Nur ein bisschen abgeschrieben - ist das denn so schlimm? Plagiatsvorwurf gegen Verteidigungsminister

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 16.02.2011

Eine Suche nach Fehlern, die Politiker einmal auf anderen Feldern begangen haben, sieht entweder aus wie eine Kampagne politischer Gegner, oder sie hat schnell etwas Korinthenkackerisches - vier oder acht  Absätze auf einigen hundert Seiten (SüddeutscheSpiegelOnline und FAZ), das kann doch wohl nicht so erheblich sein (update: die im Internet schon verbreitete Rezension von Andras Fischer-Lescano  in der Kritischen Justiz - Heft1/2011 -  verweist immerhin auf 24 Absätze, ohne vollständige Überprüfung der Arbeit). Schließlich soll es doch beim Politiker vor allem auf seine politischen Meriten ankommen.

Naja.

Ich will hier einfach nur die Maßstäbe anführen, die ich selbst (und wohl die meisten meiner Kollegen) bei Verstößen gegen das wissenschaftliche Arbeiten bei Studienarbeiten im Rahmen der juristischen Universitätsprüfung (Teil der Ersten Juristischen Prüfung)  anwenden, und die ich auch Doktoranden predige:

JEDE Übernahme eines fremden Gedankens MUSS in der Fußnote genau bezeichnet werden. Eine wörtliche Übernahme von Textstellen anderer Autoren ist mit Anführungszeichen vor und hinter dem Zitat anzuzeigen und ebenfalls in der Fußnote zu belegen. Im Literaturverzeichnis sind wirklich alle verwendeten Quellen anzugeben.

Wird (bei der Studienarbeit) eine Missachtung dieser Regeln gefunden, führt dies zur Abwertung um einige Punkte, bei mehrfachen Verstößen in einer Arbeit zur Wertung "ungenügend" - und zwar egal, wie gut der sonstige Text ist. In den vergangenen Jahren sind schon einige Studenten bei Stichproben "erwischt" worden. Bei manchen bin ich sicher, dass es gar kein böser Wille war, nur das Ungeschick/die Unsitte, aus dem Internet Textstellen direkt in den Entwurf zu kopieren und dann das Umformulieren und/oder das Belegen zu vergessen. Aber der subjektive Tatbestand kann hier nicht entscheidend sein: Jede Arbeit muss objektiv diese Formalien erfüllen.

Natürlich bin ich nicht so naiv zu glauben, dass alle Plagiatstellen in Studien- und Doktorarbeiten gefunden werden. Es wäre auch viel zu viel Aufwand, als Gutachter alle Arbeiten komplett darauf zu überprüfen, ein gewisses Vertrauen muss man zu seinen Studenten und Doktoranden schon haben, sonst lenkt die Suche nach "Stellen" ab vom Wesentlichen, dem Inhalt. Ich bin daher ziemlich sicher, dass es "da draußen" viele Arbeiten gibt, die solche Fehler wie die unseres Verteidigungsministers enthalten, ganz unabhängig von der sonstigen Qualität (im Übrigen gibt es ja auch Plagiats-Beispiele von anerkannten hervorragenden Wissenschaftlern).

Doch: Bei -  notwendig publizierten - Doktorarbeiten ist, wenn der Doktor prominent ist oder wird, immer damit zu rechnen, dass ihm später solche Fehler vorgehalten werden. Das ist dann doppelt peinlich. Und das sage ich meinen Doktoranden: Lieber jetzt doppelt und dreifach prüfen, ob alles schön belegt ist, als sich nachher (wenn man prominenter Richter oder Minister geworden ist) solche Dinge vorwerfen lassen zu müssen.

Ein großer Skandal?  (update 21.02.:) Ja, da sich die Plagiatstellen als systematische Vorgehensweise entpuppt haben.

 

Update 21.02. 17.30 Uhr: Mittlerweile sind abgeschriebene und nicht korrekt zitierte Stellen mit wörtlichen oder fast wörtlichen Übernahmen aus Fremdtexten auf 271  Seiten der Dissertation entdeckt worden (Quelle). Einen anschaulichen  interaktiven Überblick mit Nachprüfungsmöglichkeit bietet diese neue Seite.

Update 1. März In der Wissenschaft wird inzwischen zunehmend der Rücktritt des Verteidigungsministers gefordert:

Offener Brief an die Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel von Doktoranden und Promovierten LINK

Erklärung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern zu den Standards akademischer Prüfungen LINK

 

UPDATE 1. März, 11 Uhr: Laut Spiegel-Online will zu Guttenberg heute noch seinen Rücktritt als Minister bekanntgeben.

 

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Aus der SZ zur weiteren Kommissionsarbeit: "Das Verfahren der Promotionskommission der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, die ausschließlich über die promotionsrechtlichen Konsequenzen zu entscheiden hatte, ist damit beendet. Die weitere Arbeit der Universitätskommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" bleibt hiervon unberüht. Sie befasst sich mit Fragen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, die sich aus dem Fall Guttenberg ergeben, und einer Weiterentwicklung der Standards guter wissenschaftlicher Praxis.".

 

Zur Arbeitsweise ist mir nichts bekannt. Bleibt auf detaillierte Prüfung der causa Copyberg und Veröffentlichung der Ergebnisse zu hoffen, anstatt nur künftige Handlungsempfehlungen für Promotionen zu geben. Denn die Erfahrung zeigt in vielen Bereichen, Selbstkontrolle von Institutionen funktioniert nur sehr eingeschränkt.

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Der Aufsatz im Focus zum Lächeln von Guttenberg war tatsächlich unterhaltsam, belegt er doch auch fachlich eigene Eindrücke. Wahrhaftig wirkt die Geste schon nicht, scheint sie auch nicht zu sein, vielmehr "Herrschaftlich, widersprüchlich und hochgefährlich".

