Barunterhalt für ein gesundes Kind, wenn ein behindertes Kind betreut wird
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Aus der geschiedenen Ehe sind die Antragstellerin (A, geb. 2003) und die Zwillinge X und Y (geb.2006) hervorgegangen.
A lebt bei ihrem Vater, X und Y bei ihrer Mutter.
Y ist schwerstbehindert. Er besucht für 31 Stunden in der Woche eine Sonderschule und wird morgens um 08.00 Uhr abgeholt und um 15.15 Uhr zurückgebracht (mittwochs und freitags allerdings bereits um 13.15 Uhr). Dienstag und Mittwoch übernachtet Y bei seinem Vater.
Seine Mutter muss für ihn kochen, da in der Schule das von ihm benötigte glutenfreie Essen nicht zubereitet wird. Er muss gewindelt und teilweise gefüttert werden. Er hat den höchsten Pflegegrad (5) zuerkannt bekommen, seine Mutter bekommt 901 € Pflegegeld (§ 19 SGB XI) ausbezahlt.
Die Kindesmutter arbeitet als Gitarrenbauerin mit 10 Wochenstunden bei einem Stundenlohn von 17 €. Ihre Arbeitsstelle liegt 20 km vom Wohnort entfernt.
Der Kindesvater erzielt ein bereinigtes Nettoeinkommen von rund 2.806 €.
A verlangt von ihrer Mutter die Zahlung des Mindestunterhalts zuzüglich 45,45 € Mehrbedarf (Musikunterricht und Schulbus). Sie meint, ihre Mutter könne 120 Stunden im Monat arbeiten.
Während das AG dem Antrag stattgab, hat das OLG Stuttgart (Beschluss vom 03.08.17 – 16 UF 118/17) die Kindesmutter zur Zahlung von lediglich 179 € Kindesunterhalt an A verpflichtet:
1. Im Hinblick auf die Betreuungsbedürftigkeit von Y sei ihr eine Erwerbstätigkeit von max. 80 Stunden im Monat zumutbar. Zusammen mit einem Wohnwertvorteil errechnet der Senat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.479 €.
2. Das Pflegegeld von 901 € ist nach Ansicht des Senats gemäß § 13 VI 2 Nr. 1 SGB XI nicht als Einkommen der Mutter zu berücksichtigen. Dies sei allenfalls im Mangelfall möglich, hier sei aber der Vater als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden (§ 1603 II 3 BGB)
3. Zwischen den Einkommen der Eltern bestehe ein erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht, so dass der Kindesmutter der große Selbstbehalt von 1.300 € zu belassen sei.