Legal Tech im Studium: Ran an die Ausbildungsgesetze?

von Martin Fries, veröffentlicht am 21.10.2020
Rechtsgebiete: Weitere ThemenBildungsrechtLegal Tech1|7127 Aufrufe

Waren Sie schon einmal in Baden-Württemberg? Seit Mai 2019 erstrecken sich die Inhalte des juristischen Studiums dort gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 JaPrO einigermaßen ausdrücklich auch auf die Digitalisierung von Recht und Rechtspflege. Andernorts wird um die Erwähnung von Legal Tech in den Ausbildungsregularien noch gerungen. Was tut sich da und wohin führt der Weg?

NRW plant Ausbildungsreform mit anderen Schwerpunkten

Nordrhein-Westfalen hat Mitte September auf Twitter eine Änderung seines Juristenausbildungsgesetzes in acht Punkten angekündigt. Von Digitalisierung oder Legal Tech war in der Ankündigung freilich keine Rede. Pointierte Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Die Münsteraner Legal-Tech-Initiative recode.law etwa fragt:

Können wir uns 2020 noch eine Juristenausbildung leisten, in der die Digitalisierung keine Rolle spielt?

Eine klassische Verteidigungslinie für das NRW-Kabinett liegt auf der Hand: Die Digitalisierung strahlt in alle Rechtsbereiche aus, sie müsste allein schon über den Bezug zur aktuellen Rechtsprechung eigentlich automatisch Eingang in weite Teile des Pflichtfachstoffs finden. Indes: Dieser Automatismus funktioniert offenbar nicht besonders gut. Ein vor wenigen Monaten vom Ulmer Rechtsprofessor Heribert Anzinger erstelltes Gutachten (pdf) kommt jedenfalls zu dem Schluss, dass die für die Rechtspraxis längst deutlich spürbaren Folgen der Digitalisierung im juristischen Studium erst nach und nach an Bedeutung gewinnen. Nicht schnell genug für die Münsteraner Studierendeninitiative, die sogleich zur Feder griff und Anfang Oktober einen offenen Brief an den NRW-Justizminister richtete. Zwei Wochen später ließ sie nun eine Online-Konferenz zum Thema "Legal Tech im Studium – Wunsch und Wirklichkeit" folgen.

Herrschende Meinung im digitalen Saal: Mehr Legal Tech, aber kein Warten auf Reformen

Um das Thema aus verschiedenen Perspektiven umfassend zu beleuchten, hatten die Recoder drei Gäste eingeladen: Lina Krawietz, eine Legal-Designerin aus der Schule des Hasso-Plattner-Instituts, Michael Beurskens, den Chef des neuen Passauer Legal-Tech-Bachelorstudiengangs, und Ulrich Noack, der Einblicke in die Arbeit des Deutschen Juristen-Fakultätentags gab. Nach angeregter Diskussion fiel das Fazit überwiegend pragmatisch aus: Auf Änderungen der Ausbildungsgesetze und Prüfungsordnungen sollten Studierende kaum hoffen oder warten, sondern sich vielmehr im bestehenden System orientieren und das eigene Studium möglichst praxisnah gestalten (Beurskens). Wichtig sei die Vernetzung mit Gleichgesinnten und die Nutzung praktischer Studienzeiten für Einblicke in digitalaffine Unternehmen im Rechtsmarkt (Krawietz). Und letztlich könne jede(r) Studierende selbst Digitalthemen in die Pflichtfachveranstaltungen hineintragen: Wer in der Vorlesung die Hand hebt und aktiv nach aktuellen Fällen und Entwicklungen fragt, könne dadurch Diskussionen entfachen, von denen alle profitieren (Noack). Also los...

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