 

Die TAZ schreibt in "Guttenbergs Absturz, Merkels Fall" zur politischen Konsequenz u.a.:

 

"Und Merkel steht vor zwei kristallklaren Alternativen: Entweder sie feuert Guttenberg sofort und beendet dessen zusehends groteske Versuche, sich zum Opfer einer Kampagne zu stilisieren. Oder sie hält an ihm, dem Schwindler, fest. Und das heißt, dass Fälschen, Betrügen und Plagiieren plus nachträgliches Schönreden künftig unter "nicht schlimm" fallen. Ein Fehler, mehr nicht. Wer populär ist, darf das. Was eigentlich noch?"

 

"All das spricht jener Rechtschaffenheit, die die Union so gerne für sich reklamiert, Hohn. Ich bin nicht die Universität Bayreuth, hat Merkel kürzlich gesagt. Nein, sie ist die Kanzlerin, die am liebsten abwartet, wie sich die Dinge entwickeln und im Ungefähren bleibt. Das geht jetzt nicht mehr. Wenn sie Guttenberg weiter schützt, ist dies ab jetzt ihre Affäre."

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Sehr geehrte/r Herr/Frau W. Ahrens,

Sie schreiben: 

So lange die Professorengemeinschaft für des Plagiats überführte Kollegen andere Maßstäbe anlegt, als für abschreibende Studenten und Politiker, entbehrt jegliche aus ihren Reihen kommende Kritik über Guttenberg nicht einer gewissen Scheinheiligkeit:

Es gibt in dem Sinne keine "Professorenzunft" und auch keine "Reihen", ebenso wenig wie es "die Studenten", "die Juristen" oder "die Politiker" gibt. Man kann nicht für alle Menschen verantwortlich gemacht werden, die zufällig denselben Beruf haben.

Fakt ist: Plagiierende Professoren haben nur selten berufs- oder standesrechtlicher Konsequenzen zu fürchten. Abschreibende Studenten dagegen sollen - auch auf Drängen vieler Ihrer Kollegen - in Zukunft sogar von der Uni fliegen oder mit Geldstrafen belegt werden (geltendes Recht in Baden-Württemberg).
Wenn das nicht andere Maßstäbe sind?

Ja, das sind andere Maßstäbe und ich sehe das genauso problematisch: Selbstverständlich sollten Plagiate in allen wissenschaftlcihen Zusammenhängen geahndet werden - abhängig davon, wie gravierend sie sind und um welche Art von Arbeit es sich handelt: Abschlussarbeiten,  Dissertationen, Habilitationen sind deshalb strenger zu betrachten, ebenso sind Plagiate in einem Umfang wie dasjenige zu Guttenbergs strenger zu beurteilen, als etwa einmaliges Abschreiben in einer normalen Hausarbeit oder in einem Aufsatz.

Es ist schon bezeichnend, dass die Professorenzunft Fälle in den eigene Reihen eben nicht - im Gegensatz zum Plagiieren durch Studenten - öffentlich ächtet, bzw. für eine funktionierende Selbstkontrolle sorgt.

Wofür bezeichnend? Es gibt keine Professorenzunft s.o., es gibt aber in den einzelnen Wissenschaftszweigen durchaus Selbstkontrolle und innerhalb der Wissenschaft wird dies auch meist geächtet.

Man muss sogar annehmen, dass solche Fälle gezielt unter den Teppich des Schweigens gekehrt werden. Der Spiegel (Titel: "Der Kavalier liest und schweigt") nennt hierfür zwei Beispiele aus den Rechtswissenschaften: Beide Professoren dürfen bis heute bei vollem C4 Gehalt unterrichten und veröffentlichen! Ist das etwa kein Skandal?

Ja, der Umgang mit diesen Fällen ist möglicherweise ein Skandal. Disziplinarische Folgen bis hin zur Beendigung des Beamtenverhältnisses bedürften allerdings einer speziellen gesetzlichen Grundlage. Ein Veröffentlichunsgverbot würde wohl Grundrechte verletzen. Sie irren auch dahingehend, dass es im Fall Schwintowski einen "Mantel des Schweigens" gegeben habe: Der Fall ist durchaus bekannt. Noch gravierender finde ich die Fälle des Verkaufs von Doktortiteln durch einen Hannoveraner Kollegen.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

P.S.: Jetzt soll auch noch Gaddafi seinen Doktortitel abgeben!

MERKEL HEUTE: "Die Entscheidung der Uni Bayreuth liegt auf der Linie dessen, was der Verteidigungsminister vorgegeben hat."

Es ist einfach nur widerlich. Ich habe die Befürchtung, dass in dieser Republik bald italienische Zustände herschen werden.

Meinen Doktor werde ich in Russland machen - macht ja nun keinen Unterschied mehr.

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Könnte sich noch jemand zum Verwaltungsverfahren äußern?

Musste sie die Aberkennung nicht wegen spezialgesetzlichem Vorrang mit § 16 II iVm § 48 VwVfG, also mit Feststellung eines Täuschungsvorsatzes begründen?

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@ KTM

 

Siehe # 247

 

Es entspricht in Bayern der Rechtsprechung, dass § 48 BayVwVfG auf die Rücknahme akademischer Grade anwendbar ist.

 

§ 16 der Promotionsordnung regelt nur den Fall der Täuschung und ist nicht abschließend.

 

Es genügt auch, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig war und der Begünstigte sich nicht auf Vertrauensschutz berufen kann.

 

Auf Vertrauensschutz kann sich nicht berufen, wer den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren. Auf einen Täuschungsvorsatz kommt es nicht an.

