LAG Düsseldorf: Auswechseln von Kündigungsgründen
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Nach Auffassung des LAG Düsseldorf ist es nicht zulässig, die soziale Rechtfertigung der Kündigung im Prozess auf einen anderen Lebenssachverhalt zu stützen als bei ihrem Ausspruch. Aus diesem Grunde hat das Gericht der Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin stattgegeben, ohne die von der beklagten Arbeitgeberin behaupteten betriebsbedingten Gründe näher in Betracht zu ziehen.
Die Klägerin ist seit 2006 als kaufmännische Angestellte in Teilzeit bei der Beklagten beschäftigt. Ihr obliegt vornehmlich die Personalverwaltung. Im Februar 2014 wurde ihr außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt. Der Hauptvorwurf lautete, sie habe die bislang auf einem firmeninternen Rechner gespeicherten Personaldaten ohne Kenntnis und Zustimmung des Geschäftsführers "ausgelagert" (wohl in eine Cloud) bzw. gelöscht. Im Prozess trug die Arbeitgeberin dann zusätzlich vor, die Kündigung (wohl nur die ordentliche) sei auch aus betriebsbedingten Gründen erfolgt. Man habe sich entschlossen, die Personalbuchhaltung künftig von einem externen Steuerberatungsbüro durchführen zu lassen.
Das LAG hat - wie schon zuvor das Arbeitsgericht - den Vorwurf der Auslagerung der Daten nicht für so schwerwiegend erachtet, dass er die ordentliche oder gar außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne. Zu den behaupteten betriebsbedingten Gründen meint das LAG:
Ein Auswechseln der Kündigungsgründe erst im Prozess in dem Sinne, dass die Kündigung einen völlig anderen Charakter erhält, ist nicht zulässig. In einem derartigen Fall ist nur der Ausspruch einer neuen Kündigung möglich, denn es handelt sich insoweit nicht um den Fall des nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässigen Nachschiebens von zuvor nicht bekannten Kündigungsgründe, sondern um die Auswechselung bekannter Kündigungsgründe.
Allerdings ergibt sich aus dem mitgeteilten Tatbestand nicht deutlich, ob in dem Kündigungsschreiben bestimmte (verhaltensbedingte) Gründe angegeben waren oder nicht. Wenn die Kündigung - was ja zulässig ist - ohne Begründung erklärt wurde, kann der prozessuale Vortrag verschiedener Gründe schwerlich ein "Auswechseln" darstellen.
LAG Düsseldorf, Urt. vom 24.6.2015 - 7 Sa 1243/14, BeckRS 2015, 70201