Auch der Gesetzgeber kann sich irren - Kürzung der Miete bei Geschäftsräumen
Gespeichert von Dr. Michael Selk am
Schon mehrfach ist in diesem blog der neugeschaffene Art. 240 § 2 EGBGB und die dortige Kündigungsbeschränkung angesprochen worden. Bekanntlich hat der Gesetzgeber zunächst bis zum 30.6.2022 die Möglichkeit der Kündigung des Vermieters bei Zahlungsverzug des Mieters für die Mieten April bis Juni 2020 ausgeschlossen, falls Ursache der finanziellen Probleme des Mieters die Covid-19 Pandemie ist.
Für Irritationen sorgte die Gesetzesbegrundung (BT-Drucks. 19/18110, S.18), in der es wörtlich heißt: "Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen." Dieser Formulierung ist von Vermieterseite entnommen worden, dass die Zahlungspflicht der Gewerbemieter während der Pandemie unberührt bleibt.
Ein solcher Schluss wäre allerdings unrichtig. Art. 240 § 2 EGBGB regelt nur die Kündigungsbeschränkung, nicht die Zahlungspflicht. Soweit der Gesetzgeber in der Begründung anderes andeutet, so ist dies "grundfalsch" bzw. "einigermaßen absurd" (so sehr deutlich Martin Häublein, NZM-info, Heft 7 S. V). Vielmehr beginnt die Diskussion erst - wie bereits hier im blog diskutiert, ist umstritten, ob der Gewerbemieter die Miete gem. § 536 mindern kann oder sich ggf. auf die Störung der Geschäftsgrundlage berufen kann (gegen eine Minderung und ggf. für § 313 BGB u.a. Sittner, NJW 2020, 1169 (1170ff) ; Weidt/Schiewek, NJOZ 2020, 481 (482ff).
Der Gesetzgeber hat also die rechtsdogmatische Frage der Kürzung der Miete durch den betroffenen Gewerbemieter nicht geklärt. Hier werden die gerichtlichen Entscheidungen abzuwarten sein. Die wohl zur Zeit h.M. , die eine Minderung eher ablehnt, verweist zumindest konsequent auf die vom BGH vorgenommene Trennung, ob die Maßnahme "objektbezogen" (dann Mangel bejaht) oder "betriebsbezogen" (dann verneint) ist. Die Argumente sind hier teilweise bereits ausgetauscht worden. Ob für die Coronafälle tatsächlich eine solche Trennung überhaupt vorgenommen werden kann (da die "Betriebsbezogenheit" eher auf in der Sphäre des Mieters liegende Umstände abstellt), werden ebenfalls die Gerichte klären müssen. Jedenfalls gehen momentan die meisten Autoren von einer möglichen Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB aus - mit unterschiedlichen Rechtsfolgen auch für den jeweiligen Einzelfall.