 

Selbstverständlich ist diese Rechtsauffassung aber nicht: Man könnte auch argumentieren, dass § 16 der Promotionsordnung jedenfalls insoweit abschließend ist, als eine Täschung zwingende Voraussetzung für die Entziehung ist; das ist eine Frage der Auslegung der Promotionsordnung. Sieht man sich Prüfungsordnungen und -gesetze an, setzt sich immer mehr die Regelung durch, dass das Fehlen wesentlicher Voraussetzungen geheilt wird, wenn der Prüfling nicht täuschen wollte.

 

BEISPIEL: Die Zwischenprüfungsordnung Jura in Bayreuth:

 

§ 25
Ungültigkeit der Prüfung
(1) Hat der Prüfling bei einer Prüfungsleistung getäuscht und wird diese Tatsache erst nach Aushändigung des Zeugnisses bekannt, so kann die Note der Prüfungsleistung entsprechend § 24 Abs. 1 Satz 1 berichtigt werden.

(2) 1Waren die Voraussetzungen für die Abnahme einer Teilleistung nicht erfüllt, ohne dass der Prüfling hierüber täuschen wollte, und wird diese Tatsache erst nach der Aushändigung des Zeugnisses bekannt, so wird der Mangel durch das Bestehen der Teilleistung geheilt. 2Hat der Prüfling durch Täuschung erwirkt, dass er die Teilprüfung ablegen konnte, so kann die Zwischenprüfung für nicht bestanden erklärt werden.

 

Kommt man dazu, dass die Heilung, die § 25 II regelt, ein allgemeiner Grundsatz im Prüfungsrecht ist, könnte das rechtfertigen, § 16 der Promotionsordnung als abschließende Regelung gegenüber der lex generalis des § 48 BayVwVfG anzusehen.

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Die eklatante Ungleichbehandlung und Unangemessenheit des Verfahrens, gerade angesichts der Schwere, des öffentlichen Interesses und der für die Politik der Republik bedeutend umfassend zu untersuchenden Glaubwürdigkeit des Militärministers, wird auch im Vergleich der Fälle Copyberg mit Kasper deutlich.

 

Dazu schreibt die TAZ in "Schummeldissertationen in der Union - Gestern Kasper, heute Guttenberg":

 

"Schummeldissertationen sind in der Union nichts Neues – erst 2010 wurde der CDU-Kommunalpolitiker Andreas Kasper in einem ähnlichen Fall drakonisch bestraft."

 

"Doch es reicht nicht. Am Ende muss Andreas Kasper gehen. Er verliert seinen Doktortitel, er verliert seinen Job, er verliert seine Existenz. Absätzeweise hatte er aus Texten abgekupfert, ohne die Quellen korrekt zu zitieren."

 

"Kasper spürt das Strafrecht: Im Januar 2010 verhängt die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl mit 90 Tagessätzen à 100 Euro wegen des Verstoßes gegen das Urheberrecht. Kasper zahlt."

 

"Ganz ähnlich wie im Fall des Barons zu Guttenberg wurde der auf kommunaler Ebene geradezu kometenhafte Aufstieg Kaspers jäh durch die Plagiatsvorwürfe gestoppt. An dieser Stelle scheiden sich dann auch die Geschichten des Lokal- und des Bundespolitikers."

 

"Er musste gehen, es war keine Frage, er hatte gefälscht. So waren die Fakten."

 

Wenn es nicht zumindest zu vergleichbar intensiven Ermittlungen kommt, sind wir wohl fast unmerklich wieder im Zeitalter politischer Justiz angelangt.

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Können im Verwaltungsverfahren Tatsachen überhaupt "unstreitig" gestellt werden? Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass das mit Blick auf den Untersuchungsgrundsatz gar nicht möglich ist.

 

 

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@Johannes # 259:

Tja, diese Konsequenzen hat Herr Trittin von "Putzgruppen-Schläger" Joseph Martin Fischer und von "Bonusmeile"-Cem Özdemir, den man dann kurzzeitig im EP geparkt hat, nicht verlangt. Aber auch Herr Fischer hat ja das Guttenbergsche Büßerspiel betrieben, den "geläuterten" Streetfighter und Stadtguerilla-Apologeten gemimt und dann nach diesem Läuterungsprozess einen NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien und eine Teilnahme am War against Terrorism und der OEF befürwortet.
Wie heißt das heute in der SZ erwähnte Metternich-Zitat:

Prinzipien müssen drehbare Geschütze sein.

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@Andreas #265
Nur ein kleiner Tipp, weil manche Korrektoren sich daran gerne hochziehen:

Das BayVwVfG hat keine §§ sondern Artikel ;)

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@ klabauter #269

es gibt aber einen wesentlichen Unterschied zu den zitierten Grünen-Politikern: diese haben ihr Fehlverhalten nicht dementiert - anders als der Freiherr, der noch am Freitag behauptete "Es wurde allerdings zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht oder bewusst die Urheberschaft nicht kenntlich gemacht."

Auch jetzt noch sich mit "handwerklichen Fehlern" herausreden zu wollen, ist charakterlich so etwas von armselig und berechtigt durchaus den Vorwurf der fortgesetzten Hochstapelei. Bleibt zu hoffen, dass die Fehlverhaltens-Kommission die gleichen Maßstäbe anlegt wie im Wissenschaftsbetrieb bei vergleichbarem Umfang von Diebstahl geistigen Eigentums üblich (siehe den anderen CDU-Plagiierer Kasper) und den Lügenbaron endgültig enttarnt.

