Kein Anspruch auf Zeugnis ohne Sil-ben-tren-nung
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Mit dem wegweisenden Leitsatz
"Auch eine als Verwaltungsangestellte und Schulsekretärin tätig gewesene Arbeitnehmerin kann grundsätzlich nicht die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ohne Silbentrennungen am Zeilenende beanspruchen"
hat das LAG Baden-Württemberg die Zeugnisberichtigungsklage einer Arbeitnehmerin abgewiesen.
Die Klägerin hatte bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis erhalten, in dem die Silben getrennt waren. Damit brachte das Zeugnis zu ihrer Überzeugung eine Missbilligung ihrer Arbeitsleistung zum Ausdruck, weil die Arbeitgeberin sich durch die äußere Form (Silbentrennung) vom Inhalt des Zeugnisses distanziere. Die Klägerin hat diesbezüglich ausweislich des Tatbestandes vorgetragen:
Der Beklagte habe der Klägerin im Zeugnis bescheinigt, dass sie Texte jederzeit sicher, fehlerfrei und mit entsprechendem Schriftbild erledigt habe. Diese Aussage werde durch das vom Beklagten gewählte Trennungsschriftbild konterkariert. Das Zeugnis sei deshalb negativ und nicht berufsfördernd. Der Beklagte habe auch nicht dargestellt, warum er den Zeugnistext nicht ohne die Softwareaktivierung „Silbentrennung“ in seinem Textverarbeitungsprogramm durchgeführt und/oder mittels eines Blocksatzes (Ausrichtung des Textes am linken und rechten Rand, wobei bei Bedarf zwischen den Worten zusätzlicher Platz eingefügt werde) vorgenommen habe. Die Trennung „Korrespon-denz“ am Ende der letzten Zeile auf Seite 1 des erteilten Zeugnisses verstoße gegen das Gebot (wohl richtig: Verbot) der Silbentrennung über mehrere Textseiten hinaus, so wie es bei der Redaktion eines Textes durch einen Lektor auch beanstandet würde. Auch eine Trennung von mehreren Worten innerhalb eines Absatzes werde in der redaktionellen Praxis beanstandet und signalisiere mangelnde germanistische Qualität.
Das LAG Baden-Württemberg ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Die Kammer bringt im Urteil deutlich zum Ausdruck, dass die von der Klägerin beanstandete Silbentrennung keinen Mangel des Zeugnisses darstellt. Ein solcher könnte zwar beispielsweise vorliegen, wenn der Zeugnistext in jeder Zeile eine Silbentrennung aufweisen würde und dadurch beim Leser der Eindruck entstünde, dass der Aussteller die Textformulierung bewusst so gewählt haben könnte, um Silbentrennungen vornehmen zu können. In einer solchen Weise war das angegriffene Zeugnis jedoch nicht gestaltet. Der erteilte Zeugnistext mit vereinzelten, sich zwanglos ergebenden Silbentrennungen erschien der Kammer in keiner Weise auffällig, er entspreche dem Standard erteilter Zeugnisse. Die Verwendung von Silbentrennungen in Arbeitszeugnissen sei alles andere als ungebräuchlich.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
LAG Baden-Württemberg, Urt. vom 27.11.2014, BeckRS 2015, 66785