KG: Rotlichtverstoß innerorts bei 3-Sekunden-Gelblichtphase bedarf keiner weiteren Feststellungen zum Anhaltenkönnen
Gespeichert von Carsten Krumm am
Immer wieder behaupten Betroffene nach einem Rotlichtverstoß: "Ich hätte gar nicht gefahrlos rechtzeitig anhalten könenn!" Innerorts bei 50 km/h Höchstgeschwindigkeit und einer 3-Sekunden-Gelblichtphase geht das aber immer. Das Gericht muss dann auch nichts weiteres zum Anhaltenkönnen feststellen:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 22. Oktober 2015 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Ergänzend merkt der Senat an:
Die von der Rechtsbeschwerde vermissten Feststellungen dazu, „wo sich der Betroffene beim Umspringen der LZA auf Rot befand und ob er unter Berücksichtigung der zulässigen Geschwindigkeit und der Dauer der Gelbphase noch gefahrlos halten konnte“, waren unter den Bedingungen eines standardisierten Messverfahrens im innerstädtischen Verkehr erlässlich, denn hier ist von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und einer dreisekündigen Gelbphase (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, StVO 43. Aufl., § 37 Rn. 44 m. w. N.) und mithin von der Möglichkeit, gefahrlos anzuhalten, auszugehen.
Die gegen das Fahrverbot erhobenen Einwände sind, soweit sie nicht ohnehin urteilsfremd sind, nicht geeignet, die Nebenfolge in Frage zu stellen. Dies gilt auch für den vom Amtsgericht als wahr unterstellten Umstand, der Betroffene sei mit nur 20 km/h in die gesperrte Kreuzung eingefahren. Dabei kann offen bleiben, ob eine derart niedrige Geschwindigkeit wegen der Schutzzeiten der Ampelanlage gerade zu einer Erhöhung der Gefährlichkeit führt, zumal der Betroffene eine lange Sattelzugmaschine mit Anhänger steuerte. Denn das Fahrverbot ist sogar indiziert, wenn der Fahrzeugführer bei verkehrsbedingtem Halt nach Überfahren der Haltelinie nach erneuter mindestens einsekündiger Rotphase weiterfährt (vgl. BGH NJW 1999, 2978, König in Hentschel/König/Dauer, a. a. O., § 37 Rn. 53 m. w. N.).
Die Aufklärungsrüge ist unzulässig (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Rechtbeschwerde beanstandet, das Gericht habe einen polizeilichen Zeugen nicht hinreichend vernommen, legt aber zugleich dar, dass der Zeuge durch den Verteidiger befragt worden ist, so dass sich ein weiteres Aufklärungsbedürfnis nicht aufdrängt.
Die Rüge der rechtswidrigen Ablehnung eines Beweisantrags ist jedenfalls unbegründet. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Überprüfung des durch die PTB zugelassenen und geeichten und als standardisiert anerkannten Messverfahrens bedurfte es nicht.
KG, Beschl. v. 24.02.2016 - 3 Ws (B) 649/15 - 122 Ss 183/15, BeckRS 2016, 04221