Dass Guttenberg auch Ihre Steuergelder in seine Diss. investiert hat, ist Ihnen vielleicht egal, mir aber bei meinen nicht. Würde er die von ihm so hoch gehaltenen bzw. auf seiner Webseite so laut hinausgeposaunten Werte tatsächlich ernst nehmen, würde er den unterschlagenen Betrag zurückzahlen (so wie es z.B. Rezzo Schlauch in der Bonusmeilen-Affäre getan hat. Von Günter Nooke, CDU und Regina Blank, CSU, die ebenfalls Bonusmeilen privat genutzt hatten, sind dagegen weder Rücktritt noch Rückzahlung bekannt)

Und in einer Parlamentsdebatte fehlende Ausgewogenheit in den Beiträgen eines Redners zu monieren ist geradezu lächerlich - und insbesondere dann, wenn man nur einen Beitrag als kritikwürdig ansieht, als parteipolitisch eingefärbt entlarvt.

 

@Mein Name: Von Trittin Ausgewogenheit zu verlangen, lag mir fern. Mein  Beitrag sollte nur ein kleiner Denkanstoß für Johannes sein, zumal Redebeiträge wie der von Trittin auch bei einem blog wie diesem meist keinen Erkenntnisgewinn bringen. Die politische Zukunft Guttenbergs ist mir gleichgültig und über die Verschwendung meiner Steuergelder für welchen Mumpitz auch immer zu jammern, habe ich mir inzwischen abgewöhnt, da ich weder Magengeschwüre noch eine schwere Depression zu meinen Lebenszielen zähle.

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Daß Guttenberg eine vorsätzliche Täuschung weiterhin bestreitet, ist im Hinblick auf das ihm blühende Strafverfahren nachvollziehbar.  Alles andere käme dem Eingeständnis einer Straftat gleich. Charakterlich ist das hingegen unter aller canone.

 

Der Umstand, daß die Bevölkerung immer noch zu einem großen Teil hinter Herrn zu Guttenberg steht, ist nun wirklich kein Qualitätsmerkmal. Das deutsche Volk hat in den vergangenen 100 Jahren den merkwürdigsten Figuren zugejubelt. Das "gesunde Volksempfinden" ist in solchen pikanten Angelegenheiten, die der überwiegende Teil der Bevölkerung nicht zutreffend beurteilen kann, der rechte Maßstab nicht.

 

Doktortitel und Ministeramt will die bürgerliche Koalition gerne getrennt wissen. Dann möchte man aber auch erwarten, daß Herr zu Guttenberg den Verzicht auf seinen Doktortitel nicht auf dem Papier des Ministers verfaßt. Vielleicht sollte man auch noch einmal die Examenshausarbeit des Herrn Ministers aus dem Archiv hervorkramen und abklopfen...

 

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Da die Suchmaschineneinträge zu der kombinierten Recherche "andreas kasper" UND "guttenberg" seit den letzten Tagen nicht signifikant steigen, scheint sich die Sache nach der Entscheidung der Uni zu konsolidieren, womit ich gerechnet habe (s.o.).

Der von Gabriel - der persönlich sicherlich nicht meine Sympathie hat - vorgenommene Vergleich zu Berlusconi erscheint auf den ersten und auch den zweiten Blick als grob und ungehörig. Bei längerem Nachdenken ist vielleicht doch etwas daran und erweist sich der Vergleich unbewusst als besonders weitsichtig. Hier wie dort besteht von Teilen der BEvölkerung getragene politische Macht in Europa jenseits der Verpflichtung gegenüber dem Recht.

Es belegt die Unwissenheit der Bevölkerung im Umgang mit geistigem Eigentum. Das gilt für die strafrechtlich verfolgten Filesharer in gleichem Maße wie für die BEwertung der Affäre Guttenberg.

Angesichts des dramatischen Ausmaßes der Plagiate Guttenbergs, kann ich mir nicht vorstellen, dass dies von Andreas Kasper (CDU) noch in rechtlich relevanter Weise getoppt worden sein könnte. Nur dass Andreas Kasper vorbestraft ist, 9.000 Euro hat zahlen müssen, seinen Doktortitel verloren hat, Schadensersatzansprüchen des einstampfenden Verlages ausgesetzt war, seine politischen Ämter verloren hat und sich anderweitig beruflich entwickeln muss.

Der Unterschied besteht lediglich in der Feststellung des Vorsatzes. Hierfür trägt die Universität Bayreuth mit ihrem "vereinfachten Verfahren" Mitverantwortung. Es ist doch wirklich niemand hier so naiv anzunehmen, dass die zweite Kommission nach Abebben der medialen Aufmerksamkeit noch zur Feststellung der Täuschungsabsicht ihres Werbeträgers kommt, aus dessen Umfeld erhebliche Zuwendungen im sechsstelligen Bereich an die Universität geflossen sind.

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@ DennyCrane: Ich stimme dir zu, dass das Volksempfinden kein Maßstab sein kann, da es sich anscheindend immernoch leicht und allzu gerne blenden lässt. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Beitrag von Albrecht Müller auf dem Internetblogs Nachdenkseiten.de vom 23.2. hinweisen:

 

"Die Strategen setzen zynisch darauf, dass es in Deutschland wie in früheren Zeiten ausreichend Menschen gibt, die ihrem Idol blind vertrauen. Diese werden entsprechend gefüttert. Das „Schweiz Magazin“, ein offensichtlich sehr christliches Organ, hat unter dem Titel „Die Hitler-Guttenberg Parallelen“ unter anderem folgendes geschrieben:

„Doch aber gibt es Parallelen und die finden sich bei den Anhängern. Die Verehrer Hitlers waren blinde Gefolgsleute die ihr Idol anhimmelten und sich bedingungslos unterwarfen. Sie liessen keine Kritik an ihrem Helden zu und waren bereit jede Schlechtigkeit zu ignorieren oder als gerechtfertigt anzusehen.“

(Nachbemerkung: ich weiß, dass es unter NachDenkSeiten Lesern wie überall viele gibt, die nicht schätzen, dass man mit der Hitlerzeit vergleicht. Das will ich, so es geht, gerne beherzigen. Im konkreten Fall sind es aber leider ähnliche Gefühlslagen beim angesprochenen Publikum.)"

