

„Wer einen Fehler begangen hat und ihn nicht korrigiert, begeht bereits den 2 Fehler." 

Wie Recht er hatte.

 

Neues Thema:

Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen Rechtsanwalt Gerhard Strate, wegen Veröffentlichung von Gerichtsdokumenten

Konkret wird dem Strafverteidiger ein Verstoß gegen § 353d Nr. 3 StGB (Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen) vorgeworfen.

 

Gerhard Strate, zeigt anhand von Originalunterlagen  ein Verfahren auf, in der der interessierte Bürger einen objektiven Zugang zur Justiz erhält, ohne journalistische Einfärbungen, die ihn in die Lage versetzt, sich selbst ein Bild zu machen. Natürlich kann der nicht so visierte Bürger immer noch auf aufbereiteten  Informationen der Presse zugreifen, die allerdings für das Fachpublikum oftmals unbrauchbar sind.

 

Viele Juristen verfolgen den Fall Gustl Mollath auch deswegen, weil eben die Primärunterlagen öffentlich zugänglich sind und es schön ist, einem wahren Meister, Rechtsanwalt Gerhard Strate bei seiner Arbeit zu zusehen, der sagt:

 

„Sieht her, hier ist mein Wissen, ihr könnt es haben“     

 

Deswegen würde ich es begrüßen, wenn in Zukunft mehr Juristen ihre Fälle (natürlich nur mit Zustimmung des Mandanten) in der Strate-Technik veröffentlichen würden.  

 

Die Staatsanwaltschaft Augsburg, hegt offensichtlich die Peinlichkeiten die für jedermann d.d. Veröffentlichungen sichtbar geworden sind, unter den Teppich zu kehren. Der Bürger soll nicht so tief in die bayerischen Bestallungen des Augias’ hineinblicken. Hilft alles nichts. Strate mistet Wort für Wort Satz für Satz aus. 

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Man muss es sich einmal auf der Zunge zergehen lassen:

"[...] Klaus Leipziger, Chef der Forensischen Psychiatrie in Bayreuth, erklärt dazu: Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es "seit der Übernahme des Patienten" auf die jetzige Station zu keiner Konfrontation gekommen sei. Diese Übernahme sei 2012 erfolgt. Der "zeitlich lange zurückliegende und geklärte Vorfall" habe insofern nicht in die "Stellungnahme zum Berichtszeitraum" seit Dezember 2012 eingehen müssen."

http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-mollath-ein-t-shirt-streit-und-seine-folgen-1.1703818

 

Ich hab's ja immer gewusst... Der Mollath, er wird von Jahr zu Jahr immer gefährlicher...

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Gast schrieb:

Mittelfristig gehören die Gesetze dahingehend geändert, dass ein Europäischer Gerichtshof in Fällen, wie den von Herrn Mollath das Recht erhält solche Verfahren sofort an sich zu ziehen und unter Ausschluß der heimischen Justiz den Fall aufzuarbeitet.

Das verschiebt doch das Problem dann nur an ein anderes Gericht, an dem auch auf dem einen oder anderen Wege beeinflussbare Menschen sitzen.

Denkbarer Einwand: Das ist dann nicht mehr im Einflussbereich der bayrischen Politik. - Ja, aber das sind BGH und BVerfG auf den ersten Blick auch nicht.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

ich hatte mich schon früher zu der tatsächlich sehr umstrittenen Norm § 353 d StGB geäußert.

[...]

Um diese Fragen höchstrichterlich zu klären, müsste so ein Fall auch einmal bis zu den höheren Gerichten kommen. Andererseits kann ich niemandem empfehlen, es darauf ankommen zu lassen, denn auch ein Ermittlungsverfahrenkann kann ja unangenehm sein. Herr Strate ist dieses Risiko bewusst eingegangen. Insofern gebührt ihm aller Respekt.

Es gab bereits eine Entscheidung ( http://openjur.de/u/165773.html ), die den Tenor hat:
§ 353 d Nummer 3 des Strafgesetzbuches (StGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 1975 (Bundesgesetzbl. I S. 1) ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit die in dieser Bestimmung unter Strafe gestellte wörtliche öffentliche Mitteilung der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke ohne oder gegen den Willen des von der Berichterstattung Betroffenen erfolgt ist.
(Hervorhebung von mir.)

Das bedeutet zwar im Umkehrschluss noch nicht, dass Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen nicht strafbar sein darf, weil dieser Teilbereich damals (1985) nicht entschieden worden ist. Aber es ist doch immerhin ein Zeichen gewesen, dass hier Raum für eine abweichende Entscheidung ist, wenn es nicht um die Berichterstattung einer Zeitung geht, sondern um den Strafverteidiger des Betroffenen.

Als Begründung für das Urteil wird darauf abgestellt, dass damit der Betoffene vor Bloßstellung geschützt werden und Verfahrensbeteiligte (v.a. Laienrichter und Zeugen) unbefangen an die Sache gehen sollen.

Während der Schutz vor Bloßstellung wegfällt, wenn der Betroffene der Veröffentlichung zustimmt, ist die Frage der "Befangenheit" natürlich auch nicht vom Tisch, wenn die Veröffentlichung durch den Betroffenen oder seinen Anwalt erfolgt. Man kann sicherlich darüber streiten, ob es für die Wirkung egal ist, dass Schriftstücke wörtlich (ggf. strafbar) oder sinngemäß (nicht strafbar) wiedergegeben werden. Aber dass Veröffentlichungen durchaus auch unerwünschte Auswirkungen haben können, merkt man z.B. im Fall M an der überzogenen Reaktion von Leuten, die dann ehemalige oder aktuelle "Verfahrensbeteiligte" bedrohen.

