Malmström: Nutzung von Vorratsdaten einschränken, aber hart bleiben gegen Deutschland
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Kürzlich bin ich hier in einem Beitrag auf ein Interview mit Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger eingegangen, das in der NJW veröffentlicht wurde.
Gestern erschien praktisch ein "Antwortinterview" seitens EU-Kommissarin Malmström in der FAZ.
Ihre Erwägungen sind durchaus interessant. Danach plant sie eine veränderte Richtlinie (zusammen mit einer reformierten E-Privacy-Richtlinie, vgl. schon Herr Dr. Spies, 2010 hier im Blog), in der die Nutzung der Vorratsdaten europaweit eingeschränkt wird in der Weise, wie sie auch das BVerfG (1 BvR 256/08 vom 2.3.2010) wohl akzeptieren würde.
Auszug (Interview Malmström):
Das größte Problem ist, dass die Mitgliedstaaten die Vorratsdatenspeicherung heute nicht nur zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität benutzen. Nach der sogenannten E-Privacy-Richtlinie können solche Daten auch für andere Zwecke verwendet werden, etwa zur Verbrechensvorbeugung oder zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, was ein sehr vager Begriff ist. Deshalb müssen wir diese beiden Richtlinien zusammen überarbeiten. Für E-Privacy ist meine Kollegin Neelie Kroes zuständig. Wir werden das zusammen machen. Die Anwendung muss strikt auf Terrorismus und schwere Kriminalität beschränkt werden. Außerdem brauchen wir einen besseren Schutz, damit Hacker nicht an die Daten kommen, die ja bei den Telekommunikationsfirmen gespeichert werden, nicht beim Staat.
Auch die Speicherdauer soll verkürzt werden.
Allerdings dauere dies alles seine Zeit - mindestens bis zum nächsten Jahr - , und bis dahin werde sie dennoch von Deutschland verlangen, die EU-Richtlinie umzusetzen, also eine gesetzliche Regelung zu erlassen, nochmal Malmström im FAZ-Interview:
In der EU machen wir zusammen Gesetze, und dann wenden wir sie an. Deutschland hatte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zwei Jahre Zeit, eine neue Lösung zu finden. Wir waren sehr geduldig. Aber jetzt ist Deutschland das einzige Land, in dem die Richtlinie noch nicht umgesetzt wurde. Die Kommission kann da keine Ausnahme machen, wir verklagen auch andere Länder.
Eine Quick-Freeze-Lösung, wie sie von Leutheusser-Schnarrenberger für ausreichend angesehen wird, genüge nicht.
Nach diesem Interview hat man deutlich den Eindruck, dass es hier kaum eine Kompromisslinie gibt. Um eine gesetzliche Lösung, die der Entscheidung des BVerfG entspricht und zugleich zumindest der von Malmström avisierten "neuen" Richtlinie der EU, wird der deutsche Gesetzgeber kaum herumkommen, soll eine – erfolgreiche - Klage vermieden werden.