Geburtsort im Zeugnis?
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
So ein Rechtsstreit ist eher selten: Die Klägerin, seit 15 Jahren bei einem großen Möbel-Discounter beschäftigt, beantragt und erhält ein Zwischenzeugnis. Das bescheinigt ihr durchweg gute Leistungen. Damit ist die Klägerin auch völlig zufrieden. Was ihr aber nicht gefällt ist, dass im Zeugnis ihr Geburtsort (Hagen in Westfalen) genannt wird. Die Klägerin befürchtet dadurch Hemmnisse für ihr berufliches Fortkommen: "Stellen Sie sich vor, ein Personalchef hat Unterlagen von zwei gleich guten Bewerbern auf dem Tisch. Der eine stammt aus München, der andere aus Karl-Marx-Stadt. Für wen wird er sich wohl entscheiden?“ fragt ihr Anwalt rhetorisch.
Unglücklicherweise gerät die Klägerin vor dem ArbG Hagen an die einzige Richterin, die in dieser Stadt auch ihren Wohnsitz hat. Die rät im Gütetermin zur Klagerücknahme: "Das Arbeitsverhältnis besteht noch fort. Man sollte es nicht durch einen Rechtsstreit belasten.“
Taktisch ist es wohl tatsächlich nicht besonders klug, aus einem solchen Grund in einem bestehenden Arbeitsverhältnis den Arbeitgeber zu verklagen. Rechtlich liegen die Dinge aber kompliziert: § 109 Abs. 1 GewO lautet:
Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
Die Angabe persönlicher Daten wie Geburtsdatum und -ort sind im Zeugnis zwar allgemein üblich. Das Gesetz erwähnt sie aber nicht. Allerdings gehört es wohl zur Natur eines Zeugnisses, dass der Beurteilte zweifelsfrei identifiziert werden kann. Darüber, ob dazu auch der Geburtsort gehört, kann man trefflich streiten.
Eine persönliche Nachbemerkung: Markus Stoffels und ich sind beide an der FernUniversität in Hagen habilitiert worden. Das hat die Universitäten in Bonn, Passau, Osnabrück, Heidelberg (M.S.), Bielefeld, München und Köln (C.R.) nicht daran gehindert, uns zu berufen. Aber geboren sind wir dort nicht.