"Mein Kampf" gelesen – gekündigt
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Seit dem Jahre 2016, also gut 70 Jahre nach Hitlers Tod, ist dessen Kampf- und Propagandaschrift „Mein Kampf“ urheberrechtsfrei. Anfang 2016 stellte das Münchener Institut für Zeitgeschichte (IfZ) seine in drei Jahren erarbeitete kommentierte Ausgabe vor. Das ist eine spannende und zugleich bedrückende Lektüre.
Welche Gedanken sich ein Mitarbeiter des Bezirksamts Berlin Reinickendorf gemacht hatte, als er während der Arbeitszeit im Pausenraum des Dienstgebäudes die Originalausgabe von „Adolf Hitler, Mein Kampf“ mit einem eingeprägten Hakenkreuz zu lesen begann, wird sich wohl kaum mehr aufklären lassen. Jedenfalls kam es infolge dieses Vorfalls zu einer Kündigung, die das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 25.09.2017, Aktenzeichen 10 Sa 899/17) jetzt bestätigt hat. Der seit neun Jahren beim Land Berlin beschäftigte Mitarbeiter verteidigte sich mit dem Hinweis, es sei ihm nicht klar gewesen, dass er etwas Verbotenes getan habe. Auch habe er das Buch ja nicht öffentlich gezeigt, sondern im Pausenraum, der letztlich nur von Mitarbeitern des Bezirksamtes genutzt werde. Er habe das Buch auf einem Flohmarkt gekauft und eher zufällig mit zur Arbeit genommen.
Das Gericht ging indes davon aus, dass der Kläger wusste, was er tat. Nicht zuletzt nach einer erfolgreichen Dienstzeit bei der Bundeswehr, in der es auch politische Schulungen gegeben habe. „Es war Ihnen bekannt, dass Hakenkreuze in der Öffentlichkeit nichts verloren haben", sagte Richter Wenning-Morgenthaler laut einem Bericht der Berliner Morgenpost. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es weiterhin: Der Mitarbeiter trete in Uniform als Repräsentant des Landes Berlin auf und sei in besonderer Weise verpflichtet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Er habe mit dem öffentlichen Zeigen des Hakenkreuzes, einem verfassungswidrigen Symbol, in besonderer Weise gegen diese Verpflichtung verstoßen. Das beklagte Land müsse dieses schwerwiegende Verhalten nicht abmahnen, sondern könne es zum Anlass für eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nehmen. Die Revision zum BAG wurde nicht zugelassen.