„Für Schuldienst ungeeignet“ - ArbG Berlin weist Kündigungsklage von „Volkslehrer“ ab
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Das ArbG Berlin (16.1.2019, Aktenzeichen 60 Ca 7170/18, PM 03/19) hatte über einen brisanten Fall zu entscheiden, über den bereits im Vorfeld in der Presse ausführlich berichtet worden war. Es geht um den 38-jährigen Grundschullehrer Nikolai N., der auf seinem Youtube-Kanal als „Volkslehrer“ auftritt und unter dieser Bezeichnung krude Thesen und Verschwörungstheorien verbreitet. Die außerordentliche Kündigung erfolgte am 27. April vergangenen Jahres wegen „erheblicher Zweifel an seiner persönlichen Eignung“. Die Bildungsverwaltung attestierte N. eine Nähe zur Reichsbürgerbewegung und erstattete zusätzlich Anzeige wegen Volksverhetzung. Nikolai N. hingegen spricht von einer „politisch motivierten Kündigung“ aufgrund einseitiger Medienhetze gegen seine Person. Die gegen die Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage hat das ArbG Berlin jetzt in erster Instanz abgewiesen. Die außerordentliche Kündigung sei gerechtfertigt, weil dem Kläger die persönliche Eignung für eine Tätigkeit als Lehrer im öffentlichen Dienst fehle. Es könne nicht angenommen werden, dass der Kläger zukünftig in dem tarifvertraglich oder gesetzlich geforderten Maße bereit sei, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Dem Kläger komme es darauf an, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland in den von ihm verbreiteten Videos in Frage zu stellen und sie verächtlich zu machen. Diese Einstellung sei mit der Tätigkeit als Lehrer des beklagten Landes unvereinbar und berechtige zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Der Vorsitzende Richter aus führte aus, der Nicolai N. rüttele an den Grundfesten unserer Gesellschaft. Ohnehin müsse sich der Staat in diesen Zeit „hart aufstellen“, weil die Bundesrepublik und ihre demokratischen Institutionen unter Druck geraten seien. „Dem müssen wir geschlossen entgegentreten“, sagte der Richter und wies darauf hin, dass auch Schüler von Nikolai N. dessen Youtube-Kanal geschaut hätten. Von daher habe sein Wirken auch in die Schule hineingewirkt. Im Gerichtssaal waren auch etliche Unterstützer von Nikolai N. zugegen, die das Urteil mit Missbilligung zur Kenntnis nahmen. Einzelne Unterstützer verwickelten den Richter dann noch in Diskussionen über eine angeblich voreingenommene Justiz und die „Lügenpresse“. Offen blieb, ob der Lehrer nun in Revision geht. „Vom Bauchgefühl her würde ich sagen: ja“, sagte sein Anwalt nach der Verhandlung, die unter besonderem Polizeischutz stattfand.
Die der Pressemitteilung zu entnehmende Begründung überzeugt. Etwas befremdlich wirkt hingegen, dass das Gericht laut Tagesspiegel (vom 16.1.2019) Nikolai N. und dem Senat zuvor einen Vergleich vorgeschlagen hatte: Ende der Beschäftigung zum 31. Dezember 2018 sowie die Zahlung der seit Mai ausstehenden Gehälter plus 20.000 Euro Abfindung. Der Richter habe beide Parteien vor einem Gesichtsverlust gewarnt. Das Land Berlin lehnte den vorgeschlagenen Vergleich - insbesondere eine Abfindung – ab. Das war sicherlich gesichtswahrender als die Annahme des Vergleichsvorschlags.