Kündigung eines rechtsradikalen Erziehers
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Einen brisanten Fall, über den auch in der überregionalen Presse berichtet worden war, hatte kürzlich das ArbG Mannheim (Urteil vom 19.5.2015 – Az. 7 Ca 254/14) zu entscheiden: Im Streit stand eine fristlose personenbedingte Kündigung, die die Stadt Mannheim gegenüber einem Horterzieher ausgesprochen hatte. Hintergrund war die von rechtsradikalem Gedankengut geprägte Weltanschauung des Erziehers, von der das Gericht nach der Beweisaufnahme überzeugt war. Hinzu kam eine dokumentierte Gewaltbereitschaft, weshalb die Stadt Mannheim begründete Zweifel an der Verfassungstreue des Erziehers haben musste. Das Urteil hebt hervor, dass den Erzieher als Angehörigen des öffentlichen Dienstes die sog. politische Treuepflicht oblag. Von ihm müsse man ein Mindestmaß an Verfassungstreue verlangen können. Das Maß der Treuepflicht bestimme sich dabei nach dem konkreten Aufgabenbereich. Im vorliegenden Fall ging das Gericht aufgrund der konkreten Tätigkeit des Klägers von einer gesteigerten Treuepflicht aus. Dem Kläger seien bei seiner Tätigkeit als Erzieher in einer staatlichen Einrichtung zahlreiche Kinder im Alter zwischen 6 und 14 Jahren zur Betreuung anvertraut. Der Bereich der Kindererziehung und Betreuung ist aus Sicht des Gerichts ein besonders sensibler Bereich, in dem erhöhte Maßstäbe anzulegen sind. Von diesem Maßstab ausgehend bejaht das Gericht in einer Gesamtschau ein rechtsextremistisches Weltbild des Klägers mit Bezug zum Arbeitsverhältnis. Hierzu führten unter anderem der Facebook-Auftritt des Klägers mit der Nachstellung einer gewalttätigen Szene unter Verwendung von Kinderspielzeug aus dem Hort, sowie das Tragen von Kleidung der Marke "Thor Steinar" und der im Spind gefundenen Baseballschläger aus der Hooliganszene. Hinzu kommt unter anderem auch die Teilnahme an NPD-Veranstaltungen, wobei das Gericht darauf hinwies, dass auch eine zugelassene Partei wie die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgen könne, wovon bei der NPD nach Überzeugung der Kammer auszugehen sei. Nach der Beweisaufnahme stehe außerdem eine schwerwiegende rechtsextremistische Äußerung des Klägers gegenüber einer Arbeitskollegin im Dezember 2013 für das Gericht fest ("Wenn es mein Sohn wäre, dann würde er Springerstiefel tragen und eine rote Binde am Arm"). Unter Berücksichtigung der Einschätzung des Erziehers als zu Gewalt neigendem Hooligan hat die Kammer im Ergebnis die Eignung des Klägers für den Beruf des Kindererziehers als nicht gegeben angesehen. Es sei für die Stadt Mannheim nicht zumutbar, den Kläger auch nur einen Tag länger in der Kinderbetreuung einzusetzen. Der auch von Gewerkschaftsseite begrüßten Entscheidung ist sicherlich zuzustimmen. Interessant wäre die Frage, wie das Gericht entschieden hätte, wenn es sich nicht um einen kommunalen, sondern um eine in privater oder kirchlicher Trägerschaft stehende Kita gehandelt hätte. Das ArbG Mannheim stützt seine Argumentation ja ausdrücklich auf die Treuepflicht der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Gleichwohl spricht m.E. viel dafür, dass der mitgeteilte Sachverhalt auch einem nicht öffentlichen Arbeitgeber die Kündigung erlaubt hätte. Bemerkenswert ist schließlich, dass das ArbG die NPD auch vor dem Abschluss des Parteiverbotsverfahrens vor dem BVerfG als verfassungsfeindlich einstuft und hieraus Konsequenzen zieht.