Ist der Abschluss einer Gebührenvereinbarung in der Praxis der Regelfall?
Gespeichert von Dr. Hans-Jochem Mayer am
Nachdem der BGH bereits im Urteil vom 22.8.2018 - IX ZR 115/17 - entschieden hatte, dass für den Entwurf eines Testaments keine Geschäftsgebühr anfällt, sondern die anwaltliche Tätigkeit lediglich als Beratung zu vergüten ist, hat er im Urteil vom 15.4.2021 - IX ZR 143/20 - sich auf den Standpunkt gestellt, dass auch der Auftrag, ein gemeinschaftliches Testament zu entwerfen, keine Geschäftsgebühr auslöst. Die Entscheidung mag zwar systematisch konsequent sein, hat jedoch erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für die Vergütung des betroffenen Anwalts. Im konkreten Fall hatte sich die 1,0 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer auf 3.704,47 EUR belaufen, im Rechtsstreit, in dem die Kläger dann letztlich vor dem BGH recht bekamen, machten sie geltend, dass lediglich eine Beratungsgebühr in Höhe von insgesamt 410,55 EUR entstanden ist. Der BGH setzte sich auch mit dem Argument auseinander, ob noch eine die verfassungsmäßigen Rechte des Rechtsanwalts wahrende angemessene Vergütung gegeben sei und stellte sich dabei auf den Standpunkt, nach der Konzeption des Gesetzes sei der Abschluss einer Gebührenvereinbarung gemäß § 34 I 1 RVG die Regel, die Abrechnung der Vergütung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts und die Abrechnung der für den Verbraucher geltenden Gebühren gemäß § 34 I 3 RVG die Ausnahme. Die Konzeption des Gesetzes ist die eine Sache, die Realität die andere. Erfahrungsgemäß dürfte es doch äußerst schwerfallen, bei einem Verbraucher den Abschluss einer Gebührenvereinbarung bei einer Beratung in der Größenordnung durchzusetzen, die den Werten einer Geschäftsgebühr zumindest ansatzweise ähnelt.