Über den "Schutz vor Beeinflussung von Verfahrensbeteiligten" besteht die Möglichkeit, die Verfassungsmäßigkeit des § 353 d StGB auch dann zu bejahen, wenn der Betroffene die Informationen selber weitergibt. Also ein Selbstläufer wäre so ein Verfahren vorm Verfassungsgericht nicht - mal davon abgesehen, dass zunächst einmal die Zulassungsvoraussetzungen für das Verfahren erreicht werden müssen.

Abmahnanwälte versuchen gelegentlich, ihre Schreiben über das Urheberrecht gegen Veröffentlichung zu schützen. Vielleicht ist das dann der nächste Ansatz der Staatsanwaltschaften, wenn § 353 d StGB teilweise gekippt werden sollte. ;)

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Mehr Transparenz in Gerichtsverhandlungen

würde aus meiner Sicht zur Steigerung der Qualität von Urteilen führen. Im Zeitalter der Informationsgesellschaft passt es auch nicht mehr, das Richter und Staatanwälte eine Sonderbehandlung im Hinblick auf ihre grauen Schriftsätze erhalten.

-Wir wollen alles sehen--, diesem Bedürfnis muss auch der Gesetzgeber nachgehen. Erst Recht dann, wenn das Misstrauen große Teile der Bevölkerung erfasst hat. Jetzt werden natürlich einige aufschreiben: „Ich will aber nicht im Internet erscheinen, wenn ich als Zeuge bei Gericht auftreten muss“

Sorry, so ist halt mal. Es macht auch keinen Unterschied mehr, ob man in der Obama-Datenbank ist, oder im Internet Schuldner Verzeichnis oder gleich im Internet im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren.  

Ein Beschuldigter/Angeklagter sollte entscheiden dürfen, will er sein Verfahren veröffentlichen oder nicht. Die Rechte der Beteiligten müssen dem gegenüber hinten anstehen. Nur in besonderen und begründeten Fällen sollte eine Teil/ Aktensperre erfolgen.

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  Sehr geehrter Herr Mesenich,   ein schöner und lehrreicher Beitrag.   Allerdings unterschätzen Sie die Justiz und insbesondere Richter Brixner. Herr Mollath wurde gerade nicht wegen "gefährlichem Eingriffs in den Straßenverkehr" angeklagt, was für die gewünschte Allgemeingefährlichkeit viel besser gewesen wäre. Soweit ich das verstanden habe, ist es einheitliche Rechtsprechung bei Reifenstechereien "nur" wegen Sachbeschädigung anzuklagen, da eine potentielle Gefahr für Leib und Leben nicht gegeben ist. Die Juristen im Blog werden es genau wissen. Daraus folgt, dass eine entsprechende Anklage nicht möglich war, da das Urteil sonst nicht mehr Revisionssicher gewesen wäre.   Deshalb wird im Urteil auch nur in der Begründung von "gefährlichen Situationen im Straßenverkehr" gesprochen. Es sollte eine entsprechende Atmosphäre geschaffen werden, ohne diese belegen zu müssen. Was wunderbar funktioniert hat. In den verschiedenen Foren finden man bis heute immer wieder "...ja aber, Mollath hat das Leben von Menschen gefährdet". Und nun sagen Sie einfach: Das stimmt nicht, weil t_platt = (t_ref * d_ref**2) / d_stich**2 gilt = Reifen am Morgen platt. Das wird die meisten Menschen überfordern und daher ignoriert werden. Hier würde wahrscheinlich nur ein Video mit entsprechender Versuchsreihe helfen.   Was Ihr Beitrag jedoch sehr schön belegt: Reifenstechen kann per se keine Gefahr erzeugen, d.h. es bleibt nur die Beschädigung der Reifen. Als Mittel zur wirtschaftlichen Schädigung von "Feinden" ist Reifenstechen völlig ungeeignet. Das zerkratzen von Fenstern und/oder Lack ist viel einfacher, unauffälliger und wirksamer. Das sollte ein Reifenfachmann wissen.   Des weiteren beweist Ihre Formel, dass Herr RA Gregor zumindest am 19.01.2005 nicht Opfer einer Reifenstecherei wurde. Aus dem Schreiben von Herrn RA Strate (Seite 27):   http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-LG-Regensburg-2013-05-01.pdf   Zitat Frau Gregor: ,,Da in letzter Zeit bei unseren Pkws die Reifen zerstochen worden waren, wird dies vermutlich auch wieder der Fall sein. [...] Der Pkw BMW meines Mannes wurde von ihm am 19.01.05 in der Früh gefahren. Gegen 14.45 Uhr verständigte ich meinen Mann telefonisch über den Schaden am Alfa Romeo. Anschließend überprüfte er seinen BMW und stellte fest, dass auch sein rechter Vorderreifen und sein rechter Hinterreifen platt waren. Vermutlich auch zerstochen."   Folgt man Ihrer Formel, wurden 2 Reifen von Herrn Gregor am frühen Nachmittag des 19.01.2005 während der Fahrt beschädigt. In der Nacht davor wurde ein Reifen von Frau Gregor zerstochen. Sachen gibt's.   Also vielen Dank für Ihren Beitrag. Da ich noch nie einen "Platten" hatte, habe ich ein langsames entweichen der Luft bisher für möglich gehalten.   Beste Grüße
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