Was in Naumburg an Absurdität nicht mehr zu überbieten sein soll
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Rechtsanwalt und Richter am OLG a.D. Burhoff berichtet in seinem Blog über folgenden Fall aus Naumburg:
Ein als Pflichtverteidiger bestellter Anwalt hatte mit dem Vorsitzenden der Berufungsstrafkammer eine Terminsvereinbarung getroffen.
Danach trudelte bei dem Anwalt eine Terminsladung in einer Kindschaftssache bei dem AG Aschersleben ein.
Unter ausdrücklichem Hinweis auf § 155 FamFG beantragte der Anwalt die Aufhebung des Termins in der Strafsache. Abgelehnt.
Das OLG Naumburg in seiner Beschwerdeentscheidung:
Hinsichtlich des Termins, den der Verteidiger vor dem Amtsgericht Aschersleben wahrzunehmen beabsichtigt, gilt folgendes: Entweder die Anwesenheit des Verteidigers im Termin vor dem Amtsgericht Aschersleben ist nicht unabdingbar, etwa weil der Termin auch von einem anderen Anwalt wahrgenommen werden kann, dann ist dies sowieso kein Grund, den abgesprochenen Termin in der Strafsache aufzuheben. Oder Rechtsanwalt R. muss unbedingt vor dem Amtsgericht Aschersleben in jener Sache erscheinen. Dann ist er gehalten, die Verlegung des Termins vor dem Amtsgericht Aschersleben zu betreiben, etwa unter Hinweis auf die unterbliebene Terminsabstimmung.
Die Vorstellung der Verteidigung, es sei Sache der Gerichte, Terminskollisionen zu vermeiden, ist an Absurdität nicht mehr zu überbieten. Es ist dem Vorsitzenden der 6. kleinen Strafkammer ebenso wenig wie allen anderen Richtern zuzumuten, bei allen Spruchkörpern aller deutschen Gerichte anzufragen, ob der Verteidiger dort möglicherweise kollidierende Termine hat.
OLG Naumburg v. 18.03.2014 2 Ws (s) 7/14
Schade eigentlich, dass das OLG Naumburg anscheinend die Gesetzesbegründung zu § 155 FamFG nicht kennt:
Kein ausreichender Grund ist das Vorliegen einer Terminskollision für einen Beteiligtenvertreter in einem anderen Verfahren, sofern es sich nicht ebenfalls um eine der in Absatz 1 aufgeführten Angelegenheiten handelt. Dieser hat vielmehr in der anderen Sache einen Verlegungsantrag zu stellen, dem das Gericht wegen des Vorrangs der Kindschaftssache stattzugeben hat.
BT-Drs. 16/6308 S. 236