Pistorius-Verteidigung am Wendepunkt?
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Seit vielen Wochen wird auch in Deutschland mit großem Interesse der Prozess des Paralympics-Stars Oscar Pistorius verfolgt. Bislang war seitens der Verteidigung nicht die Rede davon, dass der Angeklagte für die tödlichen Schüsse auf seine Freundin nicht verantwortlich sei. Die Verteidigung verfolgte zunächst die These, der Mandant habe in Panik gehandelt und gegenüber seiner Freundin ohne Tötungsabsicht gehandelt. Aber dann beschrieb sich der Angeklagte selbst als ein psychisches Wrack, den Schlaflosigkeit und Albträume plagen und der Antidepressiva nehmen müsse. Dieser Wechsel in der Verteidigungsstrategie brachte Pistorius in die missliche Lage, einen Monat lang auf Antrag der Staatsanwaltschaft psychiatrisch untersucht zu werden.
War dieser Schachzug eine kluge Verteidigungsstrategie?
Wie die Medien heute berichten, hat die Untersuchung gestern in der Früh als Tagespatient im Weskoppies Psychiatric Hospital in Pretoria begonnen. Jeweils am späten Nachmittag darf Pistorius nach Hause zurückkehren.
Die psychiatrische Untersuchung enthält für die Verteidigung gravierende Unsicherheiten: Sie kann die angeschlagene Glaubwürdigkeit des Angeklagten entscheidend erschüttern, sogar die volle Schuldfähigkeit bestätigen, aber ihn auch bei attestierter Schuldunfähigkeit für viele Jahre in die Psychiatrie bringen.
Die Verteidigungsstrategie könnte für Pistorius also bittere Konsequenzen haben! Ob diese Verteidigungsstrategie seines "ausgebufften" (die Formulierung, die man immer zu Beginn des Prozesses las) Verteidigers klug war, wird sich erst am Ende des Prozesses zeigen. Riskant ist sie aber auf jeden Fall!