 

Der gesamte Text des Schweiz-Magazins (link oben) ist tatsächlich sehr lesenswert und stößt zum Nachdenken an.

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"Der Spiegel" heute:

Guttenberg sprach am Mittwoch im Bundestag nur von vier ihm bekannten Expertisen. Er erklärte, dass er an zwei Stellen zwar "Fehler in der Fußnotenarbeit" gemacht, die Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste aber "ausdrücklich und transparent auch als Quellen" genannt habe. Er fügte hinzu: "Hätte ich die Inanspruchnahme der Wissenschaftlichen Dienste verschleiern wollen - so wie das in den letzten Tagen auch zu lesen oder zu hören war -, dann hätte ich diese präzisen Angaben sicherlich nicht gemacht, weil, wenn sie in der Arbeit angegeben sind, kann man letztlich auch nachvollziehen, wo diese Quelle liegt, welche Quelle das ist."

Nun ja, für die beiden neuen Fälle stimmt das nicht.

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Auch für die vier bisherigen Fälle hat er sich rausgewürgt.

Erstens hat er die Ausarbeitungen nicht korrekt zitiert, wie ich der Berichterstattung entnehme, sondern sie kopiert und als eigene Gedanken ausgegeben mit lediglich einem "vergleiche" oder "so auch" in der Fußnote. Von "präzise" kann also keine Rede sein. Zum zweiten: er hätte das nicht ohne Genehmigung tun dürfen, denn die Dissertation war nicht Teil der Abgeordnetentätigkeit, für die der Wissenschaftliche Dienst arbeitet. Zum dritten sehe ich es als unsauber an, Quellen zu benutzen, die einem Prüfer nicht zugänglich sind. In meinem Fach musste man bei nichtveröffentlichten Quellen diese den Prüfern für die Bewertung der Arbeit zur Verfügung stellen. Ich nehme nicht an, dass das in diesem Fall erfolgt ist, sonst hätte ja einer die Textkopien bemerkt.

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Ist etwas über die personelle Zusammensetzung der Kommission zur Ahndung wissenschaftlichen Fehlverhaltens bekannt?

Ich befürchte ja, sie besteht aus einem Haufen Grüßauguste vom Format eines Herrn Bohrmann...in diesem Fall besteht keine Gefahr neuer unbequemer Erkenntnisse.

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Kurze Frage zum Straftatbestand Üble Nachrede:

Unsere werter Herr Verteidigungsminister hat ja gestern in seiner Antwort auf eine Frage des Herrn Trittin anklingen lassen, dass Behauptungen, er habe die Dissertation mit Täuschungsabsicht vorgelegt, am Straftatbestand der Üblen Nachrede kratzen würden.

Könnte er es sich überhaupt leisten, eine Strafanzeige zu erstatten? Wenn ich das richtig verstanden habe, müsste doch dann der Wahrheitsgehalt der Aussage geprüft werden. Er würde sich somit der Gefahr aussetzen, die Täuschungsabsicht bescheinigt zu bekommen. Sehe ich das richtig, oder habe ich den einen oder anderen Fallstrick übersehen? Die Indemnität der gestrigen Redner mal außer Acht gelassen.

Den Gedanken, dass ihm dieser Vorwurf permanent mehr oder weniger gefahrlos um die Ohren gehauen wird, finde ich nämlich sehr sympathisch.

 

 

 

 

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@Mein Name

Ungeachtet der bemerkenswerten Zufälle: Eine Werbekampagne für Zeit/Berufssoldaten etwa in der "Zeit" hätte sich kaum angeboten und wäre wohl eine Verschwendung von Steuermitteln gewesen, da mE der Bedarf der Bundeswehr an pensionierten Studiendirektoren und Kunsthistorikerinnen begrenzt scheint. Mannschaftsdienstgrade, mit denen man die Reihen von Panzergrenadieren, Fallschirmjägern u.a. mangels Wehrpflichtiger nunmehr auffüllen muss, dürften eher zur Bild greifen, so dass die Werbekampagne wohl im richtigen Medium plaziert ist.

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@ klabauter: das ist schon klar, allerdings ist die Frage ob das Geld nicht im Fernsehen bei VIVA, DMAX oder RTL II besser investiert wäre - schon mal erkundigt, wie viel Promille der angeführten Zielgruppe überhaupt noch Gedrucktes liest außer der Fernsehzeitschrift? So sieht es doch sehr nach Kickback aus.

Innovativ und mit minimalen Streuverlusten wäre z.B. eine eigene map für Counterstrike ...

Ich werde Strafanzeige gegen Guttenberg nach § 106 UrhG erstatten, alle über GuttenPlag bekannt gegebenen Plagiate benennen und mich darauf berufen, dass ein "besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung" i.S.v. § 109 UrhG besteht, das die Staatsanwaltschaft ermächtigt, von Amts wegen zu ermitteln. Ein "besonderes öffentliches Interesse" i.S.v. § 109 ist nach Nr. 261a RiStBV anzunehmen, wenn "(...) ein erheblicher Schaden droht oder eingetreten ist (...) oder die Tat (...) die öffentliche Sicherheit gefährdet." Da lässt sich sicherlich brauchbar argumentieren.

 

@ #281 genau so ist es! Deswegen wäre mein Rat an Trittin, Lauterbach und alle Oppositionellen der, Theo Guttenberg bei jeder, ausnahmslos jeder Gelegenheit im Bundestag und anderswo öffentlich als Lügner, Hochstapler und Betrüger zu titulieren. Mal sehen, ob Guttenberg sich traut, Strafanzeige zu erstatten.....

