AG Düsseldorf lehnt ebenfalls Reduktion der Gewerberaummiete wegen Corona ab
Gespeichert von Prof. Dr. Thomas Riehm am
Mit einem Urteil vom 10. November 2020 (45 C 245/20, BeckRS 2020, 31652) hat sich auch das Amtsgericht Düsseldorf in die Riege der erstinstanzlichen Gerichte eingereiht, die eine Reduktion der Gewerberaummiete infolge Corona-bedingter Betriebs Untersagungen ablehnen (zuvor schon das LG Heidelberg und das LG Frankfurt; anders allerdings das LG München I).
Gegenstand war dieses Mal die Miete eines Stehcafés, das im März und April 2020 unmittelbar von Schließungsanordnungen betroffen war und auch danach wegen der Abstandsregelungen weniger Gäste gleichzeitig bewirken konnte. Im Mai 2020 trug die Mieterin daher einen Umsatzrückgang um 20 % gegenüber dem Mai 2019 vor. Die Mieterin kürzte infolgedessen die Mietzahlung für Mai 2020 um 20 % und rechnete überdies mit einer Rückzahlungsforderung wegen Mietminderung für die Monate März und April 2020 auf.
Das Amtsgericht hat die Mieterin zur uneingeschränkten Mietzahlung verurteilt und auch die Aufrechnung zurückgewiesen. In Auseinandersetzung sowohl mit der Rauchverbot-Entscheidung des BGH als auch mit der Tanzlokal-Entscheidung des Reichsgerichts verneint das Amtsgericht sowohl das Vorliegen eines Mietmangels als auch die Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung. Auch eine Vertragsanpassung nach § 313 I BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage lehnt das Amtsgericht ab, weil das Festhalten am unveränderten Vertrag der Mieterin im konkreten Fall zumutbar gewesen sei, weil die Umsatzeinbußen nicht existenzgefährdend waren und auch sonst keine unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung darstellten. Insoweit liegt es auch hinsichtlich der Begründung auf der gleichen Linie wie das Landgericht Heidelberg und das Landgericht Frankfurt.
Hinsichtlich der Ablehnung eines Mietmangels und der Unmöglichkeit halte ich das Urteil für richtig; das Unmöglichkeitsrecht ist zudem nach Überlassung der Mietsache nach h.M. gar nicht anwendbar. Wenig überzeugend erscheint mir allerdings die Ablehnung eines Wegfall der Geschäftsgrundlage. Wie zuvor schon das Landgericht Frankfurt stellt das Amtsgericht maßgeblich auf die Frage ab, ob die Corona-Bedenken Einschränkungen Existenz gefährden waren oder eine gravierende wirtschaftliche Beeinträchtigung darstellten. Das ist m.E. zu kurz gegriffen. Die Corona-bedingten Einschränkungen stellen in jedem Fall einen erheblichen Eingriff in das vertragliche Äquivalenzverhältnis dar, der von keiner Seite zu vertreten ist. die vertragliche Risikoverteilung zwischen objektbezogenen Störungen, die gem. § 536 BGB dem Vermieter zugewiesen sind, und persönlichen Nutzungshindernissen, die gem. § 537 BGB dem Mieter zugewiesen sind, ist m.E. nicht in dem Sinne abschließend, dass damit sämtliche Störungen entweder dem Mieter oder dem Vermieter abschließend zugewiesen sind. Vielmehr liegt das „Pandemie-Risiko“ m.E. gänzlich außerhalb dieser gesetzlichen Risikoverteilung, sodass schon deswegen den Parteien das Festhalten am unveränderten Vertrag bei gestörtem Äquivalenzverhältnis nicht zuzumuten ist. Auf eine Existenzgefährdung kommt es in diesem Zusammenhang nicht mehr an.
Etwas anderes kann sich dann nur noch aus der vertraglichen Risikoverteilung ergeben. Insoweit lag im Fall des LG Heidelberg tatsächlich eine Sondersituation vor, weil sich aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien entnehmen ließ, dass der Mieter das Risiko externer Betriebsstörungen in weitem Umfang übernommen hatte. Eine vergleichbare vertraglichen Regelung fehlte aber sowohl beim LG Frankfurt als auch beim AG Düsseldorf, sodass die Miete dort m.E. nach § 313 I BGB anzupassen gewesen wäre.