Prämien für Gewerkschaftsaustritt unzulässig
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Die Gewerkschaftszugehörigkeit von Arbeitnehmern ist für Arbeitgeber ein wichtiger Umstand, der für sie regelmäßig Pflichten und Kosten mit sich bringt.
Vor dem Hintergrund der in Art. 9 Abs. 3 GG normierten Koalitionsfreiheit gilt es aber bei der Gestaltung von Vertragsbedingungen, insbesondere bei der Gewährung von Sonderzahlungen, und bei der Auswahl von Beschäftigten Vorsicht walten zu lassen, wenn Arbeitgeber an diesen Umstand anknüpfen wollen. Für unzulässig erklärt hat das Bundesarbeitsgericht beispielsweise das Vorgehen des Arbeitgebers, die Einstellung von dem Austritt aus einer Gewerkschaft abhängig zu machen (BAG Urt. v. 2.6.1987, Az. 1 AZR 651/85, NZA 1988, 64). Dies hat scheinbar einige Arbeitgeber dazu veranlasst, kreativere Wege einzuschlagen, um den Einfluss der Gewerkschaften zu reduzieren.
Für Aufsehen in der Presse (vgl. u.a. den Beitrag bei lto) sorgte in diesem Zusammenhang vergangene Woche ein Fall, mit dem sich das Arbeitsgericht Gelsenkirchen (Urt. v. 9.3.2016, Az. 3 GA 3/16) auseinanderzusetzen hatte. Der Arbeitgeber, ein Reinigungsunternehmen, hatte seinen Mitarbeitern eine Prämienzahlung von 50 Euro angeboten, wenn diese ihren Mitgliedsausweis bei der Gewerkschaft wieder abgäben. Zugleich wurden vorgefertigte Kündigungsschreiben zur Verfügung gestellt. Das Unternehmen reagierte dabei auf eine angebliche Werbeaktion der betreffenden Gewerkschaft. Das Gericht entschied im Eilverfahren, dass es sich um einen massiven Verstoß gegen die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft handele und die Prämienzahlung damit rechtswidrig sei. Durch einen versuchten Angriff auf die Mitgliederstärke einer Gewerkschaft könne ihre Verhandlungsstärke, die ganz entscheidend für eine Gewerkschaft sei, nachhaltig geschwächt werden.
Neben der Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft kann auch das individuelle Grundrecht der einzelnen Arbeitnehmer betroffen sein. Gerade auf Mitarbeiter ohne unbefristeten Vertrag oder innerhalb der Probezeit können derartige Ankündigungen Druck ausüben und sie zu einem Austritt drängen.