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Hat jemand etwas von Dr. Markus Söder gehört ? Seit dem Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe gegen Guttenberg scheint er abgetaucht zu sein. Eigenartig, wo sich die beiden doch spinnefeind sind...

Könnte Söders Dissertation (ebenfalls Bayreuth) der Grund für seine Zurückhaltung sein?

Titel: "Von altdeutschen Rechtstraditionen zu einem modernen Gemeindeedikt. Die Entwicklung der Kommunalgesetzgebung im rechtsrheinischen Bayern zwischen 1802 und 1818“

Scheint mir allerdings ein extrem Google unfreundliches Thema zu sein...

 

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Eine Psychologin, das könnte interessant werden um die Behauptung der unabsichtlichen Fehler zu widerlegen.

 

Mal eine wilde Spekulation meinerseits :

Sein Verhalten (die offensichtlichen Lügen, die unnötigen Risiken, die unglaubliche Dreistigkeit, die diebische Freude am hochstapeln) erinnern mich frappierend an folgende Kriterien :

 

http://en.wikipedia.org/wiki/Antisocial_personality_disorder

Geht es da nur mir so?

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Fischer-Lescano im Tagesspiegel:

 

"Der Promotionsausschuss hat mit der Rücknahme des Titels nach allgemeinem Verwaltungsrecht statt nach der einschlägigen Promotionsordnung einen rechtlichen Umweg genommen, um es unterlassen zu können, alle relevanten Gesichtspunkte und damit auch den Täuschungsvorwurf gegeneinander abzuwägen. Der Amtsermittlungsgrundsatz und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Vorgehens hätten aber genau dies geboten."

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Noch ein Hinweis zu den Umfragen, speziell aus der Bildzeitung.

 

Gestern meinten in der Internet-Umfrage von Bild 55 %, dass Guttenberg zurücktreten sollte.

http://www.bild.de/BILD/dsm/deutschlands-schnellste-meinung.html

 

In der Telefonumfrage von Bild gestern meinen auf einmal 87 %, dass Guttenberg bleiben solle.

http://www.bild.de/BILD/politik/2011/02/24/guttenberg-entscheid-deutschl...

 

Wie kann das denn sein?

 

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Frankfurter Rundschau meldet:

"Die Kommission zur Selbstkontrolle in der Wissenschaft befasse sich jetzt mit dem wissenschaftlichen Fehlverhalten Guttenbergs und untersuche, „ob es Hinweise auf eine Täuschung gibt“, sagte Universitätspräsident Rüdiger Bormann am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd. Die Beweisführung sei „sehr komplex und strittig“, daher könne sich der Prozess lange hinziehen."

 

Vorsitzender der Kommission ist Prof. Rixen, der erst im April 2010 nach Bayreuth kam. Ich lernte ihn in meiner Schwerpunktvorlesung kennen und schätzen. Er ist Gott sei Dank kein Bayer (wie Möstl), wird wohl auch nicht CSU nah sein. Ich glaube (und hoffe) dass er eine unabhängige Prüfung durchführen wird. Zumal die anderen Professoren der Kommission nicht der RW-Fakultät angehörig sind, und gerade die anderen Fakultäten ja auch ihren Ruf gegen Verfehlungen der RW-Fakultät verteidigen müssen.

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@ bayreuther

 

"Noch ein Hinweis zu den Umfragen, speziell aus der Bildzeitung.

[...]

Wie kann das denn sein?"

 

Zum einen kann man bei diesen Umfragen (insbesondere natürlich online) mehrfach abstimmen.

 

Zum anderen ist die gewünschte Nummer der Telefonumfrage wohl in einigen CDU/CSU-nahen Kreisen besonders beworben worden.

 

Und schliesslich würde ich der abgedruckten Bild-Telefonumfrage in etwa so weit trauen, wie den Ergebnissen der letzten "freien Wahlen" im Iran. Immerhin bekommt die BILD ja demnächst vom Ministerium des Lügenbarons den passenden Werbeauftrag, wie hier im Blog auch schon steht.

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Der "Focus" heute:

Dienstags noch war auf dem Bayreuther Campus von einer gründlichen Prüfung der Vorwürfe die Rede. Schon im Verlauf des Mittwoch war der Schwenk zu beobachten, die unangenehme Causa rasch vom Tisch zu bringen. Jura-Dekan Markus Möstl erklärte noch gegen 14 Uhr, die Fakultät prüfe „noch intensiv“. Gegen 17 Uhr plötzlich die neue Sprachregelung, die Kommission sei „bei der Prüfung schon weit fortgeschritten“. Und um 19.30 Uhr dann die Aberkennung der Doktorwürde für Guttenberg.

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Die Stellungnahme des Ältestenrates zur ungenehmigten und nicht ausgewiesenen Verwendung der 6 Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes wurde mit Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion bis Mitte März aufgeschoben.

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http://www.bild.de/BILD/politik/2011/02/23/guttenberg-brief-an-uni-bayreuth/brief-verweis,property=Download.jpg

Es reicht ja schon, dass der Freiherr für diesen Probeausdruck eines privat einzustufenden Schreibens dienstliches Briefpapier verwendet - sollte er das eigentliche"Gesuch" auch mit dem Ministeriums-Briefkopf versendet haben, ist das ein weiteres Zeichen für seine Missachtung der Werte, die er auf seiner Homepage in die Welt hinausposaunt. Ein schönes Beispiel für moralischen Bankrott.

