Minderung der Gewerbemiete bei behördlich angeordneter Schließung?
Gespeichert von Dr. Michael Selk am
Während der Gesetzgeber die Gewerbemieter zwar vor Kündigungen bei Zahlungsverzug in Coronazeiten bewahren will, hat er indes ausdrücklich die Verpflichtung zur Mietzahlung nicht suspendiert.
Damit fragt sich, ob ein z.B. Gastwirt oder Kinobetreiber nicht dennoch die Miete ggf. auf Null reduzieren kann. Neben Ansätzen des § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) oder § 275 BGB (tatsächliche bzw. rechtliche Unmöglichkeit) wird vielleicht zu schnell die Frage übergangen, ob dem betroffenen Mieter nicht die Minderung der Miete gem. § 536 BGB möglich ist.
Diese Frage lässt sich nicht ohne weiteres verneinen. Während im Wohnraummietrecht nach der auch hier schon oft diskutierten Bolzplatzentscheidung des BGH v. 29.4.2015 sog. Umweltmängel dann irrelevant sind, wenn der Vermieter selbst gegen den Störer keine Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten hat, sieht es im Gewerbemietrecht anders aus: der XII. Zivilsenat des BGH, aber auch die für das gewerbliche Mietrecht zuständigen Senate der Oberlandesgerichte entscheiden sog. "Umweltmängel" weiterhin danach, ob eine "Unmittelbarkeit" der Einwirkung auf die Mietsache von außen gegeben ist oder nicht. Eine solche Unmittelbarkeit wird etwa schon dann bejaht, wenn es aufgrund von Baustellen zu einer "Einkapselung" von Gaststätten kommt, also Restaurants nur noch sehr schlecht oder gar nicht mehr erreichbar sind. Dann soll ein Mangel der Mietsache vorliegen (vgl. nur OLG Frankfurt, NZM 2015, 542; LG Hamburg BeckRS 2018, 38684).
Bedenkt man dies, so besteht kein Zweifel, dass eine Unmittelbarkeit des Eingriffs bei einer behördlich angeordneten Schließung ja noch viel eher gegeben ist als bei einer - entfernteren - Baustelle, die zu Umsatzeinbußen führt. All dies spricht also dafür, eine Minderung ggf. gar auf Null zu bejahen.
Dennoch ist manchen Mietern mit dieser Erkenntnis nicht sofort geholfen, da sich in ihren Verträgen (AGB) Minderungsausschlussklauseln befinden könnten, die auf ihre Wirksamkeit überprüft werden müssen. Manche OLG sind hier schon deutlich strenger und lehnen die Wirksamkeit neuerdings ab (s. die Nachweise bei Leo, NZM 2020, 90). Bei wirksamen Ausschlußklauseln kann man den Mietern nur empfehlen, möglichst schnell Feststellungsklagen gerichtet auf Feststellung der Berechtigung der Minderung zu erheben.