Bedroht der neue Mindestlohn den deutschen Fußball?
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Zunächst wünschen Christian Rolfs und ich unseren Lesern ein gutes neues Jahr.
Für das Arbeitsrecht bringt der Jahreswechsel eine einschneidende Veränderung. Seit dem 1.1.2015 gilt das Mindestlohngesetz mit einem Mindeststundenlohn von 8,50 €. Damit tritt an die Stelle der oftmals unsicheren Beurteilungsgrundlage der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) im Niedriglohnsektor eine klare Grenzmarke. Schon jetzt wird man allerdings konstatieren können, dass die Auswirkungen in der Praxis vielfach nicht hinreichend erfasst worden sind. Ein Beispiel liefert ein Artikel der Zeitung „Die Welt“ (vom 4.1.2015), der über einen Aufschrei der Sportvereine, insbesondere der Fußballklubs, berichtet. Die Mindestlohnvorgabe trifft hiernach die Sportvereine nämlich an drei empfindlichen Stellen: bei der Bezahlung von Spielern, Übungsleitern und Mitarbeitern auf den Geschäftsstellen. Der Geschäftsführer des SSV Jahr Regensburg, Johannes Baumeister, wird wie folgt zitiert: „Unsere U-19- und U-23-Mannschaften sind stark betroffen". „Mit Trainingszeiten, Spielen, Anreisen und Besprechungen kommen so ziemlich alle Spieler in diesem Bereich auf Arbeitszeiten, die bei 8,50 Euro Mindestlohn weit über den 250 Euro liegen, die ein Vertragsspieler mindestens verdienen muss. In unserer U23-Mannschaft ist eigentlich jeder Spieler von dieser Problematik betroffen." Das Dilemma zieht weite Kreise: Wenn ab sofort jeder Spieler in unteren Ligen auf seine 8,50 Euro besteht, können die Schockwellen schnell die oberen Klassen erreichen. "Der Mindestlohn trifft uns an einem neuralgischen Punkt, weil er vor allem Auswirkungen auf den Nachwuchsbereich hat", sagt Baumeister. Ähnlich äußert sich Rainer Koch, Chef des Bayerischen Fußball-Verbandes und DFB-Vizepräsident: „Einige Vereine, deren Verträge mit Spielern und Trainern betroffen sind, werden es schwer haben, die nötigen Budgets für die Bezahlung des Mindestlohns zu finanzieren." Auch Reinhard Grindel, DFB-Schatzmeister und CDU-Politiker, hat Gefahren für den Sport ausgemacht– gerade auch auf Amateurebene. Er lenkt den Blick auf die die Trainer, Betreuer und Helfer, die das Rückgrat des Vereinswesens bildeten und dafür nur eine Aufwandspauschale erhielten. Ob der Ausnahmetatbestand für Ehrenämter hier ausreicht, ist in der Tat fraglich. Ob für den Bereich der Spieler-Bezahlung tatsächlich eine Ausnahme vom Mindestlohn geboten ist, erscheint indes durchaus zweifelhaft. Nicht ganz zu Unrecht erklärt Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der "Vereinigung der Vertragsfußballspieler" (VDV): "Für die Spieler ist das neue Gesetz grundsätzlich gut. Viele von ihnen verdienen in den unteren Ligen derzeit vier Euro und weniger pro Stunde – und das teilweise unter Vollprofi-Anforderungen". Die Diskussion um den Mindestlohn wird sicherlich auch im Jahr 2015 immer wieder neue Fragen hervorbringen.