Dass Staatsminister von Klaeden eine entsprechende Nachfrage "nicht versteht",  zeigt, wie sehr sich diese Regierung dem selbstverständnis arabischer Potentaten angenähert und den Staat zu Beute gemacht hat:

http://www.tagesspiegel.de/politik/die-droge-guttenberg/3876656.html

Guten Abend,

 

falls jemand ein Gegengewicht zur Bildzeitung benötigen sollte, empfehle ich wärmstens:

 

http://www.bildblog.de/

 

Umfragen, die die Bildzeitung macht, würde ich stets mit großer Vorsicht "genießen".

 

Grüße

 

JS

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Die angesprochenen Umfragen sind nach Allem nicht glaubwürdig, ebenso wie Copyberg. Auch der KStA schrieb: "Ein Mann, kein Ehrenwort".

 

"Mag sein, dass der eine oder andere gnädig vom Tisch wischen will, was an Betrug vorgefallen ist. Doch gegen all die Werte, die Theodor zu Guttenberg für sich reklamiert und für die er zu stehen glaubt, hat er selbst verstoßen. Er ist unglaubwürdig geworden."

 

Da helfen dem schwachen und verantwortungslosen Politiker auch nicht seine, nicht minder unglaubwürdigen, PR-Tricks, "Hier wird Schwäche zu Stärke umgedeutet":

 

"Für eine Doktorarbeit fremde Ideen abzukupfern ist dumm. Alles trotzig abzustreiten, obwohl sich die Beweise stapeln, ist noch dümmer. Sich dann aber hinzustellen, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, und nach der bewährten Masche den Anti-Politiker zu geben, der anders als die anderen seine Fehler öffentlich eingesteht, um sich damit ans Wahlvolk ranzuwanzen - das, mit Verlaub, ist populistisch und dreist. Hier wird Schwäche zu Charakterstärke umgedeutet."

 

Damit ist Goggleberg nicht mehr haltbar. Auch muß bedacht werden, wenn er einen ghostwriter hatte, wie Viele vermuten, ist der Militärminister nun erheblich erpressbar, was durch sofortigen Rücktritt unbedingt zu vermeiden ist.

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Unter #208 hatte ich bereits darauf hingewiesen als hätte ich es geahnt:

Guttenbergs Büro redet sich hinsichtlich der nun in einem zweiten "Werk" von Guttenberg "Die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU - eine Privilegierte Partnerschaft" festgestellten Übernahmen auch damit heraus, dass die übernommenen Texte von der EU-Kommission stammten und als amtliche Werke gem. § 5 UrhG keinen Urheberrechtsschutz genießen würden.

Auch hier gilt, dass selbst bei fehlendem Urheberschutz ein Verstoß gegen den "wissenschaftlichen Kodex" vorliegt, der immer dann verletzt ist, wenn der Autor fremde Ideen als eigene Ideen ausgibt.

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Lesenswert ist auch der TAZ-Kommentar "Raubbau an der Demokratie", wonach in der Plagiateberg-Affäre eine Arte Selbstaufgabe der Demokratie zum Vorschein kommt. Wer populär ist, darf mehr als andere. Und die "Bild" macht kräftig mit. Als staatstragendes Medium erfüllt die Bild heute eine Rolle, vergleichbar mit dem seinerzeitigen "Neues Deutschland", als Zentralorgan der SED, obgleich man das Niveau letzteren Mediums eher noch höher ansiedeln sollte, obwohl beide vergleichbare unkritische Gleichschaltungsfunktionen der Öffentlichen Meinung aufweisen.

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Auch in Bayern wenden sich nun bereits 70 mutige Dozenten mit Ethos an den bayerischen Wissenschaftsminister, s. TAZ-Artikel "Unstrittig eine Täuschung":

 

"Noch konsequenter geht der Berliner Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister zu Werke: Er kündigte an, auf die Verwendung seines Doktortitels zu verzichten, "solange Freiherr zu Guttenberg noch als Minister dieses Land vertritt". "Wie will eine Bundesregierung überhaupt noch bildungspolitisch verantwortlich handeln, wenn sie vorsätzliche akademische Täuschung zum Kavaliersdelikt erklärt?", fragt er. Und sieht "die Idee einer universellen Scientific Community, mit ihren Regeln der Überprüfbarkeit und Originalität, Kritik und Präzision", bedroht."

 

"Wenn ein Bundesminister große Teile seiner Dissertation fälschen darf, ohne dafür ernsthafte Konsequenzen fürchten zu müssen, dann steht nicht nur die Bedeutung wissenschaftlicher Standards zur Diskussion. Es geht dann auch um die Frage, was intellektuelle Leistung diesem Land noch wert ist."

 

"Wie konnte es passieren, dass Guttenbergs Doktorvater Häberle, in der Fachwelt angesehen und im Wissenschaftsbetrieb jahrzehntelang erfahren, seinem Doktoranden das Abkupfern, Fälschen und Täuschen durchgehen ließ? Wie konnte eine Arbeit, die mittlerweile auch von politisch unverdächtigen Rechtswissenschaftlern als in inhaltlicher Hinsicht allenfalls mittelmäßig eingeschätzt wird, mit der Höchstnote "summa cum laude" bewertet werden?"

 

Copyberg hat nicht nur die Wehrpflicht ausgesetzt/ abgeschafft, sondern auch den Dr.-Titel. Ein derart täuschender und lügender Minister ist als Volksvertreter untragbar.

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Herr Prof. Müller, unter #124 schreiben Sie:

"die eidesstattliche Versicherung ist deshalb in vielen Promotionsordnungen nicht mehr enthalten, weil die Fakultäten  nach inzwischen verbreiteter Meinung nicht mehr zur Abnahme solcher Versicherungen befugt sind."

 

Die zwei bzgl. Prüfungs/Promotions-Ordnung entscheidenden Gremien scheinen diese "verbreitete Meinung" nicht zur Kenntnis genommen zu haben :

 

  • Deutscher Hochschulverband fordert eidesstattliche Versicherung in Prüfungsordnungen.
  • Hochschulrektorenkonferenz-Präsidentin Margret Wintermantel: "Versicherungen an Eides statt ist wirksames Instrument gegen Missbrauch"

 

Grüße!

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@KTM:

Ich muss mich korrigieren bzw. ergänzen: Nach § 27 Abs.1 VwVfG (und den entspr. Länder-VwVfG) ist - und das war damals neu - jeweils eine Zuständigkeit zur Abnahme von Versicherungen an Eides Statt gesetzlich vorzusehen. Diese allg. Zuständigkeit einer Behörde wurde zuvor ohne besondere Rechtsgrundlage  bejaht. Sofern die Länder-Hochschulgesetze eine Zuständigkeit (nunmehr) ausdrücklich den Fakultäten für diesen Zweck gesetzlich gestatten, können die Fakultäten dies in ihren Promotionsordnungen   vorsehen.

Meine obige Äußerung gilt also erstens für die Zeit, in der die Hochschulgesetze eine solche Rechtsgrundlage noch nicht enthielten und für die Bundesländer, in denen sie heute noch nicht gestezlich begründet  ist. In Bayern ist mit Art. 64 Abs.1 BayHochschulG eine Rechtsgrundlage gegeben. D.h. die Rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth könnte, wenn sie dies wollte, auch eine Versicherung an Eides Statt verlangen. Diese wäre dann (wegen Art. 64 BayHochschulG) auch strafrechtlich relevant nach § 156 StGB.

 

Aus Tagesspiegel "Guttenberg hat systematisch getäuscht": "Der Bremer Juraprofessor Fischer-Lescano rügt die Uni Bayreuth für den ungeprüften Titelentzug. Bundestagspräsident Lammert sieht die Übernahme von Bundestagsgutachten in Guttenbergs Dissertation deprimierend eindeutig."

 

Prof. Fischer-Lescano verschärfte sehr zu Recht seine Kritik: "Guttenberg hat systematisch verschleiert, plagiiert und getäuscht. Den Vorsatz kann man bei diesem intellektuellen Betrug dann im Grunde nur noch dadurch verneinen, dass man den Autor für unzurechnungsfähig erklärt."

 

Wie Fischer-Lescano inzwischen klargestellt hat, hat die Universität Bayreuth zu Guttenberg den Titel nicht nach Promotionsrecht aberkannt. Sie hat, wie der Minister gewünscht und "vorgegeben" hat, so wörtlich Angela Merkel, den Titel lediglich zurückgenommen, nämlich nach bayerischen Verwaltungsakt.
Der Unterschied: Zum Aberkennen hätten sie ihm eine Täuschung nachweisen müssen. Wobei nach einschlägiger bisheriger Rechtssprechung schon ein Bruchteil der verwerteten Zitate als Täuschungsnachweis galt.

 

Wenn die Menschen noch an Demokratie und Rechtsstaat glauben sollen, müssen solche offensichtlichen Täuschungen und Lügen an der Bevölkerung durch einen aus Steuergeldern hochfinanzierten sog. Volksvertreter Konsequenzen haben.

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Schon im Spiel, nämlich beim Sport gilt: Wert dopt oder falsch spielt, der fliegt - und zwar völig egal, welcher Mannschaft er angehört, und unabhängig davon, ob man den Betrüger für "nett" oder "sympatisch" hält. Was im Spiel gilt, soll in der Realität und erst Recht bei Menschen, die über unser aller Geschicke bestimmen anders sein?

 

 

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@Prof. Müller

Das stimmt natürlich, ein schönes Beispiel, auch dort kommt es mitunter zu ungerechten Entscheiden, aber der Grundsatz ist ja im Spiel der gleiche, wie in der Realität, nämlich das unredliches Verhalten stark sanktioniert wird. Da geht es mitunter in der Kreisliga gerechter zu als auf der internationalen Ebene. Auch lassen sich Parallelen in den derart eklatanten Fehlentscheiden der sportlichen Funtkionärskaste und auch der Politik nicht zufällig ziehen. Nur da es sich bei den Alltagsgeschäften des Herrn Copyberg um sehr reale "Kriegsspiele" handelt, und seine nun unglaubwürdigste Politik massive Auswirkungen auf alle Bürger des Staates hat, muss um so sorgfältiger untersucht werden und müssen um so schärfere Sanktionen folgen.

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So empfiehlt sich Copyberg beim unkritischen Wählervolk, mit einer Musikrichtung, die ehemals als oppositionell und alternativ galt, freilich wieder nur unter Täuschung im schönen Schein, denn dass er das versteht, was da vor ihm auf der Bühne steht, geschweige denn dessen Bedienung, kann nicht mal ein unkritischer Parteiaktivist glauben

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„Ein Offizier der Bundeswehr, der im Rahmen der universitären Diplomvorprüfung einen Leistungsnachweis dadurch erschleicht, dass er dem Prüfungsausschuss keine eigenständig erstellte Hausarbeit, sondern eine nahezu wörtlich übereinstimmende Abschrift (Plagiat) einer thematisch vergleichbaren Arbeit eines Kameraden vorlegt, um auf diese Weise einen Leistungsschein zu erhalten, der Voraussetzung für sein Vordiplom und damit auch für seine Beförderung zum Oberleutnant ist, begeht ein schwer wiegendes Dienstvergehen, das grundsätzlich mit einer gravierenden gerichtlichen Disziplinarmaßnahme (Degradierung) zu ahnden ist.”

 

BVerwG, Urteil vom 14.11.2001 - 2 WD 30/01 (Link: http://www.hsu-hh.de/download-1.4.1.php?brick_id=xfoF33Mgt52OBMPa )

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